Unternehmenssteuer: Linke Anträge chancenlos

Unternehmenssteuer: Linke Anträge chancenlos
Pirmin Bischof, Solothurner CVP-Ständerat.

CVP-Nationalrat Pirmin Bischof.

Bern – Der Nationalrat will nicht auf die Unternehmenssteuerreform II zurückkommen, die unerwartet zu mehreren Milliarden Steuerausfällen führt. Er hat am Dienstag alle Anträge der Linken abgelehnt, an der Vorlage aus dem Jahr 2008 Korrekturen vorzunehmen.

Mit 110 zu 59 Stimmen wies er eine Motion der Grünen ab, die die Aufhebung der 2008 vom Stimmvolk nur äusserst knapp angenommenen Unternehmenssteuerreform II forderte. Die Grünen zeigten sich überzeugt, dass die Vorlage abgelehnt worden wäre, wenn die Stimmberechtigten von den wirklich drohenden Ausfällen gewusst hätten. Denn die Schweizerinnen und Schweizer hatten der Vorlage auch ohne das Wissen über die Steuerausfälle nur mit 50,5% Ja-Anteil zugestimmt.

Steuerausfälle wesentlich höher als angenommen
Im Vorfeld der Abstimmung habe der Bundesrat von Ausfällen von 83 Mio CHF beim Bund und etwa 850 Mio CHF bei den Kantonen gesprochen, sagte Louis Schelbert (Grüne/LU). Mittlerweile rechne der Bundesrat allein in diesem Jahr mit 1,2 Mrd CHF Steuerausfällen. Und in den kommenden zehn Jahren kämen bei den Kantonen und Gemeinden jährlich 400 bis 600 Mio dazu. Die Steuerausfälle entstehen, weil Aktiengesellschaften seit Anfang 2011 das Recht haben, so genanntes Agio-Kapital steuerfrei an die Aktionäre auszuzahlen. Agio-Kapital entsteht, wenn bei Kapitalerhöhungen die Aktien über dem Nennwert ausgegeben werden. Die Firmen können ihre Aktionäre nun über steuerfreie Agio-Rückzahlungen am Gewinn beteiligen, anstatt steuerpflichtige Dividenden auszuzahlen.

SVP: Kapitalrückzahlungen keine Steuergeschenke
Nach Ansicht von SVP, FDP, CVP und BDP ist es richtig, dass diese Kapitalrückzahlungen von der Steuer befreit werden. Es sei nicht einzusehen, weshalb bereits versteuerte Gelder, die in eine Kapitalgesellschaft eingegeben würden, später bei der Auszahlung erneut besteuert würden, sagte Pirmin Schwander (SZ) im Namen der SVP. Es handle sich nicht um Steuergeschenke. Das Parlament habe schlicht und einfach die «verfassungswidrige Doppelbesteuerung» aufgehoben, sagte Schwander. Nach Ansicht von Pirmin Bischof (CVP/SO) verdient die Informationspolitik von Steuerverwaltung und Bundesrat im Vorfeld der Abstimmung zwar das Prädikat «ungenügend». Doch wäre es für Bischof ein «Schildbürgerstreich», auf die Vorlage zurückzukommen. Denn damit würde die Schweiz in dieser Steuerfrage wieder hinter die Nachbarländer zurückfallen, die das Kapitaleinlageprinzip schon lange anwendeten.

Agio-Reserven von 231 Milliarden CHF
Die linken Parteien kritisierten, dass die Firmen auch Agio-Kapital zurückbezahlen dürfen, das bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes angehäuft worden ist. Konkret meldeten die Firmen laut Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf bis Ende März 231 Milliarden CHF solcher Kapitalreserven an, die sie seit Anfang 1997 angehäuft haben. Dies ist der Zeitpunkt, ab dem das Kapitaleinlageprinzip gemäss Unternehmenssteuerreform II geltend gemacht werden darf. Anträge der SP diesen Zeitpunkt neu festzusetzen wurden mit 113 zu 60 respektive 112 zu 61 Stimmen abgelehnt. Die Sozialdemokraten wollten die steuerfreie Auszahlung von Kapitaleinlagen nur dann zulassen, wenn die Kapitalien nach der Abstimmung vom Februar 2008 einbezahlt wurden.

SP hofft auf Unterstützung durch Bundesgericht
Die bürgerlichen Parteien und der Bundesrat lehnten dieses Ansinnen ab, weil damit die Rechtssicherheit nicht mehr gewährleistet wäre. Die SP hofft nun auf Unterstützung durch das Bundesgericht, um Korrekturen vorzunehmen. Nationalrätin Margret Kiener Nellen (SP/BE) hat deshalb am Montag eine Beschwerde an die Richter in Lausanne abgeschickt. Auch die Regierungen der Kantone Bern und Zürich sind mit dem Vorgehen von Bundesrat und Parlamentsmehrheit nicht einverstanden. Wie am Dienstag bekannt wurde, hat die Zürcher Regierung beim Bundesrat den Antrag eingereicht, die Abstimmung aufzuheben und noch einmal durchzuführen. Ein ähnliches Begehren hatte der Kanton Bern bereits Ende März an den Bundesrat gerichtet. (awp/mc/ps)

Eidg. Finanzdepartement (EFD)

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