Berghütte in den Tessiner Alpen: Badewanne mit Aussicht

Berghütte in den Tessiner Alpen: Badewanne mit Aussicht
1400 Höhenmeter sind es vom Maggiatal hinauf zur Alpe Nimi, ein nicht enden wollender, wild bewachsener Treppenweg, der an alten Kastanien und noch älteren Steinbrücken vorbeiführt. Belohnt werden die Mühen der Wanderer mit dieser Aussicht über den Lago Maggiore. (Foto: Luca Crivelli / Ticino-Turismo / SPIEGEL)

Hoch über dem Lago Maggiore in eine Wanne steigen, sich den Wanderschweiss abwaschen – und in die Berge blicken: Ist das Luxus? Oder noch authentisch? Besuch beim Hüttenwirt und Ziegenhüter Pietro Zanoli.

Die Ziegen haben das Panorama jeden Tag vor Augen: im Südosten den Lago Maggiore, im Südwesten, in der Ferne, das Monte-Rosa-Massiv. Sie grasen jedoch unbeeindruckt auf ihrer Sommerweide, als eine Gruppe Wanderer keuchend ankommt. «Nur die Guten schaffen es hier hoch», sagt Pietro Zanoli. Und ein bisschen Lob kann schon brauchen, wer es bis zur Alpe Nimi geschafft hat, einer einfachen, und doch besonderen Bergunterkunft in den Tessiner Alpen.

1400 Höhenmeter sind es vom Maggiatal hinauf zur Alpe Nimi, ein nicht enden wollender Treppenweg, der an Brombeerbüschen, alten Kastanien und noch älteren Steinbrücken vorbeiführt. Fette Murmeltiere huschen in ihren Bau, dort, wo sich der schmale Graspfad in einem Labyrinth aus Felsblöcken verliert und den Blick freigibt auf die Tessiner Dreitausender. Jetzt, im September, sind die Lärchenwälder bereits goldgelb verfärbt.

Die Alpe Nimi mit der gleichnamigen Steinhütte und den ebenfalls aus Granit gebauten Stallungen ist das Reich von Pietro Zanoli, der seine Fellmütze auch bei Sonnenschein nur ungern ablegt. «Seit 23 Jahren bin ich jetzt hier oben», sagt Zanoli. Schon sein Onkel hatte hier Wanderern Unterschlupf geboten, allerdings eher auf die rustikale Art: nur ein Bett und abends eine Portion Polenta.

Inzwischen kommen die Leute auch wegen des kulinarischen Erlebnisses. Jeden Tag um 17 Uhr richtet Zanoli den Apéro her, um den ersten Hunger der Gäste zu stillen. Auf das «Plättli» kommt neben Salami und Trockenfleisch meist auch ein «Büscion del Geissenpeter», ein cremiger Frischkäse, den der Hausherr aus der Milch seiner Ziegen selbst herstellt. Von festerer Konsistenz ist sein «Formagella di Nimi»-Käse. Was er davon nicht für seine Herberge braucht, verkauft Zanoli an Restaurants im Tal oder an hungrige Wanderer.

Gegen 20 Uhr läutet er dann zum Abendessen. «Es gibt immer nur ein einziges Gericht aus lokalen Zutaten, aber mit Varianten für Vegetarier, Veganer und Allergiker», erklärt er. Oft sind es typische Tessiner Spezialitäten wie Risotto oder Gnocchi mit Steinpilzen aus den Wäldern. Manchmal kommt das Fleisch seiner Ziegen auf den Tisch.

Die Alpe Nimi ist ein Ort, der in der Saison Anlaufstelle für maximal 22 Gäste pro Nacht ist. Die Schlafplätze unter freiem Himmel sind da schon mitgerechnet. An Wochenenden ist Zanolis Hütte oft ausgebucht. Er profitiert vom Wanderboom der vergangenen Jahre. Immer mehr stressgeplagte Städter fühlen sich angezogen vom einfachen Leben in den Bergen. Es gefällt ihnen, ihre Bedürfnisse zu reduzieren, einen Gang zurückzuschalten, das Smartphone auszuschalten. Ohne Ablenkungen freier zu atmen und zu denken – zumindest für kurze Zeit. Zanoli kann es verstehen. Er ist einer, der beide Welten kennt.

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