Nationalrat lehnt Erbschaftssteuer-Abkommen mit Frankreich klar ab

Nationalrat lehnt Erbschaftssteuer-Abkommen mit Frankreich klar ab

Vergeblich vor Ablehnung gewarnt: Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf.

Bern – Das neue Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich fällt im Nationalrat klar durch. Die bürgerliche Mehrheit verzichtet lieber auf ein Abkommen, als einem aus ihrer Sicht schlechten Vertrag zuzustimmen. Als nächstes muss der Ständerat das Abkommen beurteilen.

Mit dem revidierten Erbschaftssteuerabkommen soll Frankreich neu die Möglichkeit erhalten, bei Erbschaften von Personen in Frankreich auch Immobilien in der Schweiz zu besteuern. Vor allem in der Westschweiz stiess der Vertrag auf vehementen Widerstand: Befürchtet wird, dass reiche Franzosen wegziehen könnten.

Das Abkommen verstosse gegen mehrere Grundsätze, hielten die Gegner fest. «Es ist klar, dass eine Immobilie in der Schweiz und nicht in Frankreich besteuert wird», sagte Christian Lüscher (FDP/GE). Zudem sei es falsch, dass vererbtes Vermögen an einem anderen Ort als dem letzten Wohnsitz des Verstorbenen besteuert werden solle, sagte Dominique de Buman (CVP/FR).

Die Gegner störten sich aber auch an der empfundenen Einseitigkeit des Vertrags. Die Rede war von einem eklatanten Ungleichgewicht. «Wir wären das einzige Land, das Frankreich so viel Durchgriff gewährt», sagte Thomas Maier (GLP/ZH). Frankreich stünde als alleiniger Gewinner da. Das Abkommen könnte ein Präjudiz für andere Länder schaffen, sagte Caspar Baader (SVP/BL).

Der Entscheid gegen das Abkommen fiel klar mit 122 zu 53 Stimmen bei 11 Enthaltungen ab. SVP, FDP, CVP und GLP stimmten gegen das Abkommen. SP und Grüne wollten auf das Abkommen eintreten, wobei die SP aber den Vertrag an den Bundesrat zwecks Nachverhandlungen zurücksenden wollte. Die BDP enthielt sich grösstenteils.

«Keine bessere Lösung»
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnte vor einer Ablehnung. Auch wenn der Vertrag weniger vorteilhaft sei, werde es keine bessere Lösung geben. Frankreich wolle eigentlich keinen Vertrag. Dass das Land eine Verbesserung wünsche, sei verständlich, da verschiedene Bestimmungen im Abkommen von 1953 zur Steuerumgehung genutzt würden. Internationale Vereinbarungen würden eingehalten.

Für gewisse Personen könnte ein vertragsloser Zustand zu einer Doppelbesteuerung führen und es gäbe keine Streitbeilegungsverfahren mehr, sagte sie weiter. Die Gegner wollen dies in Kauf nehmen.

Aller Bedenken zum neuen Vertrag zum Trotz sei ein Doppelbesteuerungsabkommen notwendig, schon nur wegen der 180’000 Schweizer in Frankreich, sagte Jacques-André Maire (SP/NE). Er plädierte dafür, in Nachverhandlungen von Frankreich mehr Gegenseitigkeit zu verlangen.

Frankreich als Profiteur
Aus technischer Sicht würde Frankreich mit dem neuen Vertrag Immobilien in der Schweiz bei Erbgängen subsidiär besteuern können. In erster Linie würde nach wie vor die Besteuerung in der Schweiz zählen, die auch an die französische Steuer angerechnet werden könnte.

Allerdings erhebt kaum ein Kanton Erbschaftssteuern für direkte Nachkommen, so dass im Endeffekt Frankreich ganze Erbschaften – zu Sätzen von bis zu 45% – besteuern würde. «Frankreich profitiert davon, dass die Schweiz die Erbschaftssteuern als ungerecht empfindet und deshalb praktisch keine Erbschaftssteuern verlangt», sagte SVP-Nationalrat Baader.

Die Diskussionen zum Abkommen laufen seit eineinhalb Jahren. Im Sommer 2012 kündigte der Bundesrat ein neues Abkommen an, nachdem Frankreich mit der Kündigung des Abkommens gedroht hatte. Nach Widerstand in der Westschweiz holte der Bundesrat einige Zugeständnisse heraus.

Der Bundesrat erhofft sich vom neuen Vertrag auch, dass er die Fronten bei weiteren Steuerkonflikten mit Frankreich aufzuweichen hilft. Dazu gehört etwa die Pauschalbesteuerung, eine Vergangenheitslösung für unversteuerte französische Gelder in der Schweiz oder die Besteuerung am Flughafen Basel-Mülhausen. (awp/mc/upd/ps)

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