Mission: Impossible – Ghost Protocol

Mission: Impossible – Ghost Protocol

Tom Cruise aka Ethan Hunt kraxelt den Burj Khalifa hoch.

Von Gérard Al-Fil

Dubai – Selten konnte man Kino-Zuschauer so ausgeflippt klatschen sehen, wie am Abend des 6. Dezembers in Dubai.

Als es Tom Cruise aka Ethan Hunt in letzter Sekunde schafft, sich von der gläsernen Aussenwand des 828 Meter hohen Burj Khalifa im Herzen von Dubai heil aus der Affäre zu ziehen, brach bei der Weltpremiere im IMAX am Hippodrom Meydan unter den über 400 Zuschauern frenetischer Jubel aus – dabei hatte zu diesem Zeitpunkt der Film, der erste Streifen des 8. Dubai International Film Festivals (DIFF), noch weit über eine Stunde vor sich.

Das Scheichtum Dubai stand vor zwei Jahren nämlich selbst vor dem (finanziellen) Fall. Schon deshalb wirkt das déjà-vu-Erlebniss im Film am Wahrzeichen der Golf-Metropole auf die abgeklärten Dubaier erfrischend.

Am Anfang fällt das IMF-Team
Dass zu dieser Szene in der Mitte des vierten Teils der Mission Impossible-Saga mit dem ewig gleichen, aber immer noch packenden Soundtrack die Welt wie immer wegen mieser Tricks gerissener Bösewichte am Abgrund steht, wurde dabei vergessen. Weil die Codes für einen nuklearen Erstschlag dem Kreml einem Nuklearterroristen aus Schweden in die Hände fallen, der Verdacht aber auf die USA fällt, setzt der Präsident in Washington das „Ghost Protocol“ in Kraft – Notfallpläne für den Ernstfall, die es offiziell nicht gibt: das IMF (Impossible Mission Forces)-Team wird kurzerhand komplett entmachtet.

Neben dieser aus aktuellen Gründen hoch brisanten Story, ist es ansonsten immer das Gleiche. Tom Cruise, inzwischen 49, tut als Produzent wie als Hauptdarsteller IMF Agent Ethan Hunt viel zu viel. Und doch wirkt der Ehrgeizer aus Hollywood von der ersten bis zur letzten Minute verblüffend bodenständig. Ob im eleganten Smoking an der Bar, oder im Kugelhagel beim unfreiwilligen Bad in der Moskwa; ob lässig am Laptop sitzend oder bluttriefend im Dreck liegend. Der Zuschauer möchte Cruise aka Hunt am liebsten gleich die helfende Hand reichen und im eigenen Wagen mitnehmen, wenn der Actor mal wieder sein Film-Vehikel gegen die Wand fährt.

Cruise in Hochform
Die Handlung gerät ab und an aufgrund von spitzfindigen Diskussionen und handfesten Schreiereien aus den Fugen zu geraten. Aber darum geht es bei MI IV auch nicht. MI-Fans wollen begeistert, schockiert, getäuscht und unterhalten werden. Und das liefert der Streifen allemal.

Der vierte Teil des Mission Impossible-Epos startet in Budapest, wechselt schnell nach Moskau – und kommt mit überraschend wenig Schauspielern aus. Lächerlich wirken im Kreml nicht die technologischen Tricks, die den Zuschauer wie gewohnt am laufenden Band begeistern und zugleich verwirren, als vielmehr die Maskerade, die Cruise und Kollege veranstalten, um in das Moskauer Machtzentrum einzudringen.

Wer schon mal in Moskau war, weiss, dass Russen nicht auf biometrische Ausweise, sondern auf die Person starren. Seine Herkunft kann an der Moskwa kein Mensch aus dem Westen verbergen. Wegen seines hektischen Ganges. Wegen seiner für das weite Russland allzu zackigen Bewegungen. Und wegen seines nervösen Blickes, der im starken Kontrast zum ruhenden Spähen der Eurasiaten steht. Tom Cruise wirkt als Russen-General wie ein verklemmter Texaner auf einem Kostümball – da kann er noch so akzentfrei die Sprache Tolstois parlieren.

Doch wegen des beissenden Spotts und weil die Technik nicht immer so aalglatt funktioniert wie in den ersten drei Teilen, verzeiht man Agent Hunt und seinem Team auch die Bugs (kleine Fehler) in dem Film. So fehlt am an der Windschutzscheibe des Fahrzeugs, mit dem Cruise und Crew auf Dubai zusteuern die Automautplakette Salik, ohne die man in der Golfmetropole die Hauptverkehrsader Sheikh Zayed Road nicht befahren darf.

Paula Patton kein Bond-Girl
Bei dem Gefecht zwischen Gut und Böse im Burj Khalifa (ich glaube es war irgendwo im 130. Stockwerk) muss übrigens eine Person dran glauben und fällt von Dubais Wahrzeichen in die Tiefe. Nur soviel: der ‚fall guy‘ ist nicht Tom Cruise. In der nächsten Szene rennt Cruise durch das Bankenzentrum DIFC wie ein Aktienhändler, dessen Vorgesetzter gerade einen Milliardenverlust aufgedeckt hat.

Dass dessen Partnerin Paula Patton aka IWF-Agentin Jane Baker eine schöne Anatomie hat, sieht jeder sofort. Ansonsten kann die 36-jährige Brünette mit den maskulinen Gesichtszügen nicht immer überzeugen. Ihre Rolle als Nachtgespielin im indischen Mumbai, in die sie schlüpft, um einen der Bösewichte aufs Bett respektive aufs Kreuz zu legen, geht komplett daneben. Der ‚bad guy‘ ist in diesem Fall ein indischer Dealer, wird gespielt von Anil Kapoor. Sie erinnern sich: Kapoor mimte in „Slumdog Millionär“ den Quizmaster.

Apropos Mumbai. Auch am Schauplatz Indien wurde gemogelt. Das Hotel in dem Cruise aka Hunt vorfährt, ist in Wahrheit das neue Luxus-Resort Jumeirah Zabeel Saray auf der Palmeninsel vor Dubais Küste. Der BMW-Schlitten ist so futuristisch, dass er den Betrachter schon wieder kalt lässt. Kein Zweifel: mit Autos Eindruck schinden können die Macher von James Bond um Längen besser.

Der Film schaut auch in die Zukunft, spielt sich die Handlung doch fast komplett im Osten ab. Wie sagen Banker heute?: „In the future, it’s Dubai, Mumbai, Shanghai – or goodbye.“

Superscharfe Bilder, Feuerwerk für Technik-Freaks
Wie bei allen MI-Folgen lernt der technisch interessierte Zuschauer einiges. Wie schnell ein Gürtel zur Reisleine bei der Flucht aus einem Kankenhaus wird. Warum der Sprung in einen Lüftungsschacht nicht unbedingt tödlich verlaufen muss. Und wie man mit dem iPad um die Ecke schielen kann.

Verzichtet wird diesmal fast gänzlich auf die altbekannten Gummi-Masken, auch dies ein aktueller Bezug: in Zeiten von Google Street View, den unvermeindlichen Überwachungskameras und biometrietauglichen Pässen liegen alle Karten offen auf dem Tisch.

MI-Fans, die einige vertraute Figuren aus den vorherigen Folgen vermissen, dürfen sich übrigens in den letzten fünf Minuten über ein erfrischendes Cameo freuen. Den atem-, aber auch unglaublich gehörraubenden Film sollte man in einem IMAX-Kino geniessen – allein schon wegen der Akrobatik auf dem Burj Khalifa.

„Actionreich, toll, teilweise flach“ – was Zuschauer nach der Weltpremiere spontan über Mission: Impossible – Ghost Protocol sagten:

Abdullah (33) aus Dubai:
„Dass Dubai in MI4 im Mittelpunkt steht, erfüllt uns Emirater natürlich mit Stolz. Aber die Handlung des Films ist eher flach, und die Überladung mit Kampf- und Gewaltszenen empfand ich als unnötig.“

Sonya (23) und Shotoj (25):
„Actionreich und toll. Wahnsinn! Wir sind zwei Girls aus Mumbai und so haben uns die Abschnitte in unserer Heimat natürlich am besten gefallen. Mumbai wird als moderne, vibrierende Megastadt dargestellt. Das hat uns sehr gefreut. Dass die Abendszenen in dem vermeintlichen Mumbaier Luxushotel im Jumeirah Zabeel Saray in Dubai gedreht wurden, verzeihen wir Tom Cruise gerne. Schliesslich ist die Golf-Metropole unsere zweite Heimat.“

David (31) aus England:
„Ich denke, dies ist der zweitbeste Streifen der MI-Serie. Der erste Teil bleibt für mich spitze und unerreicht. Was mir neben all den Stunts auch gefallen hat, dass Ghost Protocol Emotionen Raum gibt, beispielsweise, wenn Agent Ethan Hunt sich an seine verstorbene Frau erinnert. Ansonsten fand ich die Story zu schnell und zu direkt. Die Höhen und Tiefen fallen nicht so extrem aus wie sonst.“

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