Artur P. Schmidt: Die Trading-Bankster

Artur P. Schmidt: Die Trading-Bankster

Moneycab-Kolumnist Artur P. Schmidt sieht die Praktiken der CFD-Broker als reine Abzockerei.

Von Artur P. Schmidt

Der Vorsatz der Enteignung
Zunächst muss man jeden Kunden davor warnen bei „CFD-Brokern“ (CFD steht für „Contracts of Difference“) ein Trading-Konto zu eröffnen, da es sich hierbei um mafiaähnliche Bereicherungsmaschinen handelt. Zwar sind Differenzkontrakte keine Termingeschäfte, da sie über keine Fälligkeit verfügen, jedoch ist zu beachten, dass nicht unerhebliche Rollierungskosten anfallen können, wenn die Produkte über mehrere Monate hinweg gehalten werden. Diese können bei Rohstoffen oder der Volatilität, bei einer quartalsweisen Rollierung, 10 bis 15% des Anlagewertes – pro Jahr also 40 bis 60% – betragen und somit einen Grossteil der Gewinne wieder auffressen. Üblicherweise wird beim Handel mit Differenzkontrakten eine Sicherheitsleistung (Margin) hinterlegt, die es den Anlegern ermöglicht mit grösseren Hebeln zu traden. Zu beachten ist weiter, dass die sogenannten Differenzkontrakte zur Gruppe der derivativen Finanzinstrumente gehören, bei denen im Falle eines Konkurses des CFD-Anbieters – anders als bei einem normalen Brokerkonto – Aktien somit kein im Besitz des Kunden verbleibendes  Sondervermögen darstellen.

Abzockersystem
Die Recherchen bei Kunden, die reale Konten tradeten und Vertriebsleuten, die fiktive Verhandlungen mit CFD-Brokern führten, haben ergeben, dass es sich bei den Gebührenstrukturen von CFD-Brokern um ein Abzockersystem handelt. Hierbei ist offensichtlich, dass es einem CFD-Broker nur darum geht, das Anlagekapital des Kunden systematisch in den Besitz der Brokers überzuführen. Dies beginnt eigentlich schon mit der Einzahlung des Betrages, da das Geld gleich in die Bücher des Brokers wandert, womit dieser beweist, dass er von Anfang an davon ausgeht, dass der Kunde pleitegeht. Mehr noch, einige Broker geben sogar 15% des einbezahlten Kundengeldes an Vermittler, wenn der Kunde sein Spielgeld komplett verzockt hat oder 15% des Restgeldes, falls der Kunde die Reissleine zieht und vorzeitig kündigt. Dies ist nicht nur skandalös, sondern leider auch in höchstem Masse kriminell, da hier der Vorsatz der Enteignung des Kunden offensichtlich wird.

Verdienen, wo es nur geht
Wenn sich ein Kundenkonto in Richtung Totalverlust bewegt und eine bestimmte Schwelle unterschreitet, wird dieses automatisch glattgestellt. Allerdings kann der Kunde mehr als das eingesetzte Kapital verlieren, wenn es über Nacht ein so genanntes Gap gibt und das automatische Glattstellen mehr als das vorhandene Geld auffrisst. Die Liquidierung seiner Positionen kann der Anleger ohnehin nur dadurch vermeiden, dass er zusätzliches Geld nachschiesst, was in der Praxis jedoch kaum möglich ist, da ein Zwangsglattstellen aller Positionen innerhalb weniger Minuten oder Sekunden erfolgen kann. Am interessantesten ist es, die möglichen Einnahmequellen eines CFD-Brokers zu beleuchten, die viele Kunden relativ schnell in die Zone des Totalverlustes bringen. Vermittlern wird nicht nur eine Beteiligung an den Transaktionskosten angeboten, sondern oftmals auch am sogenannten Spread, d.h. an der Differenz zwischen Geld- und Briefkurs und am so genannten Slippage, d.h. wenn z.B. bei einem Stop Loss nicht der eingegebene Preis, sondern ein ganz anderer Preis – natürlich immer zu Ungunsten des Kunden – abgerechnet wird.

Hohe Gewinne für Kunden nicht im Interesse der Trader
Eine weitere Einnahmequelle für Vermittler sind die Zinsen, die man bezahlen muss, wenn man mit Hebel arbeitet. Ein Trader, der über mehrere Monate mit Hebel 10 arbeitet, zahlt den Zins auf das zehnfache Kapital, womit wir bei einem Eurolibor-Zinssatz von z.B. 3% bereits auf einen Jahreszinssatz von 30% kommen. An diesen Zinsen werden Vermittler als Anreiz für die Vermittlung ebenfalls beteiligt. Natürlich gibt es immer wieder auch Kunden, die mit sehr kurzen Tradingperioden, permanenter Bildschirmpräsenz, engen Stops und schnellem Glattstellen mehrere hundert Prozent Gewinn pro Jahr einfahren konnten. Vielen dieser Kunden, insbesondere wenn sie grössere Summen traden, wird jedoch gekündigt, weil es nicht im Interesse des Brokers ist, dass ein Kunde hohe Gewinne macht.

Kampf gegen die 60 % plus – Spesenfalle

Wer beim Spread um 1% seiner Gewinne betrogen wird, hat schon nach 10 Trades 10% an Opportunitätskosten eingefahren. Wer beim Slippage nochmals um 1% betrogen wird, muss, wenn er mit Stops oder anderen Absicherungen arbeitet – selbst wenn er ohne Hebel tradet –, bei 10-maligem Greifen dieser Instrumente, nochmals minimal 10% mehr Gewinn erzielen, wenn er seine bisher angefallenen Kosten kompensieren will. Dies macht bereits 20% an Minimalgewinn, die der Kunde benötigt, um den Broker zu schlagen, der zu allem Überfluss gleichzeitig auch noch der Marketmaker ist. Wenn dann ein Kunde auch noch viel tradet und beispielsweise bei einer Summe von 10’000 Euro 100 Trades pro Jahr macht und pro Trade 10 Euro bezahlt, so muss der Kunde nochmals 10% Gewinn addieren, um die Gewinnschwelle zu erreichen. Jetzt sind wir schon bei 30% Gewinn, die notwendig sind, um den Broker zu schlagen. Ein weiteres zusätzliches Abzockpotenzial gegenüber den Kunden besteht darin, dass die Kurse, die der CFD-Broker als Marketmaker stellt, gar nicht den realen Kursen am Markt entsprechen. Dies offenbart ein paralleler Vergleich der Kurse eines Anbieters wie z.B. Bloomberg oder E-Signal mit den gestellten Kursen der CFD-Broker. Hier können dem Kunden nochmals etwa 10% der möglichen Gewinne im Laufe eines Jahres, falls er so lange als CFD-Kunde überlebt, verloren gehen.

Griff in die Trickkiste
Ein besonderer Trick bei den CFD-Brokern ist, dass einem Kunden plötzlich ein ganz anderer Kurs angeboten wird, als derjenige, der noch zuvor gestellt wurde. Da man nur wenige Sekunden Zeit hat, dieses Angebot zu prüfen, merken viele Kunden nicht, dass sie hier plötzlich miserable Kurse angeboten bekommen, die in der Summe auch noch zu Opportunitätskosten bei 100 Trades von mindestens 5% führen können. Berücksichtigen wir dann noch zusätzlich bei einem Hebel 3 einen Jahreszins  von 3%, der durch Aufschläge in der Praxis jedoch eher bei 5% liegen dürfte, so muss der Kunde nochmals mindestens 15% Gewinn machen, um gegenüber dem Broker in die Gewinnzone zu kommen. Zusammen kommen wir hier also bereits auf Opportunitätskosten von sage und schreibe 60%. Nimmt man dann beim Handel von bestimmten Instrumenten noch Rollierungskosten hinzu, so wird die Gewinnerzielungsabsicht eines Kunden zur kompletten Farce. Nehmen wir an, der Kunde besitzt ein exzellentes Tradingsystem, welches 30% Gewinn im Jahr einfahren kann, so würde selbst ein derartiger Kunde mit mindestens 30% minus abschliessen. Das Problem hierbei ist jedoch ein ganz anderes, nämlich dass es weltweit wohl nur etwa 5% Trader gibt, die den Markt schlagen und dass es nur etwa 1% der Trader schaffen, mehr als 15% Gewinn zu erzielen, eine Leistung die neben Warren Buffet bisher nur wenige erreicht haben.

Intransparenz der Abrechnungen
Ein weiterer Stein des Anstosses sind falsche Kommissionsabrechnungen bei CFD-Brokern. Oftmals werden Gebühren akkumuliert und zu einem späteren Zeitpunkt als Block abgebucht, was bei vielen Kunden schon zu bösen Überraschungen geführt hat. Auch werden von einigen CFD-Brokern bei angeblich gebührenfreien Trades auf Indices Kommissionen erhoben. Treten für die Kunden Probleme auf, werden diese von den CFD-Brokern meistens abgestritten, und der Kunde soll den Beweis erbringen, dass der Broker einen Fehler gemacht hat. Selbstverständlich treten die oben aufgeführten Kosten bei der Demo-Software nicht auf, erst wenn der Kunde mit echtem Geld arbeitet, schlägt die Kostenspirale gnadenlos zu. Die Demo-Software hat also keine andere Funktion als den Kunden der Illusion hinzugeben, sie könnten mit einem CFD-Konto fantastische Gewinne einfahren, da die oben aufgeführten Kosten dort nicht auftreten. Tatsächlich ist jedoch nur eines fantastisch: Die Dreistigkeit der Abzocke gegenüber den Kunden. Fällt aufgrund eines technischen Versagens die Plattform aus, muss der Anleger auch dafür noch mögliche Kursverluste tragen. Der CFD-Broker haftet also auch hier für keine Fehler, die er selbst zu verantworten hat.

Fazit: Wehret den Anfängen
Bei CFD-Brokern handelt es sich um ein todsicheres System, bei dem der Broker immer und der Kunde so gut wie nie gewinnt. Beim Einsatz von hohen Hebeln können hin und wieder zwar hohe Gewinne erzielt werden, es muss jedoch beachtet werden, dass jemand, der mit Hebel 10 unterwegs ist, bei einer Tagesbewegung eines Rohstoffwertes von 10%, was in bestimmten Marktphasen durchaus auftreten kann, bereits einen Totalverlust einfahren würde, wenn er, wie viele unbedarfte Anleger, ohne Stops arbeitet. Aber auch Anleger, die Stops setzen, verlieren sehr viel Geld, da hohe Volatilitäten zu Ausstoppkosten von 50% und mehr des Portfoliowertes führen können. Nun, wer wie Don Quijote von der Mancha gegen Windmühlen kämpfen und wer sein ganzes Vermögen in kurzer Zeit verlieren will, sollte ein Konto bei einem CFD-Broker eröffnen. Im Zweifelsfall geht es hier sogar schneller als im Spielcasino.
Wer jedoch nachhaltige Gewinne an den Finanzmärkten erzielen will, der sollte ein Konto bei einem kostengünstigen Onlinebroker eröffnen, der sowohl beim Spread, beim Slippage als auch bei den Transaktionskosten die Kunden nicht über den Tisch zieht.

Rückkehr zur Tugend
Die Anleger sollten wieder zu den Tugenden des wert- und wachstumsorientierten Anlegens zurückkehren, denn die künstliche Welt der Derivate hat das Potenzial viele Kunden in Rekordzeit zu enteignen. Wer den Verlockungen des schnellen Geldes nicht widerstehen kann, wird nicht an den Finanzmärkten als solche scheitern, was sonst die natürliche Ursache wäre, sondern an einem der kostspieligsten Tradingsysteme, welches es heute im Bereich des Brokerage gibt. Es bleibt zu hoffen, dass die Aufsichtsbehörden diesem Treiben bald Einhalt gebieten, denn es dürfte wohl weltweit keine mehr auf Abzockerei ausgerichteten Banksterpraktiken geben als diejenigen der CFD-Broker. Deshalb muss vom CFD-Handel mit diesen Derivaten dringend abgeraten werden. Allzu oft verschwindet das gesamte Kapital des Kunden im Schwarzen Loch des Brokers auf nimmer Wiedersehen.

Interview mit Artur P. Schmidt im Deutschen Anleger-Fernseher (DAF) vom 09.08.2011

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Über Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit  der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag erschienen ist, heisst  «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com, www.wallstreetcockpit.com, www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH. Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.

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