Gletscherabbruch und Murgang verschütten Walliser Bergdorf Blatten

Gletscherabbruch und Murgang verschütten Walliser Bergdorf Blatten
Begleitet von einer immensen Druckwelle haben am Mittwoch schätzungsweise drei Millionen Kubikmeter Gesteinsmaterial zusammen mit dem Birchgletscher das Dorf Blatten unter sich begraben. (Foto: Screenshot SRF)

Blatten VS – Mit dem enormen Gletscherabbruch und dem verheerenden Murgang ist in Blatten im Walliser Lötschental der schlimmste mögliche Fall eingetreten. Ein grosser Teil des Dorfs wurde unter einer mehrere Meter hohen Schlammlawine begraben. Eine Person wurde vermisst.

«Das Unvorstellbare ist heute eingetreten, wir haben praktisch das sichtbare Dorf verloren», sagte Gemeindepräsident Matthias Bellwald an einer Medienkonferenz am Mittwochabend in der Turnhalle der Nachbargemeinde Ferden VS. Er sei froh, dass man alle Einwohner aus Blatten habe evakuieren und Sicherheit bringen können.

«Das gibt uns die Kraft, das zu machen, was vor uns liegt. Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz. Auch wenn das Dorf unter einem grossen Schuttkegel liegt, wissen wir, wo unsere Häuser und unsere Kirche wieder stehen müssen», richtete sich ein sichtlich betroffener Gemeindepräsident an die Bevölkerung. Er sei sich sicher, dass die Gemeinde beim Wiederaufbau viel Unterstützung erhalten werde.

Rund 300 Menschen mussten ihre Häuser in Blatten am 19. Mai verlassen, nachdem es zwei Tage zuvor erstmals Anzeichen für einen drohenden grösseren Bergsturz im Lötschental gegeben hatte. Viele dieser Häuser sind nun zerstört, begraben unter einer dicken Schuttmasse. Ein Care Team stand im Einsatz, um Betroffene psychologisch zu unterstützen, wie Matthias Ebener vom Regionalen Führungsstab sagte.

Bundesräte Pfister und Rösti vor Ort
Die extra angereisten Bundesräte Albert Rösti (SVP) und Martin Pfister (Mitte) versicherten die Bevölkerung des grossenteils zerstörten Dorfes ihres Mitgefühls. Umweltminister Rösti erklärte, ein solches Ausmass hätte er nicht erwartet.

Die Blattnerinnen und Blattner hätten ihr Hab und Gut verloren. Es sei nun an Gemeinde, Kanton und Bund ihnen wieder eine Perspektive im Lötschental zu eröffnen. Dazu werde der Bund ihm Rahmen der Subsidiarität sein Möglichstes beitragen.

Verteidigungsminister Martin Pfister sagte, die Armee sei unterwegs. Sie werde alle nötige Hilfe leisten und alles Benötigte zur Verfügung stellen. Er zeigte sich dankbar, dass sich dank der Evakuierung noch Schlimmeres verhindern liess.

Der Walliser Regierungsrat Stéphane Ganzer sicherte der Gemeinde jegliche Unterstützung zu. Jetzt seien grosse Anstrengungen nötig. Spontan hätten andere Kantone dem Wallis dabei Hilfe zugesagt.

Schlimmster möglicher Fall
Nach Schätzung des kantonalen Chefs für Naturgefahren stürzte der Schutt vom Kleinen Nesthorn ganz oder zum grossen Teil mit dem Abbruch des Birchgletschers zu Tal. Drei Millionen Kubikmeter Gesteinsmaterial dürften am Mittwochnachmittag gegen 15.30 Uhr zusammen mit dem Gletscher auf Blatten niedergegangen sein, sagte Naturgefahrenchef Raphaël Mayoraz vor den Medien.

Der Gletscherabbruch und der Murgang seien beispiellos in der Geschichte. Der Schuttkegel sei 50 bis 200 Meter dick. Mit dem Schlimmsten hätten die zuständigen Behörden immer gerechnet und nun sei es eingetreten. Mit dem Murgang sollte das meiste des Materials heruntergekommen sein, so Mayoraz.

Gefahr durch gestaute Lonza
Weitere Gefahr droht hingegen durch das Aufstauen der Lonza, das Überschwemmungen oder Murgänge auslösen könnte, wie Mayoraz auf eine Journalistenfrage sagte. Durch die Stauung sei ein See entstanden, der langsam grösser werde.

Im Moment sei es schwierig, dieses Risiko genau einschätzen zu können. Die Einsatzkräfte würden die Situation jedoch genau im Auge behalten, erklärte der Naturgefahrenchef. Die gefährdeten Häuser im Gefahrenbereich in der Nähe der Stauung seien bereits evakuiert worden.

Zudem sei vorsorglich der Stausee von Ferden geleert worden. Es bestehe das schlimmstmögliche, aber wenig wahrscheinliche Szenario, dass dieser Stausee überflutet werde. Die Behörden in Gampel am Eingang zum Tal seien über diese mögliche Gefahr informiert, sagte Mayoraz.

Die Behörden wollten am Donnerstag an einer weiteren Medienkonferenz über die Entwicklung im Katastrophengebiet orientieren. (awp/mc/ps)

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