Der starke Franken vernichtet überall Stellen

Der starke Franken vernichtet überall Stellen

Die Arbeitsämter bekommen wieder viel zu tun.

Zürich – Immer mehr Schweizer Firmen schockieren die Öffentlichkeit mit Stellenabbau. Schon seit eineinhalb Jahren klagen vor allem Export und Tourismus über den tiefen Kurs des Euro zum Franken. In den vergangenen Monaten ist das Problem am Werkplatz deutlich geworden.

Seit Ende Oktober häufen sich die Hiobsbotschaften. Am Montag gab die Cham Paper Group bekannt, dass sie 200 Stellen von Cham ZG nach Italien verlagern will, weil dort die Produktionskosten tiefer sind und die Kosten in Euro anfallen – in der Währung also, in der das Unternehmen den grössten Teil seines Umsatzes erwirtschaftet.

40 Stellen bei Wicor weg – 420 bei Bobst – 270 bei Kudelski
Ein ähnliches Muster tritt auch bei anderen Firmen zutage. Der Autozulieferer Wicor streicht in Rüti ZH 40 Stellen, wie vor ein paar Tagen bekannt wurde. Als Gründe nannte der Konzern die schwierige Geschäftslage und den starken Franken.

Mit etwa derselben Begründung fallen beim Waadtländer Verpackungsmaschinenhersteller Bobst 420 Stellen weg, zum grössten Teil in Lausanne. Auch der Verschlüsselungsspezialist Kudelski muss sparen und streicht 270 Stellen, davon 90 in der Schweiz.

«Stark negativ» betroffen
Mitte Oktober erschütterte Swissprinters die Belegschaft mit der Nachricht, dass in Zürich und St. Gallen 200 Stellen verloren gingen. Zwar leidet die Druckereibranche allgemein unter einer angespannten Ertragslage – die Euroschwäche stärkt aber auch die Konkurrenz im Ausland und macht die Lage noch schwieriger.

Die schlagzeilenträchtigen News aus grösseren Betrieben sagen noch nichts darüber aus, wie die kleineren Unternehmen getroffen werden. Zwei Drittel der Firmen in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie seien «stark negativ» von der Währungsproblematik betroffen, teilte der Branchenverband Swissmem vergangene Woche mit.

Untergrenze der SNB hilft bedingt
Die Intervention der Schweizerischen Nationalbank (SNB) am 6. September hat aus der Sicht vieler Exporteure die Not zwar gelindert, aber nicht beseitigt. Mit dem von der Notenbank verteidigten Kurs von 1,20 CHF für einen Euro können die Firmen zwar besser planen, aber sie leiden noch immer.

Die Gewerkschaften fordern lautstark eine Untergrenze von 1,40 CHF für einen Euro, welche die SNB garantieren müsse. Auch aus der Wirtschaft kommen immer wieder Klagen, 1,20 CHF seien immer noch klar zu wenig, um der Abwärtsspirale zu entkommen.

UBS und CS streichen tausende Stellen
Stellenabbau gibt es auch bei den Grosskonzernen. Anders als kleine oder mittlere Exportfirmen haben internationale Unternehmensgruppen den Vorteil, dass nicht nur Einnahmen, sondern auch Kosten im Ausland anfallen. Haben die Firmen aber grosse Zentralen in der Schweiz, spüren sie die Last der starken Heimwährung dennoch.

Die UBS und die CS entlöhnen viele ihrer hochbezahlten Banker in Franken, während die Erträge an den internationalen Finanzplätzen dünner werden. Der eigentliche Grund für den starken Franken, die europäische und amerikanische Schuldenkrise, versalzt vor allem den erfolgsverwöhnten Investmentbankern seit einiger Zeit die Suppe.

Die CS gab im Sommer den Abbau von 2000 Stellen bekannt und erhöhte im November die Zahl auf 3500. Zudem integriert sie die Privatbank Clariden Leu ganz in den Konzern, was 550 Stellen kostet. Die UBS streicht weltweit mindestens 3500 Stellen. Bei beiden Banken trifft es auch Hunderte von Arbeitsplätzen in der Schweiz.

Novartis in der Kritik
Wenig Verständnis erfuhr allerdings der Pharmariese Novartis für seinen Ende November enthüllten Plan, 2000 Stellen zu streichen, mehrheitlich in der Schweiz: Denn das Unternehmen macht satte Umsatz- und Gewinnsprünge – und rechnet in Dollar ab, nicht in Franken. (awp/mc/pg)

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