«EY KMU-Barometer»: Schweizer KMU auf Höhenflug
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Zürich – Infolge der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative hat eine zusätzliche Blitzumfrage unter 300 Schweizer KMUs ergeben, dass 38 Prozent mit einer leichten oder deutlichen Beeinträchtigung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz rechnen. 44 Prozent erwarten hingegen, dass die Standortattraktivität bestehen bleibt und weitere 18 Prozent vermuten überdies eine Verbesserung der Attraktivität. Als wichtigste Massnahme zur Förderung des KMU-Sektors stuften bereits vor der Volksinitiative 88 Prozent den Bürokratieabbau und schnellere Genehmigungsverfahren ein. Diese Vorkehrungen würden kleine und mittlere Unternehmen in der Schweiz stärken.
Eine hohe Zufriedenheit zeichnet die aktuelle Geschäftslage: Zwei von drei Unternehmen sind mit ihrer Geschäftslage derzeit uneingeschränkt zufrieden – das sind mehr als in jeder bisherigen Befragung und deutlich mehr als vor einem Jahr, als sich nur gut jeder Zweite (53 Prozent) rundum zufrieden zeigte. Und der Aufschwung soll sich fortsetzen: 42 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten, nur 4 Prozent erwarten eine Eintrübung.
Noch zuversichtlicher sind die KMU in Bezug auf die Konjunktur: Jeder zweite Befragte rechnet für 2014 mit einer Verbesserung der Wirtschaftslage in der Schweiz, nur 6 Prozent vermuten einen Rückgang. Noch nie seit Beginn der Befragungen im Jahr 2008 war der Anteil der Konjunkturoptimisten so hoch und der Anteil der Konjunkturpessimisten so niedrig.
Verstärkte Wachstumsimpulse aus dem Ausland
«Im vergangenen Jahr konnten die Schweizer KMU von einer stabilen Binnenkonjunktur profitieren», so Alessandro Miolo, verantwortlicher Partner Markt Deutschschweiz bei EY. «Jetzt kommt die anziehende Auslandsnachfrage hinzu.» Besonders aus Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz, verzeichneten viele Unternehmen wieder eine steigende Anzahl an Aufträgen, aber auch aus anderen europäischen Ländern kämen verstärkt Wachstumsimpulse. «Nach zwei Jahren der Rezession ist die Eurozone wieder auf Wachstumskurs.»
Investitionsoffensive soll Aufschwung tragen
Die Zeichen stehen auf Wachstum und Aufschwung – so rechnen 53 Prozent der KMU für 2014 mit steigenden Umsätzen, nur jeder 20. Befragte erwartet ein Umsatzminus. Im Durchschnitt sollen die Umsätze um 1,2 Prozent steigen – vor einem Jahr erwarteten die KMU im Schnitt nur ein Umsatzplus von 0,9 Prozent.
Getragen werden soll dieser Aufschwung massgeblich von einer Investitionsoffensive: Mehr als jedes vierte KMU (28 Prozent) plant, 2014 mehr auszugeben als im Vorjahr – nur jedes zwölfte Unternehmen (8 Prozent) wird die Investitionen voraussichtlich zurückfahren.
Zunehmender Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte
Immer mehr Unternehmen schalten deshalb auf Wachstum: Umsätze und Investitionen sollen steigen, die Belegschaften aufgestockt werden. So planen 22 Prozent der KMU zusätzliches Personal einzustellen, nur 6 Prozent wollen Stellen einsparen. Gegenüber dem Vorjahr hat sich damit der Beschäftigungssaldo von 7 auf 16 Prozent mehr als verdoppelt: Vor einem Jahr wollten nur 16 Prozent der Unternehmen zusätzliche Mitarbeitende einstellen und immerhin 9 Prozent Personal abbauen. Die Folge: Der Wettbewerb um gut ausgebildete Arbeitskräfte wird härter. Zwei von drei KMU (65 Prozent) bezeichnen es derzeit als schwierig, geeignete neue Mitarbeitende zu finden. Und fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) kann aus Mangel an ausreichend qualifizierten Bewerbern nicht alle offenen Stellen besetzen.
Bereits heute schlägt sich der Fachkräftemangel in den Büchern vieler Unternehmen nieder: Gut jedes dritte KMU (35 Prozent) berichtet derzeit von Umsatzausfällen – etwa weil Aufträge nicht angenommen werden können oder weil weniger produziert wird als abgesetzt werden könnte. Nach dem «Ja» zur Zuwanderungsbegrenzung erwarten mehr als die Hälfte der Befragten (51 Prozent), dass die Rekrutierungssituation von Fachkräften in Zukunft unverändert bleibt.
Fachkräftemangel als Wachstumsbremse
Allerdings stelle es für eine beträchtliche Zahl an Unternehmen eine Herausforderung dar, den Aufschwung optimal zu nutzen, sagt Pierre-Alain Cardinaux, verantwortlicher Partner Markt Suisse romande bei EY: «Bereits heute ist der Fachkräftemangel ein entscheidender Engpassfaktor für die Schweizer Wirtschaft. Immer mehr Unternehmen versäumen mögliche Wachstumschancen, weil sie Aufträge ablehnen müssen oder bei Neuentwicklungen und in der Produktion gegenüber der Nachfrage vermutlich in Rückstand geraten.»
Landesweit zählt mehr als jedes dritte Unternehmen (35 Prozent) den Fachkräftemangel aktuell zu seinen grössten Sorgen. In der Sorgenrangliste belegt dieser damit den zweiten Platz – hinter der Schuldenkrise in Europa (41 Prozent), aber mit grossem Abstand vor den hohen Rohstoff- und Energiepreisen (26 bzw. 25 Prozent) auf den Rängen drei und vier.
Wunsch nach weiblicher Führung
3 von 4 KMU (77 Prozent) sind der Ansicht, dass Frauen eher oder auf jeden Fall eine bedeutendere Rolle in der Wirtschaft einnehmen und somit mehr als bisher auch in leitenden Funktionen und Topkadern vertreten sein sollten.
Ermutigung zur unternehmerischen Selbstständigkeit
KMU-Geschäftsführer raten heute jungen Menschen in der Schweiz mehrheitlich (74 Prozent), sich beruflich selbstständig zu machen. Nur jeder 4. Befragte (26 Prozent) würde hiervon abraten. Folglich wird von 49 Prozent auch die Förderung unternehmerischen Denkens an Schulen und Universitäten begrüsst und gefordert.
Zustimmung gegenüber Schweizer Standortpolitik weiterhin hoch
45 Prozent der KMU sind mit der Bundespolitik für den Wirtschaftsstandort Schweiz derzeit uneingeschränkt zufrieden. Trotz der insgesamt minim gesunkenen Resonanz gegenüber Januar 2013 von 88 auf 82 Prozent, ist die Zustimmungsquote kontinuierlich hoch. Diese positive Bewertung gilt auch für die aktuellen kantonalen Rahmenbedingungen: Mehr als in jeder bisherigen Erhebung beurteilen 58 Prozent der Befragten die aktuellen Rahmenbedingungen für Unternehmen im eigenen Kanton als vorbehaltlos gut. (EY/mc/pg)
Informationen zur Studie
Die vorliegende Studie basiert auf einer Befragung der Geschäftsführer oder Inhaber von insgesamt 700 kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz. Die telefonischen Interviews erfolgten im Januar und Februar 2014. Die Befragung wurde durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut im Auftrag von EY durchgeführt. Dabei wurde die folgende Branchenverteilung zugrunde gelegt: 47 Prozent Dienstleistung, 24 Prozent Bau und Energie, 18 Prozent Industrie, 11 Prozent Handel. Die Zahl der Mitarbeitenden in den Unternehmen reichte von 30 bis 2’000. In einer Blitzumfrage im Anschluss an den Volksentscheid «Gegen Masseneinwanderung» wurden weitere 300 KMU zu den erwarteten Auswirkungen befragt. Das EY KMU-Barometer ist erstmals 2008 erschienen. Die Studie ist in separaten Länderausgaben für Deutschland, Österreich und die Schweiz erhältlich und steht auf der Website unter www.ey.com/ch zum Download zur Verfügung.