Medien in Corona-Zeiten begehrt, aber schlecht entlohnt

Medien in Corona-Zeiten begehrt, aber schlecht entlohnt
Eine Studie des FÖG stellt eine relativ hohe Qualität der Pandemie-Berichterstattung fest. (Bild: istock.com/drogatnev/UZH)

Zürich – In Krisenzeiten allgemein und in der Covid-19-Pandemie besonders wendet sich die Bevölkerung dem Informationsjournalismus zu. Die höhere Nutzung bringt den Medien aber keine zusätzlichen Einnahmen. Im Gegenteil: Werbeerträge brechen ein und online ist die Zahlungsbereitschaft klein.

Darum braucht es neue Bezahlmodelle. Auch die direkte Medienförderung bleibt unentbehrlich, wie das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (FÖG) der Universität Zürich in seinem am Montag veröffentlichten Jahrbuch «Qualität der Medien 2020» ausweist.

Seit 2010 untersucht das Zentrum jährlich die Entwicklung der Schweizer Medien. Seither habe kein anderes Ereignis die Schweizer Medien derart stark geprägt wie die Covid-19-Pandemie, heisst es im Rapport.

Vertrauen in Traditionsmedien
Die Befunde zeigen, dass sich die Leute in der Krise vermehrt den Informationsmedien zuwenden. Das Bedürfnis nach gesicherten Fakten und verlässlichen Informationen steige. Dabei vertrauten die Menschen unabhängig vom Alter auf traditionelle Medien. 44 Prozent der Befragten gaben an, diesen Medien zu vertrauen. Bei den sozialen Medien waren es nur 19 Prozent.

Eine vorab publizierte Studie des FÖG stellte auch eine relativ hohe Qualität der Pandemie-Berichterstattung fest. Das kann den Einbruch der Werbeeinnahmen aber nicht durch die Zunahme der Leserschaft kompensieren. Im Gegenteil: Die Pandemie verstärkt die seit Jahren prekäre Finanzlage des Informationsjournalismus.

Nachrichtenmuffel grösste Gruppe
Auch Jüngere konsumierten während der Pandemie mehr Nachrichten, aber nur kurzfristig. Junge mit unterdurchschnittlichem Nachrichtenkonsum machen inzwischen mit 37 Prozent die grösste Nutzergruppe aus.

Dieses Phänomen untersuchte das FÖG genauer. Dabei kam heraus, dass diese Gruppe Interesse an mobilisierenden Themen wie Klimastreik oder #Metoo hat, wenn die Informationen zur eigenen Identität oder zum eigenen Umfeld passen.

Sie bevorzugt dabei ansprechend aufbereitete, leicht verständliche und gut in den Alltag einzubeziehende Nachrichten. Bezahlen dafür wollen die Nachrichten-Abstinenzler nur, wenn journalistische Inhalte unterschiedlicher Medien auf einer Plattform mit Flatrate angeboten werden.

Weniger Einordnung
Ein weiteres Fazit des Berichts lautet, dass in der Corona-Krise die Abhängigkeit der Medien von Expertinnen und Experten steigt. Das sei wenig erstaunlich, denn nur 2,1 Prozent aller Medienbeiträge behandle die Wissenschaft. Dieser Anteil blieb in den letzten fünf Jahren stabil.

Die Einordnungsleistung der Medien sank drastisch. 2019 dienten 14 Prozent der Beiträge der Einordnung, 2015 waren es noch 36 Prozent gewesen.

Wie bereits in den vergangenen Jahren war auch 2019 ein Rückgang der Vielfalt feststellbar. Die Medien deckten ein immer kleineres Spektrum an Themen und geografischen Räumen ab.

Auch innerhalb der Medien sank die Vielfalt, da immer mehr die gleichen Beiträge teilen. Der Anteil dieser geteilten Beiträge stieg zwischen 2017 und 2019 von 10 auf 21 Prozent. Besonders stark ausgeprägt war dies bei der nationalen Politikberichterstattung. Dort stieg der Anteil geteilter Beiträge von 21 Prozent 2017 auf 41 Prozent 2019.

Wenig Zahlungsbereitschaft
Angesichts der sinkenden Werbeeinnahmen gewinnen neue Zahlsysteme an Bedeutung. Für Online-News wollten aber auch 2020 nur 13 Prozent der Bevölkerung zahlen, nach 10 Prozent 2016. Am ehesten zahlungsbereit waren mit 19 Prozent die jungen Frauen zwischen 18 und 24 Jahren.

Gemäss FÖG weckt das Hoffnung, dass eine zahlungsbereite Generation heranwächst. Auch neue Zahlmodelle entsprechend den Bedürfnissen der jüngeren Generation wie etwa «Spotify für Journalismus» könnten etwas bringen. (awp/mc/ps)

FÖG

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