Bundesrat verstärkt in Coronakrise Hilfe für KMU und Arbeitslose

Bundesrat verstärkt in Coronakrise Hilfe für KMU und Arbeitslose
Finanzminister Ueli Maurer. (Screenshot)

Bern – Das Coronavirus grassiert weiter, Krankheits- und Todesfälle nehmen zu. Je länger, desto mehr leidet die Wirtschaft unter der Krise. Der Bundesrat hat nun weitere Unterstützung versprochen: Ab Donnerstag kommen KMU einfach an Kredite. Auch Arbeitslosen wird geholfen.

Für sie wird das Prozedere vereinfacht: Der Nachweis der Arbeitsbemühungen entfällt, die Stellenmeldepflicht wird vorübergehend aufgehoben. Die neuen Massnahmen dienen dazu, die administrative Belastung zu reduzieren und die Rekrutierungsprozesse zu erleichtern, wie Wirtschaftsminister Guy Parmelin am Mittwoch vor den Bundeshausmedien sagte.

Um Aussteuerungen zu verhindern, spricht der Bundesrat zusätzliche 120 Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Zudem wird die Bewilligungsdauer von Kurzarbeit von drei auf sechs Monate verlängert. Die Kosten für die Arbeitslosenversicherung belaufen sich auf schätzungsweise 600 Millionen Franken pro Monat.

«Hilfe kommt!»
Die Situation sei schwierig und noch längst seien nicht alle Fragen gelöst, sagte Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin vor den Bundeshausmedien. Er versicherte aber: «Hilfe kommt!». Der Bundesrat tue alles, damit das Land nach der Krise wieder neu starten könne. «Wir brauchen Geduld, Zuversicht und Solidarität», mahnte Parmelin.

Vergangene Woche hatte der Bundesrat die Arbeitszeitbeschränkung für medizinisches Personal aufgehoben. Dieses habe laut Parmelin aber vollen Anspruch auf Entschädigung und Zuschläge. Auch die Gesundheit der Angestellten müsse geschützt werden. «Sie dürfen auf keinen Fall wegen Arbeitsüberlastung krank werden.»

Banken können Kredite ablehnen
Ebenfalls am Mittwoch gab Finanzminister Ueli Maurer die Details der Notverordnung bekannt, die kleinen und mittleren Unternehmen ab Donnerstag ermöglichen soll, unkompliziert an Kredite zu kommen. Damit sollen laufende Fixkosten gedeckt werden können.

Betriebe können vom Bund verbürgte und von der Nationalbank abgesicherte Kredite in fünf bis sieben Jahren zurückzahlen. Banken haben einen Ermessensspielraum bei der Vergabe. Maurer schloss nicht aus, dass der Bund am Schluss den einen oder anderen Kredit abschreiben muss. Das werde jedoch erst die Zukunft zeigen.

Vertrauen in Antragsteller
Bis 500’000 Franken bürgt der Bund komplett, Zins muss nicht bezahlt werden. Bei höheren Krediten, bis 20 Millionen Franken, bürgt der Bund zu 85 Prozent, die Bank beteiligt sich mit 15 Prozent, der Zins beträgt 0,5 Prozent. Nicht von Überbrückungshilfen profitieren Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 500 Millionen Franken.

Einen Missbrauch von Krediten hält Maurer für praktisch ausgeschlossen. «Leute, die ihr ganzes Vermögen in die eigene Firma gesteckt haben, ziehen den Staat nicht über den Tisch», zeigte sich der Finanzminister überzeugt. Jeder Gesuchsteller versichere zudem mit seiner Unterschrift, dass er bei Falschabgaben hafte. Bei Missbrauch drohe eine Busse bis zu 100’000 Franken.

«Maximaler Ansturm» erwartet
Bankenvertreter loben die schnelle Nothilfe des Bundes für KMU. Die Geldinstitute seien gerüstet, die zahlreichen Kredite ab Donnerstag auszuzahlen. «Wir bereiten uns auf den maximalen Ansturm vor», sagte André Helfenstein, Chef der Swiss Universal Bank der Credit Suisse.

Martin Scholl, Vorsitzender der Generaldirektion der Zürcher Kantonalbank, sagte, dass einige Banken bei der Auszahlung mit Startschwierigkeiten kämpfen würden. Das Ganze werde sich aber in einigen Tagen einspielen. Das Ziel sei, dass bestehende Kunden die Kredite innert dreissig Minuten erhielten, Neukunden innerhalb eines Tages.

Der Bundesrat sei sich bewusst, dass das vorliegende Paket nicht das Ende der Fahnenstange sei, sagte Maurer. Auf dem Radar seien auch die Anliegen der grösseren Unternehmen. Weitere Massnahmen würden Schritt für Schritt geprüft und hänge vom weiteren Verlauf der Krise ab.

Fast 10’000 bestätigte Fälle
Aktuell steigt die Zahl der Coronavirus-Erkrankungen in der Schweiz weiterhin zügig: Am Mittwochmittag gab es bereits 9765 bestätigte Fälle, das sind 929 mehr als noch vor 24 Stunden, wie Berset sagte. Gemäss einer Zählung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA gestützt auf die Angaben der Kantone waren bis am Mittwochmittag 150 Todesopfer gemeldet worden.

Berset sprach von einem «erwarteten Anstieg». Es sei «keine Explosion». Die von Bundesrat verordneten Massnahmen würden gut respektiert. «Das ist nicht selbstverständlich.» Es brauche aber weiter die Ausdauer der Bevölkerung, um die Krise bewältigen zu können. «Es ist kein 100-Meter-Lauf, es ist ein Marathon.»

Viele Tests
Die Schweiz gehöre zu einem der Länder, wo am meisten getestet werde, sagte Berset. Er konterte damit die Kritik von verschiedenen Epidemiologen, wonach die Schweiz zu wenig teste. «Wir werden noch weitergehen.»

Berset lobte die «hervorragende Zusammenarbeit im gesamten Land». Obwohl sich die Lage von Kanton zu Kanton unterscheide, zögen alle am gleichen Strick. Am schwierigsten sei die Situation im Tessin. Der Kanton befinde sich «an der Front der Epidemie». Der Bund und der Südkanton arbeiten laut Berset daran, den Konflikt um bundesrechtswidrige Massnahmen im Tessin zu lösen.

Materialengpässe verhindern
Ebenfalls Lösungen bedarf es beim medizinischen Material, das teilweise knapp wird. Deshalb entschied der Bundesrat, dass medizinische Schutzausrüstung ab Donnerstag nur noch mit Bewilligung aus der Schweiz ausgeführt werden darf. Eine Ausnahme gilt für EU- und Efta-Staaten – sofern diese Gegenrecht gewähren.

Wirtschaftsminister Parmelin erklärte, das sei das Mindeste, um die Belieferung der Schweiz mit diesem Material einigermassen sicherzustellen. Zwar gebe es die Anweisung der EU, die Sendungen freizugeben. Offenbar existierten jedoch noch «administrative Blockaden».

Als weitere Massnahme hat der Bundesrat die Einreisebeschränkungen auf alle Schengen-Staaten ausgeweitet. Damit solle der Schutz der Schweizer Bevölkerung vor dem Coronavirus weiter verstärkt werden. (awp/mc/pg)

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