OECD korrigiert Schätzungen für Schweizer Wirtschaft nach unten

OECD korrigiert Schätzungen für Schweizer Wirtschaft nach unten
(Bild: Schlierner / Adobe Stock)

Paris – Angesichts des Auswirkungen des Ukraine-Kriegs korrigiert die OECD ihre Schätzungen für das Wirtschaftswachstum in der Schweiz erneut nach unten. Die Organisation mit Sitz in Paris erwartet im laufenden Jahr 2022 noch ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 2,1 Prozent, nachdem sie bisher von einem Plus von 2,5 Prozent ausgegangen war.

Die negativen Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine werden sich dann aber vor allem im nächsten Jahr niederschlagen. Für das kommende Jahr prognostiziert die OECD einen Rückgang des Wirtschaftswachstums auf plus 0,6 Prozent nach bisher plus 1,4 Prozent. 2024 werde sich das BP-Wachstum wieder auf plus 1,4 Prozent erholen.

Der Krieg in der Ukraine belaste die Weltkonjunktur und hemme damit auch die Exporte aus der Schweiz sowie die Binnennachfrage, schreibt die OECD. Immerhin: Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz dürften ihre sehr hohe Sparquote allmählich verringern. Das wird laut OECD den privaten Verbrauch in den nächsten zwei Jahren stützen.

Als grösste Risiken für die Konjunktur benennt die OECD mögliche Störungen der Industrieproduktion, ausgelöst von Erdgas- oder Stromengpässen.

Hartnäckige Inflation
Die steigenden Energiepreise werden auch die Inflation deutlich über dem Zielbereich der Schweizerischen Nationalbank (SNB) halten. Die Inflation erwartet die OECD im laufenden Jahr bei einer Rate von 2,9 Prozent, im kommenden Jahr soll sie sich nur leicht auf 2,5 Prozent abschwächen.

Die SNB werde daher ihre Geldpolitik weiter straffen müssen, stellt die OECD fest. Erst 2024 wird gemäss den OECD-Projektionen die Teuerung mit 1,5 Prozent zurück in den Bereich sinken, den die SNB als Preisstabilität definiert.

Zudem mahnt die Organisation weitere Reformen an. So müsse die Haushaltskonsolidierung weitergehen, während gezielte Massnahmen zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms angemessen seien.

Einen Bedarf für strukturelle Reformen sieht die OECD zudem beim Arbeitsmarkt und bei der Beseitigung von Wettbewerbshindernissen ebenso wie bei der ökologischen Nachhaltigkeit und der Energiesicherheit.

Weltweit langsameres Wirtschaftswachstum erwartet
Auch die Aussichten für die weltweite Wirtschaft trüben sich angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nach Ansicht der Industriestaaten-Organisation OECD ein. Das Wirtschaftswachstum werde 2023 nur noch bei 2,2 Prozent liegen, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag in Paris mit. Das sei deutlich weniger als vor dem Krieg erwartet. Im laufenden Jahr rechnet die OECD mit einem Wachstum von 3,1 Prozent. 2024 soll das Wachstum dann auf 2,7 Prozent steigen. Asien werde dabei der Hauptmotor sein, während Europa, Nordamerika und Südamerika nur sehr langsam wüchsen. In der Euro-Zone schrumpft das Wachstum im kommenden Jahr auf 0,5 Prozent; 2024 soll es auf 1,4 Prozent steigen. In den USA sieht es ähnlich aus.

Die Aussichten seien allerdings sehr ungewiss, so die OECD. Sollte es an den Märkten zu Energie-Engpässen kommen, könnte das Wachstum noch schwächer ausfallen. «Höhere Inflation und geringeres Wachstum sind der saftige Preis, den die Weltwirtschaft für Russlands Krieg gegen die Ukraine zahlt», hiess es in der Studie. Die Inflation bleibt demnach auch 2023 hoch, wird sich aber ein wenig abschwächen. Die Bekämpfung der Teuerung müsse nun oberste Priorität haben, hiess es in der Mitteilung.

Energiemärkte als eine der grössten Unwägbarkeiten für Europa
Eine der grössten Unwägbarkeiten für Europa sind demnach die Energiemärkte. Die Experten sehen schon diesen Winter als eine grosse Herausforderung. Wirklich kritisch wird es demzufolge aber erst recht im Winter 2023/2024, da die Wiederauffüllung der Gasspeicher im kommenden Jahr noch schwieriger werden könnte. «Höhere Gaspreise oder die völlige Unterbrechung der Gasversorgung würden in den Jahren 2023 und 2024 zu einem signifikant schwächeren Wachstum und einer höheren Inflation in Europa und der Welt führen», so die OECD.

Für Deutschland erwartet die OECD 2023 einen Rückgang der Wirtschaft um 0,3 Prozent, während sie 2024 um 1,5 Prozent wachsen soll. Trotz der schwächelnden Nachfrage im Ausland werde sich das Exportwachstum 2023 erholen, weil die Engpässe in der Lieferkette nachlassen werden. Entscheidend ist aber demnach auch hier, dass es auf keinen Fall zu einer Gasrationierung kommt, da dies zu schwerwiegenden Unterbrechungen der Produktion führen könnte. Denn auch wenn die Gasspeicher derzeit gut gefüllt seien und neue LNG-Terminals in Betrieb genommen werden sollen, müsse der Gasverbrauch weiterhin um 20 Prozent gesenkt werden. Nur so könne eine Gasknappheit verhindert werden.

Um die Krise abzufedern, müssten Fördermassnahmen zielgerichtet auf schwächere Haushalte und Unternehmen ausgerichtet sein und zum Energiesparen anregen, so die OECD. Ausserdem dürften die Hilfen nicht den nötigen Strukturwandel behindern. (awp/mc/ps)

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