Landesmuseum Zürich: Aus der Not geboren. Arbeitende Kinder
Zürich – Vom unverzichtbaren Beitrag zur Familienökonomie bis zur Ausbeutung in Fabriken: Die neue Ausstellung im Landesmuseum Zürich präsentiert vom 19.12.2025 – 20.04.2026 die Geschichte der Kinderarbeit in der Schweiz und wirft einen Blick auf die weltweite Diskussion des Themas in der Gegenwart.
Kinderarbeit war ein fester Bestandteil des Alltags, noch bevor Fabriken die Landschaft prägten. Weil das Einkommen der Eltern nicht reichte, mussten Kinder zum Überleben der Familie beitragen und arbeiteten im Haushalt, auf dem Hof oder in der Heimarbeit mit. Während dies einerseits auch Teilhabe bedeutete, wurde die Arbeit von Kindern mit der industriellen Revolution vermehrt ausgebeutet: In stickigen Textilfabriken, beim Spulen und Weben, in der Seidenindustrie oder in den Glarner Stoffdruckereien arbeiteten selbst Sechsjährige unter gefährlichen Bedingungen – oft bis zu 16 Stunden am Tag. Erst das Fabrikgesetz von 1877 verbot Kinderarbeit unter 14 Jahren und begrenzte die Arbeitszeit auf elf Stunden pro Tag.
Die Ausstellung im Landesmuseum Zürich beleuchtet dieses Kapitel Schweizer Sozialgeschichte. Sie zeigt, wie Kinder in der Landwirtschaft, im Haushalt oder in Heimen mitarbeiten mussten und wie sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von Kinderarbeit wandelte. Zugleich würdigt die Ausstellung jene, die sich für Bildung und Schutz der Kinder einsetzten. Die Einführung der Schulpflicht 1874 war ein Meilenstein auf dem Weg zu einem neuen Verständnis von Kindheit – weg von ökonomischer Not, hin zu Bildung und Entwicklung. Und doch war der Weg lang: Noch bis weit ins 20. Jahrhundert mussten Kinder aus armen Familien in fremden Haushalten, als Kaminfeger in Italien oder als Schwabenkinder in Süddeutschland arbeiten oder wurden von den Behörden fremdplatziert.
Die Ausstellung endet mit einem Blick in die Gegenwart. Noch immer arbeiten weltweit Millionen Kinder – in Minen, auf Kakaoplantagen oder in Textilfabriken. Auch in der Schweiz existieren Formen von Kinderarbeit, wenn Jugendliche aus armutsbetroffenen Familien zum Einkommen beitragen oder ihren gesamten Lehrlingslohn abgeben müssen. Die Statue der Justitia mit Superman-Umhang erinnert an die 1997 von der Schweiz unterzeichneten UNO-Kinderrechtskonvention, die jedem Kind das Recht auf Schutz, Bildung und Mitbestimmung zusichert. So regt die Ausstellung zum Nachdenken an: über Armut, Verantwortung und den Wert von Kindheit – damals wie heute. (mc/pg)