Spekulationsstopp-Initiative mit 59,9% abgelehnt

Spekulationsstopp-Initiative mit 59,9% abgelehnt

Bern – Wetten auf steigende oder fallende Preise von Nahrungsmitteln werden in der Schweiz nicht verboten. Volk und Stände haben die Spekulationsstopp-Initiative der JUSO am Sonntag klar abgelehnt. Der Nein-Stimmen-Anteil lag bei 59,9%.

Rund 1’924’600 Personen lehnten die Volksinitiative ab, 1’288’500 Personen legten ein Ja in die Urne. In den Kantonen Jura und Basel-Stadt resultierte eine knappe Ja-Mehrheit. Alle anderen Kantone sagten Nein.

Am deutlichsten verworfen wurde die Initiative in den Kantonen Ob- und Nidwalden mit 69%. Auch in den Kantonen Zug, Schwyz und Appenzell-Innerrhoden lag der Nein-Stimmen-Anteil über 65%. Die Stimmbeteiligung betrug rund 63%.

Vorlage im Schatten
Das Nein hatte sich abgezeichnet. Schon in der ersten SRG-Umfrage gaben nur 48% der Stimmberechtigten an, sie seien für die Initiative. In der zweiten Umfrage sank die Zustimmung auf 31%. Viele Stimmberechtigte waren zwar noch unentschlossen, doch den Initianten gelang es auch in der letzten Phase nicht, ihr Thema in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken.

Das dürfte vor allem mit den anderen Vorlagen zu tun haben: Im Abstimmungskampf dominierten die Debatten zu Durchsetzungsinitiative, Gotthard und Heiratsstrafe. Die Urheber der Spekulationsstopp-Initiative hatten in diesem Kontext einen schweren Stand.

Marktmacht beschränken
Mit dem Nein ist das Thema indes nicht vom Tisch. Die Regulierungspläne in anderen Ländern haben den Bundesrat und das Parlament dazu bewogen, Vorkehrungen zu treffen. Eine Klausel im neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetz gibt dem Bundesrat die Kompetenz, Positionslimiten für Warenderivate einzuführen – eine Obergrenze für die Anzahl solcher Finanzinstrumenten, die ein einzelner Marktakteur halten darf.

Allerdings ist offen, ob und wann der Bundesrat von der Kompetenz Gebrauch macht. Er wolle sich an der internationalen Entwicklung orientieren, sagte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann im Vorfeld der Abstimmung. In der Pipeline ist ausserdem die Konzernverantwortungsinitiative der Hilfswerke. Sie will Konzerne mit Sitz in der Schweiz zur weltweiten Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltschutzstandards verpflichten.

Gegen den Hunger
Hinter der Spekulationsstopp-Initiative standen die JungsozialistInnen (JUSO), SP, Grüne, Hilfswerke und Bauernorganisationen. Sie wollten nicht nur die Macht einzelner Akteure beschränken, sondern spekulative Finanzgeschäfte verbieten, die sich auf Agrarrohstoffe oder Nahrungsmittel beziehen.

Auslöser war die Finanzkrise, die dazu führte, dass Akteure auf solche Geschäfte auswichen. Gleichzeitig stiegen die Preise mancher Nahrungsmittel stark an. Die Initianten sehen einen Zusammenhang. Sie gehen davon aus, dass die Spekulation zu steigenden Nahrungsmittelpreisen führt und damit zum Hunger auf der Welt beiträgt.

Spekulanten nicht nur Böse
Die Gegner stellen in Abrede, dass solche Geschäfte die Preise in relevanter Weise beeinflussen – und weisen auf deren Nutzen hin: Die Spekulanten seien nicht nur «die Bösen», sagte Schneider-Ammann im Abstimmungskampf. Er gab zu bedenken, dass viele Geschäfte den Nahrungsmittelproduzenten dazu dienten, sich abzusichern.

Ein Beispiel dafür sind Verträge, die den Produzenten ermöglichen, die Ernte in der Zukunft zu einem festgelegten Preis zu verkaufen. Solche Geschäfte wollten auch die Initianten nicht verbieten. Sie hatten nur Wetten auf steigende oder fallende Preise im Visier. Die Gegner bezweifelten aber, dass eine Abgrenzung möglich wäre.

Warnung vor Jobverlust
Umstritten waren auch die Folgen für die Schweiz. Die Gegner aus dem bürgerlichen Lager und der Wirtschaft warnten, ein Ja zur Initiative wäre nicht nur wirkungslos gegen Hunger, sondern würde auch der Wirtschaft schaden. Um die Einhaltung des Verbots zu überwachen, müsste eine neue staatliche Aufsichtsbehörde geschaffen werden, geben sie zu bedenken.

Um der Regulierung auszuweichen, könnten die Firmen ihre Geschäftssitze ins Ausland verlagern, was Arbeitsplätze kosten würde. Dieses Argument dürfte in der aktuellen Wirtschaftslage zur Nein-Mehrheit beigetragen haben. An der Ablehnung änderten auch Ja-Stimmen aus der Landwirtschaft nichts. Für die JUSO ist ein Ja-Stimmen-Anteil von 40 Prozent jedoch ein Achtungserfolg. (awp/jmc/ump/ps)

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