Bergsturz: Berg ob Blatten bleibt in Bewegung

Wiler VS – Die Lage in Blatten VS hat sich auch vier Tage nach dem Bergsturz noch nicht beruhigt. Der Berg bleibt nach wie vor in Bewegung und noch immer gibt es Felsabbrüche vom Kleinen Nesthorn.
Daher gebe es noch keine verlässlichen Prognosen, wann das Militär und andere Einsatzkräfte mit den Räumungsarbeiten anfangen können, sagte Matthias Ebener vom Gemeindeführungsstab am Sonntag einem Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort.
Nicht nur das Kleine Nesthorn, sondern auch der Gegenhang birgt ein grosses Gefahrenpotenzial. Dort sei Material bis zu zehn Meter hoch aufgeschüttet worden. Dieses sei instabil, sagte Ebener. Durch den in der nächsten Woche anstehenden Regen gäbe es auch ein Risiko, dass die Gesteinsmassen am Gegenhang wieder abrutschen.
Weiter seien der aufgestaute See und der Bach gefährlich. Letzterer schlängle sich durch den Schuttkegel hindurch und setze von verschiedenen Seiten die Massen in Bewegung. «Die einzelnen Faktoren im Zusammenspiel bergen eine Gefahr, die es nicht zulässt, an eine Räumung zu denken, so Ebener. Wie vor Ort zu beobachten war, waren am Mittag unter anderem Geologen und Hydrologen auf dem Schuttkegel unterwegs und nahmen Messungen vor. Sie beurteilten die Lage und sahen sich die Situation vor Ort an.
Grosse Solidarität
Um die Gefahrenlage stets im Auge zu haben, wird das Gelände von Feuerwehr, Armee und Zivilschutz überwacht. Die Beobachtenden versuchen festzustellen, was vor Ort passiert. Die Truppen schlagen Alarm, wenn sie zum Beispiel sehen, dass der Pegel der Lonza steigt oder der aufgestaute See schneller abfliesst. So kann talabwärts entsprechend auf die Entwicklungen beim Schuttkegel oder am Berg reagiert werden.
Einen wichtigen Part bei den Hilfsarbeiten übernimmt Air Zermatt. Die Fluggesellschaft operiert vor Ort mit Helikoptern, um Material aus dem Bachbereich abzuführen. So kann verhindert werden, dass bei einem stärkeren Wasserabfluss beispielsweise Baumstämme talabwärts verschoben werden und bei Engpässen eine Verstopfung verursachen.
Doch nicht nur Behörden und Organisationen bieten ihre Hilfe an. Viele zivile Personen meldeten sich zum Helfen. Dies sei sehr nett, aber schwierig zu koordinieren. «Es ist unbefriedigend, da die Leute helfen wollen, es aber nicht möglich ist», sagte Ebener.
4,3 Millionen Franken für Blatten
Hilfe erhält die Bevölkerung von Blatten auch von ausserhalb des Lötschentals, hier vor allem in finanzieller Form. Der vorläufige Spendenbetrag der Glückskette für das Bergsturzgebiet belief sich Stand Sonntagmorgen auf rund 4,3 Millionen Franken, wie die Organisation auf Anfrage mitteilte.
Die Organisation will Betroffenen direkt finanziell unter die Arme greifen und beispielsweise auch Mietkosten für Menschen übernehmen, die kein Zuhause mehr haben und deshalb eine Notunterkunft brauchen. Einen konkreten Überblick darüber, wie viel Geld auch von anderen Organisationen zusammengekommen ist, hätten die Behörden nicht, so Ebener.
Zweitwohnungen für Evakuierte
Eine der dringendsten Sorgen der Bevölkerung Blattens bleibe der langfristig beziehbare Wohnraum. Die meisten Leute hätten sich schnell und unkompliziert bei Freunden und Familie einquartiert, hiess es weiter. Eine Lösung für das Wohnproblem könnten Zweitwohnungen sein, die nur wenig gebraucht werden.
«Hier im Tal gibt es noch viel Wohnraum», sagte Ebener. «Vor ein paar Tagen haben wir ein E-Mail an alle Zweitwohnungsbesitzenden verschickt und sie aufgefordert, sich dieser Situation bewusst zu werden und sich zu überlegen, ihre Wohnung zur Verfügung zu stellen».
Auf das Schreiben habe es sehr viele Rückmeldungen gegeben. Es sei unglaublich, wie viele Leute dazu bereit seien, ihre Häuser zur Verfügung zu stellen. So könnten Einheimische weiterhin im Tal wohnen und müssten sich nicht eine Wohnung ausserhalb des Lötschentals oder des Wallis suchen. Die Chancen stünden gut, dass viele der Zweitwohnungen von Blattnerinnen und Blattnern bewohnt werden können, sagte Ebener. (awp/mc/ps)