Coface: Rechenzentren-Megaboom – Beispiellose Chancen und Risiken für Wirtschaft und Finanzmärkte weltweit

Coface: Rechenzentren-Megaboom – Beispiellose Chancen und Risiken für Wirtschaft und Finanzmärkte weltweit
(Photo by Massimo Botturi on Unsplash)

Paris, Lausanne, Zürich – Angesichts der rasanten Entwicklung der KI erleben Rechenzentren ein atemberaubendes Wachstum, angetrieben von Rekordinvestitionen und einer starken Konzentration in den USA. Eine Analyse von Coface, weltweit führender Anbieter von Kreditversicherungen, Wirtschaftsauskünften und Lösungen im Risikomanagement zeigt: Dieses Wachstum führt noch nicht zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft, sondern birgt aktuell beispiellose Risiken, wie Überhitzung und Ungleichgewichte mit globalen Auswirkungen:

  • 475 Milliarden US-Dollar Investitionen in IT-Ausrüstung für Rechenzentren im Jahr 2025
  • 750 Milliarden US-Dollar: Wert der laufenden oder geplanten Projekte, die sich aufgrund der Überlastung der amerikanischen Energieinfrastruktur bis 2030 verzögern könnten
  • Etwa ein Fünftel des Wachstums des US-BIP: Anteil, der auf den Boom der KI-Rechenzentren im zweiten Quartal 2025 zurückzuführen ist
  • 130 GW: weltweit geplante Kapazität der Rechenzentren im Jahr 2030, das ist 2,3-mal mehr als 2024.

Eine Wette gigantischen Ausmasses
Seit der Veröffentlichung von ChatGPT 3.5 im November 2022 hat KI den Sprung aus den Laboren in den Massenmarkt geschafft und eine Rekordinvestitionswelle ausgelöst. Allein im Jahr 2025 belaufen sich die Investitionen in IT-Ausrüstung für Rechenzentren auf 475 Milliarden US-Dollar. Im zweiten Quartal 2025 macht der Anteil des Booms der KI-spezifischen Rechenzentren rund und ein Fünftel des US-BIP-Wachstums aus. Die prognostizierte globale Rechenzentrumskapazität für 2030 wird auf 130 GW beziffert – das 2.3-Fache des Wertes von 2024. Mithilfe einer Bottom-up-Attribution, die sich auf den Bau von Rechenzentren und IT-Hardware konzentriert, schätzt Coface, dass KI-bezogene Ausgaben im zweiten Quartal 2025 17–23 % des US-BIP-Wachstums ausmachten. Diese Entwicklungen haben die Aktienkurse der führenden Player beflügelt: In weniger als drei Jahren ist die kombinierte Marktkapitalisierung von Nvidia, Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta um mehr als 12 Billionen US-Dollar gestiegen. Dieser Boom ist zwar bereits makroökonomisch relevant, aber noch nicht transformativ. Damit er eine breitere und nachhaltigere Wirkung erzielt, muss er sich von einem Investitionszyklus zu einem Produktivitätszyklus entwickeln, der nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch neue Güter und Dienstleistungen in grossem Umfang generiert.

Marktkapitalisierung der wichtigsten KI-Unternehmen (in Milliarden US-Dollar) und ihr Anteil am Börsenwert der US-Aktienindizes (%)

Boom droht ausgebremst zu werden
Anders als frühere digitale Wellen, die von exponentiellen Fortschritten in der Halbleiterleistung und sich verstärkenden Netzwerkeffekten getragen wurden, sind Rechenzentren nämlich durch Land und Wasser, spezialisierte Arbeitskräfte und Ausrüstung sowie Strom- und Netzkapazität begrenzt. Jede Milliarde US-Dollar, die in KI-Rechenzentren investiert wird, erfordert Investitionen in Höhe von 125 Millionen US-Dollar im Energiesektor, wovon zwei Drittel in das Stromnetz und ein Drittel in die Produktion fliessen. In den Vereinigten Staaten, die für mehr als die Hälfte der weltweit neu installierten Kapazität verantwortlich sind, können sich Netzanschlussverzögerungen über fünf Jahre hinziehen. Die Konzentration der Investitionen auf wenige amerikanische Knotenpunkte erhöht das Risiko lokaler Spannungen, beispielsweise durch eine Verdreifachung der Strompreise in einigen Gebieten. Der Wert laufender oder geplanter Projekte, die sich aufgrund der Sättigung der US-Energieinfrastruktur verzögern könnten, wird auf 750 Milliarden US-Dollar beziffert. Zudem herrscht generell Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Nachfrage.

Anteil der Regionen an den aktuellen, im Bau befindlichen und geplanten Kapazitäten globaler Rechenzentren (in % der gesamten IT-Auslastung, vermarktbare Kapazitäten).

Drohender Überkapazitätsschock
Die Prognosen zum Kapazitätsbedarf bis 2030 variieren, denn je nach Quelle um bis zu 80 %. Dies erhöht das Risiko von Überkapazitäten, die die gesamte Wertschöpfungskette – von Cloud-Anbietern bis hin zu Hardware- und Serviceanbietern – schwächen würden. Ein Überkapazitätsschock hätte weitreichende Folgen: Zunächst würden Colocation-Anbieter, dann alle Akteure der Branche betroffen sein, was zu sinkenden Umsätzen, Margendruck und Liquiditätsengpässen führen würde. „Der Aufstieg von Rechenzentren im Zeitalter der KI ist ein gewagtes Unterfangen: Er verspricht grosse Fortschritte, birgt aber auch beispiellose Risiken für die Wirtschaft“, resümiert Aurélien Duthoit, Wirtschaftswissenschaftler bei Coface im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie. (Coface/mc)

  • Vollständige Studie
  • Coface verfolgt und berichtet kontinuierlich über die Entwicklungen in diesem Sektor sowie in 12 weiteren Branchen. Diese Branchenanalysen finden Sie hier.

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