abrdn: China A-Aktien – Wie nachhaltig sind sie?

abrdn: China A-Aktien – Wie nachhaltig sind sie?
Virginie van Doorn, Conser ESG verifier SA. Head of Strategic Projects. (Bild: abrdn)

Von Virginie van Doorn, Conser ESG verifier SA. Head of Strategic Projects

Für Anleger stellt der chinesische Markt sowohl eine Diversifizierungsmöglichkeit als auch ein erhebliches Wachstumspotenzial dar, wobei die Renditeerwartungen über denen der entwickelten Aktienmärkte liegen. Langfristige jährliche Renditeprognosen belaufen sich auf 6,6 % in Landeswährung und 8,2 % in US-Dollar (6,9 % in Euro). Gleichzeitig äussern verantwortungsbewusste Anleger auch Zweifel an der Nachhaltigkeit der chinesischen Industrie. Werden Umwelt- und Sozialnormen konsequent eingehalten? Wie gehen die Vermögensverwalter mit Fragen der Unternehmensführung um, insbesondere mit der mangelnden Transparenz der Berichterstattung?

Chinas ehrgeizige Ziele
Eine Studie von KPMG China zeigt, dass im Jahr 2022 61 % der N100-Unternehmen Chinas die ESG-Berichtsrichtlinien der Börsen von Hongkong, Shenzhen und Shanghai übernommen haben. Gleichzeitig hat China Leitlinien für die Offenlegungsstandards von Unternehmen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Initiativen (ESG) eingeführt. Obwohl sie sich an internationalen Entwicklungen im Bereich der ESG-Prioritäten orientieren, sind einige Analysten der Meinung, dass sie eher den von der chinesischen Regierung festgelegten Prioritäten folgen, wie etwa dem Streben nach oekonomischem Wohlstand und sozialer Stabilität.

Einige Aktien können von den Regelungen zum «gemeinsamen Wohlstand» profitieren, ebenso wie Unternehmen, die an der Lösung nationaler Herausforderungen wie dem Zugang zur Gesundheitsversorgung, der Energiesicherheit und dem Übergang zu erneuerbaren Energien arbeiten. Es gibt jedoch noch viel zu tun. Die Offenlegungsstandards verbessern sich zwar, bleiben aber immer noch hinter dem zurück, was die europäischen Anleger erwarten.

Aus vielen rationalen Gründen sind die Energiewende und die Ökologisierung der Wirtschaft zu einer Priorität für die chinesische Regierung geworden. In einer Botschaft an die UN-Generalversammlung am 22. September 2022 kündigte Chinas Staatschef Xi Jinping an, dass China nicht nur den Anstieg seiner Kohlenstoffemissionen bis 2030 stoppen, sondern auch bis 2060 «Kohlenstoffneutralität» anstreben wolle. Um das zu erreichen, was jetzt als «Dual Carbon Goal» bezeichnet wird, muss China seinen Emissionshöchststand viel schneller überwinden als jede andere grosse Volkswirtschaft, die das bisher geschafft oder sich dazu verpflichtet hat.

ESG-Prüfungsansatz von Conser für China A Share-Portfolios angewendet
Dank des Conser-eigenen ESG Consensus®-Ansatzes (siehe unten) konnten wir die Zusammensetzung von 43 Fonds vergleichen, die auf A-Aktien des chinesischen Festlands setzen.

Die Konzentration auf diese Aktienkategorie ist auf das Interesse der Anleger zurückzuführen: Chinesische Onshore-Aktien wiesen in der Vergangenheit eine geringe Korrelation zu anderen Vermögenswerten auf, was den Anlegern potenziell attraktive Möglichkeiten der Portfoliodiversifizierung bietet.

Der Hauptunterschied zwischen Offshore-Aktien (in Hongkong notierte H-Aktien und in den USA notierte ADRs) und Onshore-A-Aktien besteht darin, dass es bei Onshore-Aktien nur selten ADRs gibt – und dass die regulatorischen Änderungen in erster Linie Offshore-Aktien mit grosser Marktkapitalisierung betrafen.

Der MSCI China A Index bietet auch ein deutlich grösseres Engagement in Aktien kleiner und mittlerer Unternehmen, die in der Regel der heimischen Wirtschaft dienen, mit einem Anteil von fast 25 % in Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 10 Milliarden US-Dollar. Nach der ESG Consensus®-Methodik liegt die ESG-Qualität der Benchmark bei D.

Nach der Bewertung der allgemeinen ESG-Qualität jedes Portfolios der China A-Aktienfonds haben wir auch das Engagement in den bekanntesten sensiblen Sektoren (Tabak, Alkohol, Atomkraft, GVO, Waffen, Glücksspiel, Pornografie) sowie die Verletzung internationaler Normen (Geschäftsethik, Korruption, Umwelt, Menschenrechte, Unterdrückungsregime, Streubomben) analysiert.

Über die von Rating-Agenturen bereitgestellten ESG-Ratings hinaus öffnet dieser Ansatz ein Fenster zur Auswahl der zugrunde liegenden Vermögenswerte durch die Vermögensverwalter und bietet einen detaillierten Einblick in die Anlagestrategien.

Wie sehen die Anlagestrategien auf dem chinesischen Festland im Hinblick auf die Nachhaltigkeit aus?
Die erste Überlegung ist, dass die durchschnittliche ESG-Qualität der Stichprobe C- ist, d.h. etwas besser als die Benchmark. Die CO2-Intensität der ausgewählten Fonds ist jedoch deutlich niedriger als die der Benchmark (-52 %), was eine aktive Auswahl der Vermögensverwalter zeigt.

In der Stichprobe sind 2/3 der Fonds als Artikel 8 Fonds und 1/3 als Artikel 6 SFDR registriert. Keiner der Fonds in unserer Stichprobe ist in der Sektion Artikel 9 registriert. Zur Veranschaulichung der Komplexität der SFDR-Denominationen fanden wir unter den besten Fonds in Bezug auf die ESG-Qualität zwei Art 6-Fonds. Es bleibt offen, ob die ESG-Qualität der Art. 6-Fonds beabsichtigt und im Laufe der Zeit konsistent ist.

Die Verteilung der ESG-Qualität entlang der Stichprobe zeigt, dass nur 6 von 43 Fonds zwischen B und B- liegen, ein Niveau, das wir als absolut nachhaltig bezeichnen könnten. Die am besten bewerteten Manager in unserer China A Share-Studie sind MSIF, ABRDN, Baillie Gifford, Lion Global, UBS und FSSA Investment Manager.

Der zweite Punkt, den die transversale Analyse von Conser hervorhebt, ist das Fehlen einer gemeinsamen Definition von ESG-Qualität bei chinesischen A-Aktien. Der Ansatz der ESG-Consensus-Methodik zeigt eine grosse Streuung der Meinungen über Aktien. Dies wird durch die Bewertungsspanne der zugrundeliegenden Vermögenswerte der aggregierten 43 Portfolios in der Stichprobe eindrucksvoll veranschaulicht.

Nur 56,1 % der Vermögenswerte werden vom Markt als «überdurchschnittlich» in Bezug auf die ESG-Qualität eingestuft. Allerdings können 20,2 % dieser Basiswerte nicht auf breiter Front überzeugen, da die Stärke des ESG Consensus® als «schwach» eingestuft wird.

Der erste Grund für diese mangelnde Übereinstimmung der Meinungen ist die fehlende Transparenz der Daten, die die Auswahlarbeit sowohl mühsam als auch entscheidend macht.

Um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen: Einige aktive Anleger scheinen in der Lage zu sein, nachhaltige Anlagestrategien zu entwickeln. Das chinesische A-Aktien-Segment ist zwar in Bezug auf ESG sehr vielfältig, aber der Auswahlprozess macht einen grossen Unterschied und ermöglicht es, Nachhaltigkeitsniveaus zu erreichen, die mit denen traditionellerer Märkte vergleichbar sind.
In den Jahren 2021/2022 sah sich China mit einer grossen Stromknappheit konfrontiert und musste den Bau von Kohlekraftwerken genehmigen, um den Strombedarf kurzfristig zu decken. Analysten sind jedoch zuversichtlich, dass China seinen ehrgeizigen Weg der CO2-Reduzierung fortsetzen wird.

«Unserer Erfahrung nach ist China ein Markt, in dem die Anleger aktiv sein müssen, nicht nur bei der Aktienauswahl, sondern im gesamten Anlageprozess, aber auch bei der Due-Diligence-Prüfung, dem Portfoliomanagement und dem Engagement.» betonte Nicholas Yeo – Head Equities China bei abrdn während seines jüngsten Besuchs in der Schweiz. Er erwähnte auch die Schlüsselbereiche, in denen abrdn erhebliche Chancen sieht, insbesondere bei den an der Börse notierten inländischen Unternehmen, die sich auf die folgenden Themen konzentrieren:

  • Bestreben: Die wachsende Mittelschicht der Verbraucher kauft weiterhin in Bereichen wie Kosmetik, Reisen, Lebensmittel und Getränke ein.
  • Digital: Die zunehmende Integration in Verbindung mit der weit verbreiteten Einführung von Technologie bedeutet eine glänzende Zukunft für Unternehmen in den Bereichen E-Commerce, Cybersicherheit und Rechenzentren, die Cloud-Dienste unterstützen.
  • Grüner werden: Politische Entscheidungsträger auf der ganzen Welt setzen sich für eine umweltfreundlichere und kohlenstoffärmere Welt ein, und China hat dabei eine Vorreiterrolle inne, da Investitionen in erneuerbare Energien, Batterien, Elektrofahrzeuge, die entsprechende Infrastruktur und das Umweltmanagement eine grosse Zukunft haben.
  • Gesundheit: Die wachsende Zahl der Babyboomer treibt die Nachfrage nach Gesundheitsprodukten und -dienstleistungen an.
  • Reichtum: Strukturelles Wachstum der Konsumfinanzierung und zunehmende Allokation von Vermögenswerten in die Kapitalmärkte inmitten eines rückläufigen Immobiliensektors.

(abrdn/mc/ps)

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