KOF: Schweizer Wirtschaft stagniert 2012

KOF: Schweizer Wirtschaft stagniert 2012

Zürich – Die Schweizer Konjunktur entwickelt sich im kommenden Jahr im Krebsgang. Nach einem Winter mit negativen Wachstumsraten wird das BIP über das gesamte Jahr 2012 mit einer Zunahme von 0.2% praktisch stagnieren. Während sich die Exporte und Ausrüstungsinvestitionen nur schwach entwickeln, wirken der private und staatliche Konsum sowie die Bauinvestitionen stützend auf das Schweizer BIP. Die Arbeitslosigkeit wird auf 3.3% steigen.

Dies geht aus  der Herbstprognose der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich vom Freitag hervor.

Internationale Wirtschaft: Düstere Aussichten
Seit der KOF Prognose vom September haben sich die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen markant verschlechtert. Vor allem für Europa mussten die Wachstumserwartungen deutlich nach unten angepasst werden. Die Schuldenkrise und ihre Folgen dämpfen weltweit die Nachfrage. Auch im sich lange dynamisch entwickelnden ostasiatischen Raum – der für die Schweizer Exportwirtschaft immer wichtiger wird – sind die Auswirkungen zu spüren. Einen positiven Akzent setzen lediglich die USA, die sich etwas besser entwickelten, als es noch im Herbst zu erwarten war. Die KOF rechnet insgesamt mit einem deutlich abgeschwächten Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den für die Schweiz wichtigsten Exportdestinationen im Winterhalbjahr 2011/12 und einer zögerlichen Erholung ab dem kommenden Jahr. Dabei wird unterstellt, dass sich die Schuldenkrise in Europa nicht noch weiter verschärft.

Schweizer Wirtschaft stagniert
Die schwächere weltwirtschaftliche Entwicklung und der nach wie vor starke Franken hinterlassen eine Delle in der schweizerischen Konjunkturentwicklung im kommenden Jahr. In den beiden Winterquartalen – dem 4. Quartal 2011 und dem 1. Quartal 2012 – gleitet die Schweiz mit zwei negativen BIP-Wachstumsraten technisch gesehen sogar in eine leichte Rezession ab. Aufgrund des deutlich schwächeren zweiten Halbjahres senkt die KOF die Prognose für 2011 von 2.3% auf 1.8%. Für 2012 ist mit einer Stagnation zu rechnen: Das BIP-Wachstum wird bloss noch 0.2% betragen (KOF Herbstprognose: 1.5%).

Kaum Impulse vom Aussenhandel
Die lange sich sehr robust entwickelnden Exporte hielten dem Druck des hohen Frankens und der nachlassenden Auslandsnachfrage nicht mehr stand. Am stärksten betroffen ist die Tourismusindustrie, bei der sich Wechselkursveränderungen rasch niederschlagen. Die Touris musexporte schrumpfen bereits seit dem 4. Quartal 2010. Die Waren- und übrigen Dienstleistungsexporte folgten verzögert. Die gesamten Exporte sind seit dem 2. Quartal 2011 rückläufig. Bis Ende 2011 setzt sich diese Entwicklung fort. In der ersten Jahreshälfte 2012 nehmen die Exporte nur schwach zu. Erst ab Mitte 2012 setzt sich parallel zur wieder kräftigeren weltwirtschaftlichen Dynamik ein sukzessiv höheres Wachstum durch, so dass die Exporte 2012 mit 0.8% leicht steigen. Da gleichzeitig auch die Importe mit 2.6% beschleunigt zunehmen, nimmt der Aussenbeitrag 2012 ab.

Sinkende Ausrüstungsinvestitionen – stabile Bauinvestitionen

Aufgrund der pessimistischen Absatzerwartungen sind die Unternehmen bei Investitionen zurückhaltend; dies, obwohl der hohe Frankenkurs die Unternehmen zu Rationalisierungs – investitionen zwingt, die Preise für Investitionsgüter sinken und die Finanzierungskosten wegen der niedrigen Zinsen günstig sind. Der Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen, der im 2. Quartal 2011 eingesetzt hat, dürfte bis ins kommende Jahr hinein anhalten. Erst im 4.Quartal 2012 ist wieder mit einem Zuwachs zu rechnen. Über das gesamte Jahr 2012 betrachtet, sinken die Ausrüstungsinvestitionen um 1.4%. Besser entwickeln sich die Bauinvestitionen – wobei vor allem der starke Wohnbau im kommenden Jahr für ein positives Wachstum des Gesamtbaus (1.8%) sorgt.

Arbeitslosigkeit steigt wieder
Die konjunkturelle Schwäche schlägt ohne grosse Verzögerung auf die Beschäftigung durch. Die auf Vollzeitäquivalente umgerechnete Beschäftigung ist seit dem 3. Quartal 2011 rückläufig. Für einen Teil der Unternehmen wirft die Frankenaufwertung die Frage nach der längerfristigen Konkurrenzfähigkeit am Standort Schweiz auf. Die Wahrscheinlichkeit struktureller Anpassungen an die veränderten Währungsrelationen nimmt zu. Bis zum 2. Quartal 2012 rechnet die KOF mit einem Verlust von 13 000 Stellen und die darauffolgende Erholung am Arbeitsmarkt fällt bescheiden aus. Im Jahresdurchschnitt 2012 wird die Arbeitslosenquote bei 3.3% liegen – im internationalen Vergleich immer noch ein sehr tiefer Wert.

Starker Franken wird Thema bleiben
Die von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im September festgelegte Untergrenze von 1.20 für den Eurokurs hat für die Schweizer Unternehmen zwar mehr Planungssicherheit gebracht, der Preisdruck bleibt aber beträchtlich. Eine weitere Anhebung der Untergrenze auf 1.30, wie es verschiedentlich gefordert wird, könnte angesichts der Unsicherheiten im Euroraum massive Interventionen an den Devisenmärkten notwendig machen – mit den entsprechenden Risiken für die längerfristige Teuerungsentwicklung. Da es sich bei der Krise im Euroraum um ein strukturelles Problem handelt, sind konjunkturpolitische Massnahmen wenig Erfolg versprechend. Die Ausrichtung der Fiskalpolitik wirkt in den nächsten zwei Jahren aber voraussichtlich leicht stützend.

Die Sorgen rund um den Euroraum

Das Hauptrisiko der aktuellen Prognose liegt in der Entwicklung des Euroraums. Als mögliche Lösungen werden in Europa derzeit hauptsächlich drei Optionen diskutiert. Ein stärkeres Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB), die Schaffung einer Fiskalunion – so angedacht am EU-Gipfel vom 8./9. Dezember 2011 – oder die ausgebaute Hilfe durch den Internationalen Währungsfonds (IWF). Alle drei Optionen sind schwierig durchsetzbar, doch mindestens eine davon wird wohl kommen (müssen). Eine weitere Verschärfung der Schuldenkrise würde einerseits die europäische Konjunktur weiter beeinträchtigen und anderseits den Aufwertungsdruck auf den Schweizerfranken wieder verstärken. In einem solchen Szenario würde die rezessive Phase der schweizerischen BIP-Entwicklung tiefer und länger ausfallen. (KOF/mc/ps)

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