Ständerat ist weniger sparwillig als der Bundesrat

Ständerat ist weniger sparwillig als der Bundesrat
Ständeratssaal im Bundeshaus. (Foto: Parlamentsdienste)

Bern – Das Sparpaket zur mittelfristigen Sanierung der Bundesfinanzen wird immer kleiner. Der Ständerat hat die Vorlage des Bundesrats um mehr als ein Drittel abgespeckt. Nun ist der Nationalrat am Zug.

Die beschlossenen Mehrausgaben für Armee und AHV in den kommenden Jahren müssen andernorts kompensiert werden. Eine Expertengruppe hatte im Herbst 2024 ein Sparpotenzial von jährlich 4 bis 5 Milliarden Franken identifiziert. Der Bundesrat nahm in der Folge eine Auswahl vor und präsentierte ein Paket mit 59 Massnahmen.

Nach der Vernehmlassung ortete der Bundesrat über die Finanzplanjahre 2027, 2028 und 2029 hinweg noch ein Entlastungsvolumen von rund 2,4 bis 3,1 Milliarden Franken. Die kleine Kammer strich das Paket nun am Mittwoch und Donnerstag weiter zusammen.

Unter dem Strich resultiert noch ein Sparvolumen von etwa 1,4 bis 2,1 Milliarden Franken pro Jahr. In anderen Worten verzichtete der Ständerat auf über ein Drittel des ursprünglichen Pakets, genau genommen speckte er die Vorlage um 35 Prozent ab.

Gebäudeprogramm soll weiterleben
Kommissionssprecher Jakob Stark (SVP/TG), der sich im Vorfeld der Beratungen im Ständerat noch optimistisch zeigte, zog gegen Ende der elfstündigen Debatte eine durchzogene Bilanz: «Aus finanzpolitischer Sicht ist das sicher nicht befriedigend.»

Die über zwei Tage verteilte Debatte war teilweise emotional. Dutzende Anträge gaben zu reden. Insbesondere die Ratslinke versuchte immer wieder, das Plenum vom Verzicht auf weitere Kürzungen zu überzeugen – oft erfolglos, aber mit einer grossen Ausnahme.

Auf Antrag von Mathias Zopfi (Grüne/GL) verzichtete eine deutliche Mehrheit darauf, das kantonale Gebäudeprogramm, mit dem der Ersatz von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizungen unterstützt wird, zu streichen. Der Bund solle auch künftig Fördermittel in angemessener Höhe bereitstellen, lautete der Tenor.

Kritikerinnen und Kritiker der Streichung argumentierten, dass die Reduzierung des Gebäudeprogramms ein falsches Signal in Zeiten des Klimawandels senden würde und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz schwächen könnte. Bundespräsidentin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter sah die Kürzungen als notwendig an, um das Budget zu entlasten.

Viele verworfene Vorschläge
Generell hatte die Finanzministerin im Ständerat einen schweren Stand. Zahlreiche vom Bundesrat angeregte Gesetzesänderungen zur Entlastung des Haushalts wurden abgelehnt. So auch die vom Bundesrat vorgeschlagene höhere Besteuerung von Kapitalbezügen aus der zweiten und dritten Säule und die geplante Erhöhung der Versteigerungen von landwirtschaftlichen Zollkontingenten – die einzigen zwei Massnahmen, welche die Einnahmen betreffen. Diese Massnahmen waren bereits in der Vernehmlassung namentlich von bürgerlicher Seite scharf kritisiert worden.

Auch ausgabenseitig setzte sich der Bundesrat nur bei rund der Hälfte der 15 Hauptmassnahmen durch, welche den Grossteil der Entlastung ausmachen sollen. Ja sagte der Ständerat etwa zu Sparmassnahmen in der Bundesverwaltung in Höhe von jährlich 300 Millionen Franken und zur verkürzten Deckung der Sozialhilfekosten der Kantone mit Globalpauschalen für vorläufig Aufgenommene und Schutzsuchende.

Oft verhallte der Appell von Keller-Sutter, in weiteren Bereichen Finanzhilfen des Bundes zu kürzen oder ganz zu streichen. Die Finanzministerin argumentierte, dass die Ausgaben in den vergangenen Jahren vielerorts stark gewachsen seien. Auch mit dem Entlastungspaket des Bundesrats könnten die Ausgaben bei weiterhin soliden Einnahmen über alles gesehen weiterhin um über zwei Prozent jährlich steigen.

Der in den vergangenen Monaten öffentlich aufgebaute Druck von Interessengruppen und Kantonen scheint im Ständerat gewirkt zu haben. Der Respekt vor einem allfälligen Referendum und einer Volksabstimmung war zuweilen spür- und auch hörbar.

Linke wehren sich weiterhin
Profitiert hat – schon fast traditionell – unter anderem die Landwirtschaft. In diesem Bereich wurden gleich mehrere Anträge auf Verzicht der Kürzungen angenommen. Das Agrarbudget sei in der Vergangenheit kaum gewachsen, argumentierte die meist bürgerliche Mehrheit. Zudem sei die Marktsituation für viele Landwirtschaftsprodukte sehr herausfordernd.

In der Gesamtabstimmung wurde das Gesetzespaket mit 34 zu 10 Stimmen angenommen. Nun ist der Nationalrat am Zug. Der zeitliche Druck ist hoch. Die ersten Entlastungsmassnahmen sollen Anfang 2027 in Kraft treten.

Falls ein Referendum gegen die Gesetzesvorlage zustande kommt, müsste die Abstimmung spätestens im Herbst 2026 stattfinden. Insbesondere die Linke kritisiert das Sparpaket weiterhin scharf und spricht von einer «Kahlschlagpolitik» (Grüne) und einem «Abbau auf Kosten der Zukunft» (Gewerkschaft VPOD).

Selbst bürgerliche Ständeratsmitglieder mahnten im Hinblick auf die weiteren Beratungen des Geschäfts im Parlament zu Vorsicht: «Wir müssen schon aufpassen, wo wir überall sparen wollen», sagte etwa Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU). (awp/mc/ps)

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