SBB will Signale schneller aufrüsten

SBB will Signale schneller aufrüsten
SBB-CEO Andreas Meyer. (Foto: SBB)

Andreas Meyer, CEO SBB. (Bild: SBB)

Bern – Die Zugkollision im Waadtland, bei der letzten Montag ein Lokführer starb, wirft Fragen nach der Bahnsicherheit auf. Mehrere Akteure forderten am Wochenende, veraltete Signale schneller aufzurüsten, als bis anhin geplant. Sogar die Wiedereinführung von Bahnhofsvorständen wird diskutiert. Die Unglücksort in Granges-près-Marnand war nur mit dem Zugsicherungssystem Signum ausgerüstet. Dieses bremst einen Zug erst, wenn ein Signal überfahren worden ist – nicht im voraus. Das System aus dem Jahr 1933 gilt als veraltet, ist aber mit schweizweit 14’000 Signalen das verbreitetste.

Effizienter ist das ZUB-System, welches einen Zug im Notfall bereits vor einem Rotlicht bremst. Das System aus den 1990-er Jahren ist an rund 2200 Gefahrenstellen eingebaut, gemäss bisherigem Plan hätten bis 2018 weitere 1700 Signale dazukommen sollen. Der tragische Unfall von letzter Woche könnte diese Entwicklung nun beschleunigen. «Ich habe die Division Infrastruktur beauftragt, die Priorisierung der einzelnen Investitionstranchen und eine Beschleunigung zu prüfen», sagte SBB-Chef Andreas Meyer gegenüber der «Schweiz am Sonntag» (Ausgabe 04.08.).

«Für die Diskussion nach dem Unfall sollen alle Alternativen auf den Tisch, auch ob wir parallel zu ZUB die Führerstand-Signalisierung ETCS Level 2 früher als vorgesehen vollständig einführen», so Meyer. Im Moment sei geplant, ass ETCS Level 2 bis im Jahr 2035 überall in Betrieb sei. Beim European Train Control System (ETCS) sind herkömmliche Signale gar nicht mehr nötig, der Lokführer sieht alle Signale auf einem Bildschirm. Die Geschwindigkeit der Züge wird permanent überwacht. Es gilt als modernstes Zugsicherungssystem und wird in der EU eingeführt – auch die Schweiz hat sich langfristig zur Einführung verpflichtet. Zurzeit ist es aber erst auf zwei Strecken im Einsatz.

Weniger Europa – mehr Sicherheit
Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV), bezeichnet die kurzfristige Einführung von ETCS Level 2 im Interview mit der «NZZ am Sonntag» (Ausgabe 04.08.) allerdings als Illusion. Das System funktioniere heute auf offener Strecke gut. Für Knotenpunkte mit vielen Weichen wie zum Beispiel die grossen Bahnhöfe sei diese Technologie jedoch noch nicht erprobt. Füglistaler wirft die Frage auf, «ob wir die Gewichte nicht verschieben sollten». Sein Vorschlag: «Man könnte noch mehr Abschnitte mit einer Geschwindigkeitsüberwachung ausrüsten und dabei auch schneller vorwärts machen.» Konkret würden also in kürzerer Zeit mehr ZUB-Systeme eingebaut, dafür müsste wohl die Aufrüstung mit dem ETCS-System, mit dem einfacheren Level 1 oder Level 2, hintanstehen.

«Das kann eine sinnvolle Massnahme sein, mit der wir in kurzer Frist mehr Sicherheit gewinnen könnten. Vereinfacht könnte man sagen: Wir machen etwas weniger für Europa und etwas mehr für die Sicherheit», sagte Füglistaler. Er werde das Thema demnächst an einer Sitzung mit der SBB-Konzernspitze ansprechen.

Kritik an Abschaffung der Bahnhofvorstände
Gegenüber der «Zentralschweiz am Sonntag» (Ausgabe 04.08.) kritisiert Hubert Giger, Präsident des Lokführerverbandes, derweil den erfolgten Stellenabbau bei Bahnhofvorständen und Kondukteuren. «Die Eisenbahn hat im Regionalverkehr vom 4-Augen-Prinzip auf das 2-Augen-Prinzip umgestellt, ohne die Sicherheitstechnik anzupassen. Nun lastet die gesamte Verantwortung auf dem Lokführer.» Früher hätten Kondukteure oder Bahnhofsvorstände den Befehl zur Abfahrt gegeben. «Heute ist der Lokführer bei 70 Prozent aller Züge auf den S-Bahn- und Regionalstrecken allein. Das rächt sich mit solch tragischen Unfällen», sagte Giger. Die SBB hätte laut Giger systematisch Strecken überprüfen und mit dem ZUB ausrüsten müssen, bevor sie Kondukteure und Bahnhofvorstände abschafften. «Dann wäre die Sicherheit um einiges grösser.»

Für BAV-Direktor Füglistaler ist gar die Rückkehr zur Abfertigung durch den Stationsvorstand denkbar. «Auch das müssen wir uns überlegen. Wenn wir zum Schluss kommen, dass ein Streckenpunkt wirklich kritisch ist, dann kann die kurzfristige Einführung des Vier-Augen-Prinzips eine rasch umsetzbare Lösung sein.» Das koste zwar etwas, würde aber den Druck erhöhen, die technische Aufrüstung voranzutreiben. (awp/mc/ps)

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