Bundesrat hält an seiner Strategie im US-Zollstreit fest

Bern – Der Bundesrat hält an seiner Strategie fest und will im Zollstreit mit den USA weiterverhandeln. Die Schweiz unterbreitete dafür in Washington ein optimiertes Angebot. Zudem will die Landesregierung die betroffene Wirtschaft im Inland unterstützen.
Der Bundesrat strebt zum wichtigen Handelspartner ein geregeltes Verhältnis an, «aber nicht um jeden Preis», wie Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter am Donnerstag in Bern vor Medien sagte. Die Landesregierung werde weiterverhandeln, um in vernünftiger Zeit eine Verbesserung zu erzielen. Gegenzölle seien kein Thema.
Keller-Sutter hatte den Gesamtbundesrat am Donnerstagnachmittag zu einer ausserordentlichen Sitzung einberufen. Thema waren die 39 Prozent Zusatzzölle der USA. Im Anschluss trat die Bundespräsidentin mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin vor die Medien.
Das erweiterte Angebot der Schweiz, um den Streit beizulegen, sei der Regierung in Washington überreicht worden. Über den Inhalt könne sie jedoch öffentlich nicht sprechen, so Keller-Sutter. Sie sagte einzig, dass sich der Bundesrat innerhalb des Verhandlungsmandats bewege.
Mit der Offerte könne die Schweiz die Verhandlungen weiterführen. So sei die Leiterin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), Helene Budliger Artieda, noch in Washington. Sie war mit Keller-Sutter und Parmelin Anfang Woche in die USA gereist. Dort traf das sogenannte «Team Switzerland» US-Aussenminister Marco Rubio.
«Schwere Belastung für die Schweizer Exportwirtschaft»
Die Wirtschaft werde sich weniger günstig entwickeln, als die bisherigen Prognosen vorausgesagt hatten, sagte der Wirtschaftsminister. Diese hätten auf der Annahme basiert, dass die Schweiz mit 10 statt wie jetzt 39 Prozent Zusatzzöllen belastet wird.
Es sei eine «schwere Belastung für die Schweizer Exportwirtschaft», so Parmelin. Zu den am stärksten betroffenen Branchen zählten die Maschinen- und Metallindustrie, die Hersteller von Präzisionsinstrumenten, die Uhrenindustrie sowie die Lebensmittelindustrie.
Von einer schweren Krise, bei der das Bruttoinlandprodukt (BIP) um zwei Prozent oder mehr einbreche, sei man aber weit entfernt, führte Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik im Seco, aus. Die Wirtschaft werde sich mit einem Wirtschaftswachstum von 0,5 bis 1 Prozent begnügen müssen.
Kurzarbeit soll helfen
Um die Wirtschaft zu unterstützen, wird der Bundesrat nach eigenen Angaben in Kürze über mögliche Entlastungen für Unternehmen diskutieren. Zudem soll das Instrument der Kurzarbeitsentschädigungen (KAE) erweitert werden. Die maximale Dauer der Kurzarbeit wurde bereits von 12 auf 18 Monate verlängert.
Beide zuständigen Parlamentskommissionen wollen nun diese Frist auf 24 Monate erstrecken. Der Bundesrat sei offen dafür, sagte Parmelin. Auch zusätzliche Massnahmen würden geprüft, unter anderem im Bereich der Exportförderung. Dennoch sei ein Stellenabbau in bestimmten Bereichen nicht ausgeschlossen, hielt Parmelin fest.
«Keine Anzeichen» zur Kehrtwende
Der Bundesrat nahm weiter zur Chronologie der Ereignisse Stellung. Er sei im Juli davon ausgegangen, dass die ausgehandelte Absichtserklärung gelten werde. In dieser sei ein Zollsatz von 10 Prozent vorgesehen gewesen. Erst gegen Ende Juli seien Zweifel aufgekommen, sagte Parmelin.
Für diese Kehrtwende habe der Bundesrat «keine Anzeichen» gesehen. Seine Gegenüber hätten die ausgehandelte Absichtserklärung genehmigt. «Wir waren vielleicht zu zuversichtlich», räumte Parmelin ein. Am Schluss habe aber die Spitze der Exekutive entschieden, sprich US-Präsident Donald Trump.
Telefonat zwischen Keller-Sutter und Trump
Am 31. Juli telefonierte die Bundespräsidentin mit Trump. Dieser habe die Schweiz für ein Handelsdefizit von 40 Milliarden verantwortlich gemacht. Das habe sie nicht akzeptiert. «Ich habe hier die Interessen der Schweiz vertreten», sagte Keller-Sutter.
Am Telefon habe Trump ihr sehr schnell gesagt, dass das Handelsdefizit mit der Schweiz mindestens einen Zoll in Höhe von mindestens 30 Prozent rechtfertigen würde. Seit Donnerstag gelten Zusatzzölle von 39 Prozent beim Import von Waren aus der Schweiz in die USA. (awp/mc/ps)