Nach Ecopop-Nein steht die Zuwanderung weiter auf der Agenda

Nach Ecopop-Nein steht die Zuwanderung weiter auf der Agenda

Unerwartet hohe Ablehnung von Ecopop an der Urne.

Bern – 74,1% der Stimmenden haben die Ecopop-Initiative bachab geschickt. Sie waren nicht bereit, die bilateralen Verträge mit der EU aufs Spiel zu setzen, um die Zuwanderung radikal zu begrenzen. Nun rückt die SVP-Zuwanderungsinitiative wieder in den Fokus. Der Bundesrat will an seinem Kurs festhalten.

Justizministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich vom deutlichen Resultat zwar überrascht. Auf die Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative habe dies aber keinen Einfluss: «Was am 9. Februar entschieden worden ist, gilt weiterhin.»

Ziel bleibe es, die Zuwanderung wieder eigenständig zu steuern. Gleichzeitig dürfe der bilaterale Weg mit der EU nicht gefährdet werden. Der Umsetzungsentwurf und das Mandat für Verhandlungen mit der EU gehe nächste Woche in die Ämterkonsultation. Anfang 2015 werde der Bundesrat entscheiden.

EU: Ein Ja zur Personenfreizügigkeit
Das Ecopop-Resultat habe auch keinen Einfluss auf die Verhandlungsposition der Schweiz. Die EU sei nicht bereit, über die Personenfreizügigkeit zu verhandeln, der Bundesrat dagegen wolle mit der EU ins Gespräch kommen, sagte Sommaruga.

Die EU interpretierte das Ecopop-Resultat anders als der Bundesrat: «Das gewaltige Nein zeigt, dass die Schweizer Stimmberechtigten mit der EU übereinstimmen, dass eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit das Wachstum gefährdet», schrieb sie.

Bei der Ecopop-Initiative haben die Stimmenden nach Inhalt und nicht nach Bauchgefühl abgestimmt, sagte der Politologe Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern. Das Volk habe keinen totalen Abbruch der Verhandlungen mit der EU gewollt, sagte auch der Vize-Präsident des bürgerlichen Nein-Komitees,Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO).

Initiative schon lanciert
Wie das Volk zu den bilateralen Verträgen steht, dazu soll es sich nach dem Willen der neu gegründete Gruppe «Raus aus der Sackgasse» (RASA) bald an der Urne äussern können.

RASA hat eine Initiative lanciert, die den Artikel zur «Steuerung der Zuwanderung» wieder aus der Bundesverfassung streichen will. Der Initiativtext wird am Dienstag im Bundesblatt veröffentlicht. Auch die Neue Europäische Bewegung (NEBS) verlangte am Sonntag eine Klärung in Form einer neuerlichen Volksabstimmung.

Die SVP-Initiative war gegen den Willen von Bundesrat, Parlament und den meisten anderen Parteien im Februar mit 50,3% angenommen worden. Das Abstimmungsresultat hatte eine tiefe Kluft zwischen Volk und Elite in Politik und Wirtschaft offenbart.

Die erfolgreiche Ecopop-Kampagne von Bundesrat, Parteien und Wirtschaft stelle einen «ersten Ansatz einer Wiederannährung zwischen Volk und Elite» dar, sagte Politologe Golder dazu.

Doch erst der «Showdown» in der Zuwanderungsfrage etwa 2016 werde zeigen, ob dann die Position von Behörden und Wirtschaft beim Volk greifen werde, oder jene der SVP.

Die Nein-Parole der SVP Schweiz war gemäss Golder mitentscheidend für das Ecopop-Nein. Besonders in der Deutschschweiz habe der «SVP-Faktor» gespielt.

Die SVP selbst hielt fest, das Resultat mache deutlich, dass in der Zuwanderungsfrage Lösungen und Mehrheiten nur mit der Unterstützung der SVP zu haben seien. Sie pocht auf eine rasche und konsequente Umsetzung ihrer Zuwanderungsinitiative.

Die FDP verlangte eine «harte aber faire» Umsetzung; die CVP mahnte, die Bilateralen dürften dabei aber nicht fallen. SP und Grüne forderten Reformen in der Umwelt- und Sozialpolitik. Und Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände waren sich für einmal einig: Sie gaben sich am Sonntag erleichtert und wollen an den Bilateralen festhalten. (awp/mc/ps)

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