Zuwanderer belasten die Arbeitslosenversicherung

Zuwanderer belasten die Arbeitslosenversicherung
(Foto: VRD - Fotolia.com)

Bern – Die Zuwanderung beflügelt die Wirtschaft und stützt die Altersvorsorge. Für die Arbeitslosenversicherung (ALV) hingegen ist sie ein Verlustgeschäft. Selbst Bürgerinnen und Bürger von EU- und EFTA-Ländern beziehen mehr Leistungen, als sie einzahlen.

2015 lagen die geleisteten ALV-Beiträge 20% tiefer als die bezogenen Arbeitslosengelder. Das zeigt eine Bilanz zur Personenfreizügigkeit mit der EU, die das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) am Dienstag veröffentlicht hat.

Nicht alle Nationalitäten gehören zu den Nettobezügern. Arbeitskräfte aus Deutschland und Frankreich zahlen mehr in die Arbeitslosenversicherung ein, als sie beziehen. Italiener hingegen, Staatsangehörige der osteuropäischen Länder, Spanier und vor allem Portugiesen haben eine negative Bilanz. Letztere decken mit ihren Beiträgen nicht einmal die Hälfte der Leistungen, die sie beziehen.

Für arbeitslose Grenzgängerinnen und Grenzgänger zahlte die ALV letztes Jahr 211 Mio CHF an den jeweiligen Wohnsitzstaat. Die Arbeitslosenentschädigung für Kurzaufenthalter kostete insgesamt 96 Mio Franken. Die Mehrkosten, die der Arbeitslosenversicherung durch Saisonarbeitskräfte mit einer Aufenthaltsbewilligung entstehen, betrugen schätzungsweise 71 Mio CHF pro Jahr.

Unklare Wirkung
Auf mögliche Auswirkungen der vom Parlament beschlossenen Stellenmeldepflicht auf die ALV geht der Bericht nicht ein. Davon profitieren nämlich nicht nur inländische Arbeitskräfte. Auch Grenzgängerinnen und Grenzgänger können sich bei der Arbeitsvermittlung anmelden, sofern sie in der Schweiz arbeitslos geworden sind. Das gleiche gilt für stellensuchende EU/EFTA-Bürgerinnen und EU-Bürger.

Deutlich höher als bei diesen ist die Arbeitslosigkeit bei Angehörigen von Drittstaaten. Gemäss dem Bericht decken ihre Beiträge nur etwa einen Drittel der bezogenen Arbeitslosengelder. Die meisten Personen aus Drittsaaten wandern allerdings auch nicht wegen der Arbeit in die Schweiz ein. Oft handelt es sich um Flüchtlinge oder Personen im Familiennachzug.

Keine Verdrängung
Insgesamt zieht der Bericht aber eine sehr positive Bilanz über die Personenfreizügigkeit und die flankierenden Massnahmen. SECO-Direktorin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch erinnerte daran, dass die Schweiz auf 15 wirtschaftlich starke Jahre zurückblicke. Laut Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit, ist das Bruttoinlandprodukt rascher gewachsen als die Bevölkerung. Die Löhne stiegen real um 12%.

Die Zuwanderung hat mit dem freien Personenverkehr zugenommen. Vergangenes Jahr wanderten unter dem Strich 56’300 Personen ein. Seit Einführung der Personenfreizügigkeit waren es im Durchschnitt 65’500 Personen jährlich, knapp zwei Drittel aus der EU.

Der Bericht kommt aber zum Schluss, dass die einheimische Bevölkerung dadurch nicht aus dem Arbeitsmarkt verdrängt wird. Vielmehr ergänzten sich inländische und ausländische Arbeitskräfte, sagte Roland Müller, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands.

Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, hob in dem Zusammenhang die Bedeutung der flankierenden Massnahmen hervor. Lohndruck sei eine Realität. Nur in Branchen mit wirksamen Kontrollen, Mindestlöhnen und einer konsequenten Sanktionspraxis könnten die Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden, sagte er.

Lampart fordert daher, dass Bund und Kantone die Stellenmeldepflicht konsequent umsetzen. Er begrüsste auch den vom Bundesrat vorgeschlagenen Schwellenwert von 5% Arbeitslosigkeit, ab welcher Arbeitgeber offene Stellen melden müssen. Die Arbeitsvermittlungen seien in der Lage, diese Aufgabe zu bewältigen. Müller hingegen befürchtet, dass die Zahl der Stellenmeldungen die Arbeitsvermittlungen überfordern wird. Er verlangt daher eine Anpassung der Vorschläge. (awp/mc/upd/ps)

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