Florian Kuprecht, Managing Director Switzerland CBRE, im Interview

Florian Kuprecht, Managing Director Switzerland CBRE, im Interview
Florian Kuprecht, Managing Director Switzerland, CBRE. (Foto: CBRE)

Von Karin Bosshard

Moneycab.com: CBRE ist in verschiedenen Segmenten des Gewerbemarktes als Berater tätig. Hier war in den letzten Jahren insbesondere der Büromarkt durch ein Überangebot geprägt. Ist dem immer noch so?

Florian Kuprecht: Zunächst einmal ist die Frage des «Überangebotes» spannend: In vielen Märkten Europas werden Leerstände von 5 bis 10 Prozent als normal erachtet, oft als erforderlich, um Firmen genügend Wachstumsperspektiven zu ermöglichen und eine regelmässige Erneuerung des Gebäudeparks zu garantieren. Die Schweizer Eigentümer waren aber viele Jahre deutlich tiefere Leerstandsquoten gewohnt, und so spricht man bei uns ab 5 Prozent und mehr rasch von Überangebot.

Tatsächlich zeichnet sich aber in den Büromärkten der Innenstädte zuletzt eine Trendwende ab. Die Leerstandquoten liegen hier deutlich unter dieser 5 Prozent-Marke. Verschiedene Faktoren wie z.B. der Trend zur Urbanität, die wachsende Wissens- und ICT-Industrie, das Shared-Office-Phänomen, die Stadthotellerie sowie das zunehmende Gesundheits- und Bildungsangebot haben dazu geführt, dass die Flächenangebote in den Stadtzenten v.a. in Zürich und Genf nun erstaunlich rasch zurückgingen. Davon profitieren nun auch die umliegenden Quartiere, weil erste Nachfrager ausweichen.

„Wir beobachten an begehrten Lagen erste Anzeichen leicht steigender Mietpreise bei Büroimmobilien.“
Florian Kuprecht, Managing Director Switzerland, CBRE

Zu welchen Einschätzungen führt dies bezüglich der Mietzinsniveaus?

Tatsächlich beobachten wir an begehrten Lagen erste Anzeichen leicht steigender Mietpreise. An periphereren Lagen, besonders ausserhalb der Städte, wie z.B. in den Flughafenregionen, muss aber noch einiges an Leerstand absorbiert werden, bis die Preise angehoben werden können.

Was verstehen Sie unter der erwähnten Suche nach Urbanität?

In der Zeit der Finanzkrise hatten viele Firmen einen starken Fokus auf die Konsolidierung, oft in Form eines Firmensitzes- oder -Campus. Weil dies am Stadtrand günstiger und einfacher realisierbar war, hat man einen starken Sog in die Aussenquartiere oder Vororte verspürt. Diese Entwicklung hat sich nun stark verlangsamt, respektive umgekehrt. Wie unser Occupier Survey zeigt, liegen die Interessen der Firmen heute viel stärker darin, Mitarbeitern und Kunden ein möglichst attraktives Arbeitsumfeld anzubieten.

Die lebendigen Innenstädte bieten trotz höherer Mieten eine grosse Attraktivität. Aber moderne Arbeitswelten sind in historischen Gebäuden nicht immer gleich gut umsetzbar, dies bietet dafür Chancen für die städtischen Subzentren. Gerade an Orten, wo Urbanität weniger historisch gewachsen ist, sieht man Bestrebungen, mittels baulicher Kompositionen und Mischnutzungen einen städtischen Charakter anzunähern, wie etwa bei einem Greencity, oder The Circle.

„Moderne Bürogebäude brauchen eine hohe Nutzerflexibilität und müssen sich rasch an Bedürfnisse anpassen können.“

Was bedeutet das für die Büros, die wir inskünftig brauchen?

Gebäude brauchen v.a. eine hohe Nutzerflexibilität und müssen sich rasch an Bedürfnisse anpassen können. Musste man vor wenigen Jahren noch jeden Computer mühsam verkabeln, kann man mit den heutigen mobilen Geräten auch die Arbeitsumgebung sehr rasch anpassen. Das heisst, man braucht eine gute technische Infrastruktur und Architektur, welche das Gebäude als flexiblen Baukasten verstehen.

Hat der Shared-Office-Trend damit etwas zu tun?

Während ein nutzungsflexibles Gebäude eine hohe Anpassungsfähigkeit bei den Nutzungen und der Flächenaufteilung bietet, offeriert das Shared-Office Flexibilität in der Mietdauer, Ausstattung und den dazugehörigen Dienstleistungen; und da fliessen die Themen zusammen.

Getrieben wird hier die Nachfrage u.a. durch das Wachstum der Wissensindustrie und die hohe Anzahl an Mikrounternehmen bzw. Start-ups aus den verschiedenen «Tech»-Bereichen, die stark vernetzt und über Firmengrenzen hinweg arbeiten. Shared-Offices bieten ihnen die Möglichkeit, sich rasch und unkompliziert an den verschiedensten Orten einzurichten und sich die Services zu kaufen, die sie benötigen.

Gleichzeitig entdecken auch grössere Firmen den Reiz von solchen Umgebungen, weil sie so rasch neue Standorte erschliessen und mit neuen Ideen in Kontakt kommen können. Der Shared-Office-Anbieter wird so eigentlich zum Flächengrossisten, der die Büroflächen proportioniert und nach Kundenwusch veredelt.

Wie reagieren die Eigentümer darauf?

Oft beginnen die Eigentümer mit solchen Anbietern zusammenzuarbeiten und teilweise entwickeln sie auch eigene Angebote und werden zu Betreibern gerade für Zusatzangebote. Speziell an peripheren Lagen erhalten Mieter dadurch sehr umfangreiche «Pakete» zu ihren Flächen. Und weil die Attraktivität des Arbeitsplatzes an Bedeutung zunimmt, entsteht dafür auch eine Zahlungsbereitschaft. D.h. ähnlich wie beim Shared-Office bezahlen die Firmen nun beim Eigentümer für Zusatzwünsche. Ein grösseres Gebäude lässt sich so nach Mietdauer, Ausstattung und Nutzung segmentieren, was eine breitere Nutzerschicht ansprechen kann. Die entsprechende Planung wird deshalb umso wichtiger und die Anfragen hierfür nehmen klar zu.

„Weil sich Betreibermodelle in den verschiedenen Segmenten, wie bspw. Alterswohnen, Hotel, Shared-Office, Serviced-Apartments, stark ausbreiten, befassen sich die Investoren vermehrt damit.“

Wie beurteilen Investoren diese Entwicklungen?

Eine länderübergreifende Studie von CBRE hat gezeigt, dass Gebäude mit einem kleineren Anteil an Shared-Office-Flächen eher positiver bewertet werten als vergleichbare Mehrmietergebäude ohne solche Angebote. Umgekehrt werden Gebäude die einzig diesem Konzept gewidmet sind, noch eher vorsichtiger beurteilt. Weil sich aber Betreibermodelle in den verschiedenen Segmenten, wie bspw. Alterswohnen, Hotel, Shared-Office, Serviced-Apartments, stark ausbreiten, befassen sich die Investoren vermehrt damit und bilden z.T auch spezialisierte Gefässe. Zusammen mit der wachsenden Verbreitung dürfte die Zurückhaltung deshalb abnehmen.

Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Verwendung der Büroflächen aus?

Es gibt eine Vielzahl von spannenden Feldern. Stark an Bedeutung gewinnen etwa die Mitarbeiter-Apps, die einem erlauben, Arbeitsplatz, Meetingräume, Luft- und Lichtverhältnisse einzurichten, aber auch Kollegen zu finden, Fitness zu betreiben und Arbeitszeiten zu erfassen. Verknüpft mit weiteren Themen des Smart-Building eröffnet sich hier ein unglaubliches Feld an Möglichkeiten. Solche Felder zu implementieren, wird ein immer wichtigeres Thema für unsere Workspace-Spezialisten.

Wie sehr spielt Nachhaltigkeit dabei eine Rolle?

Nachhaltigkeit im einfachen Sinn der Energieeffizienz wird heute vermehrt vorausgesetzt resp. gefordert, die Labels selbst sind als direkte Forderung etwas in den Hintergrund gerückt.

Gleichzeitig wird das Well-being, d.h. die Berücksichtigung von Fragen nach Ruhe, Erholung, Bewegung, Luft und Licht immer wichtiger. Das führt dazu, dass Angebote, wie wir sie etwa von Hotels kennen, wichtiger werden und eine gewisse Konvergenz von Businesshotels, Serviced Appartements und modernen Bürobauten feststellbar ist.

Bietet diese «Well-being»-Welle nicht auch eine Chance im Retail-Segment?

Doch absolut, wir stellen hier wieder eine verstärkte Ausrichtung in Richtung Gastronomie fest, aber auch der Erlebnisfaktor gewinnt an Bedeutung. Der Online-Handel macht die klassische Auslage mit x Variationen und Farben eines Produktes zunehmend obsolet. Dafür will man eine Marke vielmehr mit allen Sinnen erleben, mittels ausgesuchter Produkte im kuratierten Showroom oder unter Einbezug von Gastronomie und Events. Man soll auch hier Teil einer Community sein, womit der Bogen zu den Arbeitsplatzkonzepten gespannt wird.

CBRE Schweiz

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