Textil- und Bekleidungsindustrie: Einbruch beim Export 2010

Textil- und Bekleidungsindustrie: Einbruch beim Export 2010

Zürich – Die wirtschaftliche Situation der Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie bleibt schwierig. Im Jahr 2010 ist die Wertschöpfung gegenüber dem Vorjahr um 1,6% auf 1,14 Mrd CHF zurückgegangen. Die Zahl der Beschäftigten sank um 2,8% auf 13’800.

Besonders gelitten habe die Branche unter dem starken Einbruch der Exporte, sagte Max Hungerbühler, Präsident des Textilverbandes Schweiz (TVS) am Freitag vor den Medien in Zürich. Gesamthaft fiel der Export um 7,5% schwächer aus. Insgesamt setzte die Branche noch 3,15 Mrd CHF im Exportgeschäft um. Allerdings entwickelten sich Textil- und Bekleidungsindustrie unterschiedlich. Während die Exporte der Textilindustrie gegenüber dem Vorjahr um 4,1% auf 1,67 Mrd CHF zulegte, gingen die Bekleidungsexporte um 17,8% auf 1,48 Mrd CHF zurück.

Auch Improte rückläufig
Überdurchschnittlich gut entwickelt haben sich die Textilexporte in den Hauptabsatzmärkten Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich und USA, wo sie um 9,3% anstiegen. Deutlich schlechter sah es dagegen bei der Bekleidung aus, wo der Export in die Hauptabsatzmärkten um bis zu 43,6% zurückging. Eine Ausnahme bildete Deutschland mit einer Zunahme von 41,5%. Auch bei der Wertschöpfung entwickelten sich Textil und Bekleidung unterschiedlich. Der Bereich Textilindustrie verbesserte sich um 1,9% auf 870 Mio CHF, während die Bekleidungsindustrie einen Rückgang von 10,2% auf 270 Mio CHF verzeichnete. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Importen, die sich gesamthaft um 1,4% auf 7,68 Mrd CHF verringerten. Die Textilimporte stiegen um 3,8% auf 2,15 Mrd CHF, die Bekleidungsimporte sanken um 3,4% auf 5,53 Mrd CHF. Wichtigster Handelspartner sowohl beim Ex- als auch beim Import war auch im Jahr 2010 die EU.

Handlungsbedarf seitens der Politik
«Als wichtigster Handelspartner lässt das zu erwartende deutsche Wirtschaftswachstum von 2,6% auf eine zunehmende Nachfrage im laufenden Jahr hoffen,» sagte Hungerbühler. Auch in den Schwellenländern könnten sich neue Absatzmärkte eröffnen.  Trotzdem sieht der TVS für das laufende Jahr noch keinen Silberstreif am Horizont. Sorgen bereiten der anhaltend starke Franken. Viele Exporteure seien gezwungen, die Preise zu senken, um Aufträge nicht zu verlieren, sagte Hungerbühler. Dies wirke sich negativ auf die Marge aus und gefährde das Überleben zahlreicher Betriebe. Handlungsbedarf sieht der Verband von Seiten der Politik und zwar in den Bereichen Aussenwirtschaft, Arbeitgeber- und Sozialpolitik, Bildung sowie Umwelt- und Energiepolitik. «Noch immer gibt es zu viele staatliche Regulierungen und administrative Arbeiten, welche den Unternehmen das Leben erschweren,» sagte Hungerbühler.

Textil- und Bekleidungsindustrie setzt auf Innovation
Die Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie ist einer der ältesten Industriezweige des Landes. Wichtigste Faktoren für den Weiterbestand sind Kreativität und Innovation. International erfolgreich sind Firmen mit Nischen- und Spezialprodukten. Beispielhaft ist etwa die Création Baumann AG in Langenthal BE, sagte TVS-Max Hungerbühler weiter. Das Unternehmen hat sich auf interessante Nischenmärkte spezialisiert. So hat das Unternehmen bereits spezielle Stoffe entwickelt, mit denen Akustiker die Schallabsorption in Räumen genau berechnen können. Neuestes Produkt sind Stoffe für Museen, die wichtige konservatorische Kriterien erfüllen, etwa bezüglich des pH-Werts, oder der Auswirkungen auf die Korrosion von Ausstellungsstücken.

Soziale Unternehmensverantwortung
Auf soziale Unternehmensverantwortung setzt die Mammut Sport Group AG in Seon (AG). Alle Produzenten in den Schwellen- und Entwicklungsländern, die mit Mammut zusammenarbeiten, müssen sich zu einem Verhaltenskodex verpflichten, der faire Arbeitsbedingungen gewährleistet. Die Clean Clothes Campaign (CCC) hat Mammut dafür als einen der vier weltweiten Vorreiter in diesem Bereich ausgezeichnet. Weil bei Stoffen meist eine Mindestmenge von mehreren hundert Metern abgenommen werden muss, haben Ateliers, Theater oder Private nur schwer Zugang zu Schweizer Stoffen. Abhilfe schafft hier nun die Swiss Textile Atelier Collection (S.T.A.C), die mehr als 270 Stoffe in 1250 Ausführungen von 26 Textilfabrikanten umfasst, die auch in Kleinmengen zu haben sind.

«Webnet»-Entwicklungen
In wesentlich grösseren Dimensionen denken dagegen die Hersteller von Produkten für textile Architektur, wie die Jakob AG oder die Ferrari Gruppe, die ebenfalls im TVS vertreten sind. So hat der traditionelle Seilhersteller Jakob AG seine Produkte weiterentwickelt zu «Webnet» einer Netzstruktur, bei der Edelstahlseile mit Edelstahlhülsen zu einem Netz mit individueller Maschenweite verarbeitet werden. Diese werden als Sicherungsnetze an Parkhäusern, als Schattendächer, Geländerfüllungen oder Zoogehege verwendet. Aus den beschichteten Polyester-Geweben der Ferrari Gruppe, die rezyklierbar sind, entstanden unter anderem das Event-Zelt auf der Rigi, der deutsche Pavillon auf der Expo 02, das Dach des Fussballstadions in Frankfurt am Main oder auch textile Gebäudefassaden. Garnherstellung, Weberei und Beschichtung gehen dabei in dem Unternehmen Hand in Hand.  (awp/mc/ps)

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