Prominente No-Billag-Gegner schalten sich in Abstimmungskampf ein

Prominente No-Billag-Gegner schalten sich in Abstimmungskampf ein
No-Billag-Gegner Roger Schawinski. (Foto: SRG)

Bern – Der Abstimmungskampf um die No-Billag-Initiative hat an Fahrt aufgenommen. Am Wochenende meldeten sich Gegnerinnen und Gegner aus Kultur und Medien zu Wort. Der frühere Radiopirat Roger Schawinski legte sich für die SRG ebenso ins Zeug wie 5000 Kulturschaffende, so Oscar-Preisträger Xavier Koller oder Volksmusikerin Melanie Oesch.

Die Künstlerinnen und Künstler aus Musik, Theater, Film und Literatur starteten einen Aufruf für ein Nein zu No-Billag. Hinter «No Billag, No Culture» stehen unter anderem Kabarettist Emil, Schriftsteller Martin Suter, Musiker Stefan Eicher, Schauspieler Anatole Taubmann oder die Clowns Ursus und Nadeschkin.

SRG werde zerschlagen
Die No-Billag-Initiative wolle die SRG zerschlagen. Auch 13 regionale Fernsehstationen und 21 Lokalradios wären bei einem Ja am 4. März «in ihrer Existenz bedroht». No-Billag stelle freie Meinungsbildung und kulturelle Tradition der Schweiz in Frage: «von Volksmusik bis Techno, vom ‹Bestatter› bis zum Spielfilm, vom Krimi bis zum Humorfestival», heisst es im Aufruf.

Auf der Internetseite no-culture.ch schalteten die Kulturschaffenden persönliche Erklärungen auf. «Die Initiative kommt mir vor wie ein Arzt, der seinen Patienten totschlagen will, um seinen Husten zu heilen», schreibt Schriftsteller Charles Lewinsky.

Keine SRG, keinen Oscar
Rein werbefinanzierte Sender hätten einen «massiv kleineren Anteil» an Schweizer Musik als die SRG und andere gebührenfinanzierte Privatradios. «Sparten wie Klassik, Volksmusik, Jazz oder Rock würden nicht mehr stattfinden.»

Und Xavier Koller gibt zu Protokoll, dass es ohne SRG weder seinen Film «Schellen Ursli» noch «Reise der Hoffnung» geben würde. Der Film wurde 1991 mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet.

Schawinski: Initianten vernebeln
Auf allen Kanälen war Medienunternehmer Roger Schawinski präsent. Im Dutzend gab er Interviews. Mit dem No-Billag-Initiativ-Komitee ging der Privatradio-Mann scharf ins Gericht. Dieses wolle dem Stimmvolk «ernsthaft weismachen», die Initiative «werde dann schon nicht so strikt umgesetzt, wie sie sie selbst formuliert haben». Dabei hätten sie den Text «bewusst glasklar» gehalten.

«Das ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Schweizer Demokratie, dass die Initianten vor dem Urnengang versprechen, ihre Initiative werde nur teilweise umgesetzt, um so zu punkten. Für mich ist dies eine krasse Form von Vernebelungstaktik.»

Liquiditätsengpass ab 5. März
Schawinski warnte, stimme das Volk zu, werde die SRG sehr rasch auf einen Konkurs und eine Liquidation zusteuern. «Die Liquidität nähme schnell drastisch ab. Die Lieferanten würden sofort Vorkasse verlangen, die SRG könnte keine Jahresdeals im Werbemarkt mehr abschliessen.»

Zugleich müsste die SRG hunderte Millionen Franken für den Sozialplan zurückstellen. Die SRG würde «nach jeder betriebswirtschaftlichen Logik sehr rasch» zusammenbrechen. Der Text der Initiative lasse der SRG keinen Ausweg, zumal keine Zeit dafür bleibe; die Übergangsfrist dauere nur wenige Monate.

Eine «Bezahl was du guckst»-Gebühr
Schawinski sparte nicht mit Kritik an der SRG. Er schlug unter anderem vor, SRF1 und SRF3 zusammenzulegen und bei den Radio-SRF-Nachrichtensendungen 50 Stellen zu streichen.

Auch eine schlankere SRG werde nicht ohne Gebühren auskommen. Ideen, Abo-TV für Informationssendungen wie die «Tagesschau» einzuführen, verwies Schawinski ins Reich der Phantasie: So etwas funktioniere nur bei «Sport, Filmen und Porno».

Auch SRG-Generaldirektor Gilles Marchand sagte, ohne Gebühren werde es nicht gehen. Es werde aber schwieriger, Finanzierungsmodelle für die «Pay-per-view»-Generation zu finden, sagte er in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Temps». Er zeigte sich offen für neue Finanzierungsmodelle. Die SRG wolle «der Bevölkerung gewisse Varianten vorschlagen». (awp/mc/ps)

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