US-Zölle belasten Schweizer Wirtschaft – Rezession unwahrscheinlich

Zürich – Der Zollhammer von US-Präsident Donald Trump trifft auch die Schweizer Wirtschaft hart. Wenn die Zölle auf dem aktuellen Niveau bleiben, könnte das Schweizer BIP-Wachstum laut einer UBS-Studie spürbar tiefer ausfallen als bisher angenommen.
Sollte der heute geltende Zollsatz von 39 Prozent in Kraft bleiben, könnte das Wachstum des Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) über die nächsten vier Quartale um bis zu 0,4 Prozentpunkte tiefer liegen als prognostiziert, schrieb die UBS in ihrem Wirtschaftsausblick, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Denn insgesamt würden die Schweizer Exporte in die USA um 50 Prozent teurer, weil neben dem Zollaufschlag von 39 Prozent noch die Abwertung des US-Dollars um 10 Prozent dazukomme.
Für das Jahr 2025 gehen die Experten bisher von einem um Sportevents bereinigten BIP-Wachstum von 1,3 Prozent aus. Auf unbereinigter Basis bleibt die Prognose bei +0,9 Prozent.
Für das Jahr 2026 gehen die UBS-Auguren auf bereinigter Basis noch von einem BIP-Wachstum von 0,9 Prozent aus. Unbereinigt wird ein Zuwachs in Höhe von 1,3 Prozent erwartet. Diese Prognose hatten die Ökonomen der Grossbank Ende August jeweils um 0,1 Prozentpunkte nach unten korrigiert.
10’000 bis 15’000 Industriejobs weg
Dabei rechnen die UBS-Experten allerdings mit einem Zolldeal der Schweiz mit Donald Trump. Sollte der Zollsatz von 39 Prozent in Kraft bleiben, dürfte die Schweizer Wirtschaft nur noch um ein halbes Prozent wachsen, sagte UBS-Ökonom Alessandro Bee an einer Online-Medienkonferenz. Die Auswirkungen des Zollschocks seien aber nicht so gross, dass sie die Schweizer Wirtschaft in eine Rezession drücken würden, hiess es.
Falls die 39 Prozent dauerhaft in Kraft blieben, schätzt die UBS den Einbruch bei den Exporten in die USA auf 20 bis 25 Prozent in einem Jahr. Dies dürfte zu einem Verlust von 10’000 bis 15’000 Stellen in der Schweizer Industrie innerhalb von zwei Jahren nach dem Schock führen, sagte UBS-Chefökonom Schweiz Daniel Kalt. Das wären 0,3 Prozent der Schweizer Beschäftigung.
Das sei weniger als beim Franken-Schock im Jahr 2015. Damals gingen innerhalb von zwei Jahren 25’000 Jobs in der Industrie verloren. Zwar sei der Preisschock durch den Zollhammer fünfmal grösser als damals, als die Aufhebung des Euro-Mindestkurses für eine Verteuerung der Exporte um und rund 10 Prozent gesorgt hatte.
Aber die betroffenen Exportvolumen seien momentan fünfmal kleiner als 2015, sagte Kalt. Im Moment seien 20 Milliarden an Exporten mit Zöllen belegt. «Der Zollschock ist heftiger, aber viel konzentrierter und weniger breit, solange nicht die Pharmabranche betroffen ist.»
Pharma dürfte Produktion verlagern
In dieser Schätzung seien aber noch keine Verschiebungen in der Pharmaherstellung enthalten, schrieb die UBS weiter. Die Schweizer Pharmaindustrie dürfte wegen der Zolldrohungen mittelfristig ihre Produktion für den US-Markt in die Vereinigten Staaten verlegen.
Die UBS-Ökonomen haben zwei Szenarien ausgearbeitet. Wenn die Pharmafirmen die ganze Produktion für den US-Markt aus der Schweiz in die USA verlagern würde, würde das Exportvolumen der Pharmaindustrie um 30 Prozent sinken. Das würde über fünf Jahre betrachtet rund einen Viertel des Wachstums der Schweizer Wirtschaft kosten, erklärten die UBS-Ökonomen.
Im zweiten Szenario kann der Rest der Welt die wegfallende Pharmanachfrage der USA niveaumässig kompensieren. Damit würden die Pharmaexporte aus der Schweiz um 17 Prozent fallen. Dann würde die Schweizer Wirtschaft rund 15 Prozent des Wachstums in den nächsten fünf Jahren verlieren.
Wie viele Stellen in der Pharmaindustrie bei beiden Szenarien gestrichen würden, habe man nicht quantifiziert, sagte Kalt. Denn die Verlagerung in die USA werde schrittweise erfolgen und nicht schockartig. (awp/mc/ps)