Abfuhr für Ernährungssouveränitäts-Initiative

Abfuhr für Ernährungssouveränitäts-Initiative
(Bild: niyazz - Fotolia)

Bern – Die Ernährungssouveränitäts-Initiative ist gescheitert. 68,3 Prozent haben Nein gesagt zur Initiative, die eine kleinbäuerliche Landwirtschaft und faire Preise verlangte.

Rund 628’500 Stimmende sagten Ja zur Verfassungsänderung, 1’358’700 sprachen sich dagegen aus. Das Ständemehr verfehlte die Initiative ebenfalls klar. Nur vier Kantone sprachen sich für die Initiative der Bauerngewerkschaft Uniterre aus. Es handelt sich durchwegs um Westschweizer Kantone.

Der Kanton Genf nahm die Initiative mit 60 Prozent an, Waadt mit 57,1 Prozent. Ja stimmten auch die Kantone Jura und Neuenburg. Tessin, Freiburg und Wallis lehnten die Initiative zwar ab, jedoch mit tieferen Nein-Stimmenanteilen als alle Deutschschweizer Kantone.

Diese lehnten die Initiative geschlossen ab, teils mit sehr hohen Nein-Stimmenanteilen. Obwalden lehnte das Anliegen mit 84 Prozent ab, Nidwalden mit 82,2 Prozent, Schwyz mit 82,1 Prozent.

Preisaufschläge befürchtet
Die Ablehnung hatte sich abgezeichnet. In den ersten Umfragen sprach sich zwar noch eine grosse Mehrheit für die Initiative der Bauerngewerkschaft Uniterre aus. Zunächst schien das Anliegen vielen sympathisch, doch letztlich stimmten die meisten doch mit dem Portemonnaie ab.

Das Argument der Gegner, die Lebensmittelpreise würden steigen, hatte sich im Lauf der Abstimmungskampagne durchgesetzt. Von Preisaufschlägen um bis zu 50 Prozent war die Rede. Das würde die Bürgerinnen und Bürger hart treffen, warnte Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann.

Diese «Unwahrheit» hat der Initiative das Genick gebrochen. Davon zeigte sich Pierre-André Tombez von der Allianz für Ernährungssouveränität gegenüber der Agentur Keystone-SDA überzeugt. Die Gegner hätten genug Geld zur Verfügung gehabt, um den Leuten Angst zu machen.

Grenzen dicht
Die Initianten glaubten hingegen, dass die Preise wegen des wachsenden Angebots nicht gestiegen, sondern gesunken wären. Gewachsen wäre das Angebot, weil der Bund für mehr Arbeitsplätze in der Landwirtschaft hätte sorgen müssen.

Die Bauern sollten lokal, vielfältig, ökologisch und gesund produzieren. Die Initiative verlangte weiter die Stärkung der Direktvermarktung, gerechte Preise, Kontrolle über das Saatgut, den Erhalt von Kulturland sowie ein Verbot von Exportsubventionen und gentechnisch veränderten Organismen.

Die Arbeitsbedingungen für landwirtschaftliche Angestellte sollten schweizweit vereinheitlicht werden. Schliesslich wollten die Initianten die einheimische Produktion mit Zöllen schützen. Ausländische Produkte, die nicht den schweizerischen Normen entsprechen, hätten sogar verboten werden können.

Keine Ausnahmen
Die Gegner sahen darin Planwirtschaft und ein «staatliches Essdiktat». Schneider-Ammann bezeichnete die Initiative als dirigistisch und sogar als gefährlich. Vor allem aber warnte er davor, dass die Schweiz ihre internationalen Verpflichtungen nicht mehr einhalten könnte.

Die Schweiz hat Vereinbarungen mit der WTO, der EU und mit Drittstaaten. Das Anliegen, soziale und ökologische Produktionsbedingungen zu fördern, hätte keine Ausnahmen davon gerechtfertigt. Die Initianten wollten internationale Handelskonflikte aber gar nicht im jeden Preis vermeiden.

Es dürften keine Lebensmittel mehr importiert werden, die anderswo ökologische Katastrophen auslösten oder unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen hergestellt worden seien, argumentierten sie. Die Befürworter plädierten für eine Umkehr: «Wir wollen der Landwirtschaft mit der Initiative einen Richtungswechsel geben, erklärte Uniterre-Vizepräsidentin Ulrike Minkner.

Im Clinch
Dieses Programm stiess auf Skepsis. Die Bauern hatten zwar Sympathien für die Initiative. Die starke Rolle des Staates war ihnen aber suspekt. Der Bauernverband beschloss Stimmfreigabe. Landwirtschaftlich geprägte Kantone der Zentral- und Ostschweiz hatten am Sonntag dann allerdings die geringsten Ja-Stimmenanteile.

Die SP war wegen möglicher Preissteigerungen im Clinch. Die Delegierten beschlossen trotzdem die Ja-Parole. Nach der Abstimmung zeigte sich die SP enttäuscht. Nun müsse sich der Bund stärker für nachhaltigen Handel mit fairen Lebensmitteln engagieren, forderte sie.

Die bürgerlichen Parteien hatten die Ernährungssouveränitäts-Initiative abgelehnt. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wollten keine höheren Preise und nicht weniger Auswahl, sagte Babette Sigg (CVP/ZH) gegenüber Keystone-SDA. «Viele Menschen in diesem Land müssen auf die Preise schauen.»

Mit dem Nein vom Sonntag ist das Thema Landwirtschaft noch nicht vom Tisch. Das Stimmvolk wird sich schon bald wieder dazu äussern können: Am 25. November kommt die Hornkuhinitiative zur Abstimmung. In der Verfassung soll verankert werden, dass horntragende Kühe, Zuchtstiere, Ziegen und Zuchtziegenböcke finanziell gefördert werden. (awp/mc/ps)

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