Weitere Schweizer Ökonomen senken Wachstumsprognosen

Weitere Schweizer Ökonomen senken Wachstumsprognosen
(Photo by Markus Spiske on Unsplash)

Zürich – Die Schweizer Wirtschaft leidet unter den Folgen des Coronavirus. Weitere Prognostiker erwarten nun eine Rezession. Und ob die in Aussicht gestellten Staatshilfen für eine rasche Erholung ausreichen, wird in Frage gestellt.

Konkret hat das Institut BAK Economics seine Vorhersage für das laufende Jahr massiv gesenkt. Es erwartet nun eine Schrumpfung des Bruttoinlandprodukts um 2,5 Prozent. Bisher war es von einem Wachstum von 1,3 Prozent ausgegangen.

Deutlich pessimistischer geworden sind auch die Ökonomen der Grossbank UBS, die noch vor knapp zwei Wochen ein Wachstum von 0,7 Prozent vorhergesagt hatten. Sie erwarten nun im laufenden Jahr im besten Fall einen BIP-Rückgang von 1,3 Prozent, halten aber wegen der «Wucht der Krise» eine Schrumpfung um bis zu 3 Prozent für noch realistischer.

Zuvor hatten schon andere Institute ihre Prognosen gekappt. So erwarten aktuell die Ökonomen des Bundes, der Nationalbank, der Credit Suisse und von Raiffeisen für 2020 ein rückläufiges Wachstum.

Hohe Prognoseunsicherheit
Wie alle anderen Institute betonen auch BAK Economics und die UBS die hohe Unsicherheit der Vorhersage: «Wir sind uns bewusst, dass sich die Lage in zwei Wochen ganz anders präsentieren kann», schreiben etwa die UBS-Experten. Es fehlten zudem die Erfahrungswerte für eine solche Krise.

Sicher sind sie sich aber, dass die Pandemie zu einem starken Einbruch des Schweizer Wachstums im ersten Halbjahr führen wird. Denn der aktuelle Abschwung betreffe die Binnen- als auch die Exportwirtschaft.

Es gebe ein «hohes Schadenspotenzial» für den März, den April und möglicherweise für den Mai. Entscheidend für die Gesamtjahresprognose sei, wann die Corona-Massnahmen wieder aufgehoben würden.

«Vollbremsung» im zweiten Quartal
Bei BAK Economics ist wegen der Schutzmassnahmen zur Eindämmung der Pandemie von einer «Vollbremsung» die Rede. Eine schwere Rezession sei daher nicht mehr zu vermeiden.

So wird für das zweite Quartal mit einem «rekordhohen Einbruch» des BIP um fast 6 Prozent gerechnet. Pro Woche Lockdown resultiere für die Schweizer Volkswirtschaft ein Verlust von rund 4 Milliarden Franken.

Ein Abschwung in dieser Breite stellt laut BAK ein Novum für die hiesige Wirtschaft dar. «In fast allen früheren Krisenzeiten war der private Konsum stets eine Stütze der Konjunktur gewesen», so die Mitteilung des Basler Instituts. Die Experten befürchten auch, dass die Arbeitslosenquote auf rund 3,5 Prozent steigen wird.

Langfristige Wirkung
BAK Economics und UBS erwarten aber beide, dass sich die Wirtschaft nach der Pandemie rasch erholen wird. Die UBS geht für 2021 von einer Wachstumsrate von 2,0 bis 2,2 Prozent aus, BAK Economics sogar von 4,3 Prozent.

«Die Schweizer Wirtschaft dürfte die Krise mit weniger Schäden überstehen als die anderer europäischer Staaten», heisst es bei der UBS. Begründet wird dies nicht zuletzt mit der Bedeutung der Pharmaindustrie, von der fast die Hälfte der Schweizer Exporte stamme und die sich als widerstandsfähig erweisen werde.

BAK betont jedoch, dass das Wachstum nicht darüber hinweg täuschen dürfe, dass die Corona-Krise sich langfristig auswirke: Auch Ende 2021 werde das BIP-Niveau in der Schweiz noch um rund ein Prozent tiefer liegen, als dies ohne die Pandemie möglich gewesen wäre.

Gefahr einer Pleitewelle
Entscheidend für eine Erholung sei zudem, so die UBS-Ökonomen, dass es weder zu einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit noch zu einer Pleitewelle kommt. In einem solchen Fall wäre die Erholung gefährdet, was zu einer länger andauernden Wirtschaftskrise führen könnte.

Dies könnte nämlich die Konsumentenstimmung beeinträchtigen: «Die Restaurants wären zwar wieder offen, aber die Konsumenten wollen kein Geld ausgeben, weil arbeitslos sind oder fürchten, es zu werden.»

145 Milliarden «vorhanden»
«Eine starke Reaktion» des Staates, könne eine solche Krise verhindern, so die Experten der Grossbank. Finanzieller Spielraum sei vorhanden. Laut ihren Berechnungen liege eine Erhöhung der Schuldenquote um 20 Prozent oder 145 Milliarden Franken drin, ohne dass eine Bonitätseinbusse in Kauf genommen werden müsste.

Neben der Kurzarbeitsentschädigung stünden dabei die Überbrückungskredite im Fokus. Ob die vom Bundesrat dafür in Aussicht gestellten Mittel ausreichen, stellen die UBS-Experten indes in Frage. «Möglicherweise sind angesichts der dramatischen Umsatzeinbrüche in weiten Teilen der Wirtschaft mehr Mittel notwendig, um die befürchtete Konkurswelle abzuwenden.» (awp/mc/pg)

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