Migros-Delegierte machen Weg frei für Alkoholverkauf

Migros-Delegierte machen Weg frei für Alkoholverkauf
Nein, Gottlieb Duttweiler wird sich ob der Entscheidung der Migros-Delegierten nicht im Grab umdrehen. Er selber war in den 50-er-Jahren dem Verkauf von Alkohol nicht abgeneigt - aber die Delegierten.

Zürich – Der Weg für den Verkauf von alkoholischen Getränken in den Migros-Filialen ist geebnet: Eine deutliche Mehrheit der Delegierten des Genossenschaftsbundes hat am Samstag in Zürich einer entsprechenden Statutenänderung zugestimmt. Nun sind die zehn regionalen Genossenschaften an der Reihe.

Der Entscheid fiel klar mit 85 zu 22 Stimmen, wie die Migros nach der Versammlung in einem Communiqué mitteilte. Die Delegierten hätten damit den «demokratischen Weg» freigemacht zur Frage des Alkoholverkaufs, hiess es auf Twitter.

Langer Weg bis zum Alkohol im Regal
Die Delegiertenversammlung ist das oberste Organ des Migros-Genossenschafts-Bundes (MGB). Ihr gehören 111 Mitglieder an. Sie entscheidet unter anderem über die Änderung der MGB-Statuten. Diese mussten geändert werden, damit die zehn regionalen Genossenschaften in Sachen Alkoholverkauf über das weitere Vorgehen befinden können.

Damit sind nun in den kommenden Wochen die Verwaltungen und Genossenschaftsräte in den Regionen an der Reihe. Stimmen auch diese Gremien mit mindestens zwei Drittel einer Änderung ihrer jeweiligen Statuten zu, dann werden die Genossenschafterinnen und Genossenschafter in einer Urabstimmung zur Aufhebung des Verkaufsverbots für Alkohol befragt. Diese Abstimmungen sind für Anfang Juni 2022 geplant, wie die Migros mitteilte.

Die Entscheide wären dann für die Genossenschaften verbindlich. In denjenigen Verkaufsstellen, deren Genossenschafter sich mit einer Mehrheit von zwei Drittel für den Verkauf von Alkohol ausgesprochen haben, könnten somit im Verlaufe des übernächsten Jahres alkoholhaltige Getränke angeboten werden.

Demokratisches Vorgehen
Ob sich auch die 2,2 Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter am Ende für die Aufhebung des Verbots aussprechen werden, ist offen. Das Blaue Kreuz hatte bereits im Vorfeld der Delegiertenversammlung vor einem «Verrat» an der DNA der Migros gewarnt. Das Unternehmen riskiere, die Reputation eines sozialen und gesellschaftsverantwortlichen Grossverteilers zu verlieren.

Für die Migros selber zeige das «basisdemokratische Vorgehen», dass sie «auch in dieser Frage ein verantwortungsvolles Unternehmen» sei und sich an den Bedürfnissen der gut 2,2 Millionen Genossenschaftsmitglieder und der Konsumentinnen und Konsumenten orientiere, hiess es.

Alkoholverbot ist relativ
Bislang ist der Alkoholverkauf in den stationären Migros-Filialen verboten. Der Konzern selber umgeht diese Regelung indirekt schon seit Jahren, indem er in seinen Tochterunternehmen Denner und Migrolino, seinem Internetladen leshop.ch, den Migrol-Tankstellen und den Partnerläden VOI Alkohol und zum Teil auch Tabakwaren anbietet.

Bereits 1999 entschied die Delegiertenversammlung, dass auch in den Restaurants der Golfklubs und der Freizeitanlagen der Genossenschaft alkoholische Getränke ausgeschenkt werden dürfen.

Für den Konzern wäre der Alkoholverkauf auf jeden Fall lukrativ: So rechnete der frühere Finanzchef Mario Bonorand mit einem Umsatzplus von 1,5 bis 2 Milliarden Franken, sollte das Alkoholverbot aufgehoben werden. (awp/mc/ps)

Migros Gruppe

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