Tiefe Zinsen setzen der Altersvorsorge der Unternehmen zu

Tiefe Zinsen setzen der Altersvorsorge der Unternehmen zu

Zürich – Der Rückgang der Zinsen hat sich im letzten Jahr auch deutlich auf die Vorsorge der grossen Schweizer Unternehmen ausgewirkt. So ist die Lücke zwischen dem nötigen und dem vorhandenen Kapital zur Deckung der Renten laut einer Auswertung von Towers Watson weiter aufgegangen.

So betrug die Deckungslücke bei den 29 grössten börsenkotierten Unternehmen 2013 20 Mrd CHF. 2014 ist sie um 80% auf 36 Mrd CHF angestiegen, wie das Beratungsunternehmen Towers Watson am Donnerstag mitteilte. Der durchschnittliche Deckungsgrad sank entsprechend von 84 auf 80%.

Im Gegensatz zu den Schweizer Pensionskassen, die im letzten Jahr den Deckungsgrad erhöhen konnten, haben demnach die Vorsorgebemühungen der Firmen 2014 einen Rückschlag erlitten. Dafür gibt es zwei Hauptgründe.

So fokussiert die Studie des Beratungsunternehmens Towers Watson zum einen nicht auf Schweizer Pensionskassen, sondern auf die Vorsorge der Unternehmen. Die Auswertung enthält darum auch sämtliche Vorsorgegelder und -verpflichtungen der Angestellten im Ausland.

Zum anderen hat sich die wichtigste Grösse zur Berechnung der Vorsorgeverpflichtungen, der technische Zinssatz, international stärker abgeschwächt als in der Schweiz. Das zur Deckung der künftigen Renten nötige Kapital hat sich darum bei den Unternehmen stärker erhöht als bei den Schweizer Pensionskassen.

Kühne+Nagel mit dünnem Vorsorgepolster
Konkret sind die Vorsorgeverpflichtungen der 29 Unternehmen um 20% auf 218 Mrd hochgeschnellt. Das zurückgestellte Vermögen dagegen ist nur um rund 12% auf 182 Mrd angestiegen, wobei gemäss der Aufstellung von Towers Watson mit einer Ausnahme alle Unternehmen eine Unterdeckung aufweisen.

Das dünnste Kapitalpolster weist dabei Kühne+Nagel aus. Towers Watson errechnete beim Logistikunternehmen lediglich einen Deckungsgrad von 29%. Aber auch der Versicherer Swiss Life (49%) und das Pharmaunternehmen Roche (60%) weisen sehr tiefe Deckungsgrade aus.

Am anderen Ende finden sich drei Finanzunternehmen. Die Grossbanken Credit Suisse (102%) führt die Liste an, gefolgt vom Versicherer Swiss Re (97%) und der UBS (96%).

Richard Köppel von Towers Watson warnte jedoch anlässlich der Präsentation der Studie in Zürich davor, diese Prozentzahlen direkt als Mass für die tatsächliche Sicherheit der Rentenversprechen zu nehmen.

Niedrige Deckungsgrade könnten unter anderem auch darum entstehen, weil Unternehmen in Ländern tätig sind, in denen die Vorsorgepläne nicht oder nur zum Teil durch separat ausgewiesenes Kapital gedeckt werden müssten, sagte er. Das sei zum Beispiel in Deutschland der Fall. Der tiefe Deckungsgrad des ehemals deutschen Unternehmen Kühne+Nagel erkläre sich zum Teil damit.

Mehr Transparenz, aber auch mehr Volatilität
Der starke Einbruch des Deckungsgrads hat jedoch auch mit einer Änderung des Rechnungslegungsstandars IFRS zu tun (IAS 19). Seit 2013 müssen die Unternehmen den Marktwert der Vorsorgeanlagen ausweisen. Das bringe einerseits mehr Transparenz, andererseits aber auch höhere Schwankungen der zurückgestellten Vermögenswerte, sagte Köppel. Für die Unternehmen sei das unangenehm, weil ihre Bilanz damit mit schwanke.

Das kann auch Folgen für die Arbeitnehmer haben. Sie könnte laut Köppel dazu führen, dass Unternehmen im überobligatorischen Bereich Leistungen abbauen. Zum gleichen Schluss ist auch eine Studie des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) gekommen, die Ende April vorgestellt wurde. Darin steht, dass in Folge von IAS 19 teilweise Risiken zu den Arbeitnehmer verschoben wurden. Towers Watson geht davon aus, dass dieser Risikotransfer zuungunsten der Arbeitnehmer noch zunehmen wird. (awp/mc/ps)

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