KOF-Herbstprognose: US-Zölle prägen die Schweizer Wirtschaft

Zürich – Für dieses Jahr rechnet die KOF unverändert mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) ohne internationale Sportgrossanlässe von 1.4%. Wegen der verschlechterten Wettbewerbsbedingungen durch die US-Zölle und einer anhaltend hohen wirtschaftspolitischen Unsicherheit, haben sich die Aussichten für 2026 verschlechtert. Das sportbereinigte BIP dürfte nächstes Jahr um 0.9% ansteigen. Das sind 0.6 Prozentpunkte weniger als noch im Sommer erwartet wurde. Für 2027 wird ein BIP-Wachstum von 1.6% erwartet.
Die handelspolitischen Turbulenzen prägen derzeit das konjunkturelle Bild. Die Erhöhung der Zölle für Schweizer Exporte in die USA bedeutet spürbar verschlechterte Wettbewerbsbedingungen, auch gegenüber Exporten aus der Europäischen Union (EU) mit geringeren Zollsätzen, und eine weiterhin hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit. Zwar wirkt die Pharmabranche derzeit noch als Stabilisator, doch bestehen auch hier Abwärtsrisiken, die den positiven Beitrag mittelfristig schmälern könnten.
Die Prognose der KOF basiert auf der Annahme, dass Teile der Schweizer Exporte in die USA mit einem Importzoll von 39% belegt bleiben, während für Waren aus der EU ein US-Zollsatz von 15% gilt. Zudem werden die durch die Vereinigten Staaten weltweit eingeführte pauschale Importzölle von 50% auf Stahl-, Aluminium- und Kupferprodukte beibehalten. Zusätzlich unterstellt die KOF in ihrer Prognose, dass die Pharmabranche ihre Preise in den Vereinigten Staaten um 10% senken werden muss. Allerdings wird davon ausgegangen, dass ihre Exporte in die USA auch weiterhin zollfrei bleiben.
Deutliche Abwärtsrevision der BIP-Prognose
Für das Jahr 2025 rechnet die KOF in ihrem Basisszenario unverändert zur Sommerprognose mit einem BIP-Wachstum ohne internationale Sportgrossanlässe von 1.4% (unbereinigt 1%). Zwar entwickelte sich die erste Jahreshälfte besser als noch im Juni erwartet, die zweite Jahreshälfte wird jedoch deutlich schwächer ausfallen als bisher prognostiziert. Für das kommende Jahr wurde die Prognose für das sportbereinigte BIP-Wachstum um 0.6 Prozentpunkte auf 0.9% gesenkt (unbereinigt 1.3%), während für 2027 ein BIP-Wachstum von 1.6% (unbereinigt 1.2%) erwartet wird.
Ergänzend zur Basisprognose hat die KOF ein Positivszenario berechnet, in dem auch für die Schweiz ab Oktober die gleichen Zollsätze wie für die EU gelten würden. In diesem Szenario fällt die Belastung für die exportorientierte Industrie und die unterstellte Unsicherheit deutlich geringer aus, so dass die negativen Effekte auf die Gesamtwirtschaft mit BIP-Anstiegen von 1.5% in diesem Jahr, 1.2% im kommenden und 1.8% im übernächsten Jahr merklich abgeschwächt würden.
Aussenhandel gerät unter Druck
Zwar trüben sich die Aussichten für den Aussenhandel durch die amerikanische Aussenhandelspolitik ein und dürften die Dynamik auch auf mittlere Frist schwächen, bisher war die Entwicklung aber durch vorgezogene Bestellungen zur Vermeidung der Zölle gekennzeichnet. Der Exportrückgang dürfte nun im zweiten Halbjahr stark ausfallen. Aufgrund der ersten Jahreshälfte steigen die Exporte in diesem Jahr dennoch um 2.8% und die Importe um 3.3%. Neben den Auswirkungen der Zollpolitik zeigen die Warenexporte ohne Pharma einen rückläufigen Trend wegen einer schwächeren weltwirtschaftlichen Nachfrage, der sich weiter fortsetzen und sich durch die Zölle noch verstärken dürfte. In den kommenden zwei Jahren fallen die Zuwachsraten der Exporte mit Anstiegen von 2.1% im Jahr 2026 und 2.5% im Jahr 2027 dann tiefer aus.
Schweizer Arbeitsmarkt kühlt merklich ab
Nach Jahren des Beschäftigungsaufbaus befindet sich der Schweizer Arbeitsmarkt in einer Schwächephase. Die KOF geht im Basisszenario für das Jahr 2025 von einem Beschäftigungswachstum von nur 0.3% aus (Sommerprognose: 0.6%). Das ist das tiefste Wachstum seit dem Jahr 2020. Im Verlauf von 2026 dürfte der Stellenzuwachs in Vollzeitäquivalenten zwar anziehen, mit 0.5% bleibt er im Vorjahresvergleich aber unterdurchschnittlich. Die Arbeitslosenquote dürfte bis 2026 auf 3.2% gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) bzw. 5% gemäss der International Labour Organization (ILO) steigen. Auch 2027 wird sie voraussichtlich auf erhöhtem Niveau verharren. Das Lohnwachstum bleibt aufgrund des abgekühlten Arbeitsmarktes verhalten, doch wegen der tiefen Inflation legen die Reallöhne insgesamt leicht zu. Im positiven Szenario würde sich auch der Arbeitsmarkt besser entwickeln und die Arbeitslosenquote dürfte auf 3.1% ansteigen.
Binnenkonjunktur verliert an Schwung
Die Unsicherheit durch den Zollschock und die schwächeren Arbeitsmarktaussichten belasten die Investitionsausgaben der Firmen sowie die Konsumausgaben der privaten Haushalte. Zwar stützen das Bevölkerungswachstum und die niedrige Inflation die Kaufkraft, doch reicht dies nicht aus, um für den sich abkühlenden Arbeitsmarkt zu kompensieren. Infolgedessen hat die KOF ihre Prognose für den privaten Konsum für die Jahre 2025 und 2026 leicht nach unten revidiert: die Wachstumsraten betragen nunmehr 1.4%. Dies entspricht -0.1 Prozentpunkte respektive -0.2 Prozentpunkte gegenüber der letzten Prognose. 2027 dürfte der Anstieg der privaten Konsumausgaben mit 1.6% leicht höher sein.
Die Ausrüstungsinvestitionen verzeichneten im zweiten Quartal einen Rückgang aufgrund von Sondereffekten. Abgesehen davon deuten eine schwache Ertragslage, geringe Kapazitätsauslastung und hohe Unsicherheit auf eine anhaltende Investitionsschwäche hin. In diesem Jahr steigen die Investitionsausgaben nur um 0.6%. Die Verschärfung des Handelskonflikts sowie die Industrierezession belasten die Investitionstätigkeit. Im kommenden Jahr stagnieren sie mit einem Anstieg von 0.2% nahezu. Erst 2027 dürften sie wieder etwas mehr Schwung erhalten und um 2.0% zunehmen.
Inflationsaussichten unverändert tief – Leitzins der SNB verharrt bei 0%
Für 2025 erwartet die KOF weiterhin eine Teuerung von 0.2%, für 2026 von 0.5% und 2027 von 0.6%. Treibend wirken hauptsächlich die Mieten und die inländischen Dienstleistungen, während die inländischen Waren, Importe und Energiepreise dämpfend wirken. In den letzten Monaten lag die Inflation am unteren Rand des Bereichs, den die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit Preisstabilität gleichsetzt. Ein starker Franken, ein schwächeres Lohnwachstum sowie eine abschwächende Teuerungsdynamik bei den Mieten könnten die Inflation noch tiefer ausfallen lassen. Entsprechend erwartet die KOF im Prognosezeitraum keine weiteren Zinsschritte der SNB, womit der Leitzins über den gesamten Prognosezeitraum bei 0% verharrt.
Prognoseunsicherheit bleibt hoch
Die Unsicherheit bezüglich der US-Handelspolitik bleibt sehr hoch. Dies könnte dazu führen, dass die Unternehmen vermehrt die Produktion in Ausland verlagern. Sollten künftig auch Pharmaprodukte Zöllen unterliegen, könnten die Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft erheblich sein. Aufwärtsrisiken ergeben sich aus einer möglichen Entspannung des Handelskonflikts – etwa in Folge erfolgreicher Verhandlungen zur Reduktion der US-Zölle. (pd/hzi/pg)