Britische Regierung legt wegen Brexit Milliarden beiseite

Britische Regierung legt wegen Brexit Milliarden beiseite
Grossbritanniens Finanzminister Philip Hammond.

London – Die britische Regierung legt in den kommenden beiden Jahren drei Milliarden Pfund (rund 3,4 Milliarden Euro) für den anstehenden EU-Austritt zurück. Damit solle das Land auf «jedes mögliche Ergebnis» beim Brexit vorbereitet werden, sagte Finanzminister Philip Hammond am Mittwoch im Parlament in London bei der Vorstellung der jüngsten Haushaltsplanungen. Knapp 700 Millionen Pfund seien bereits in Brexit-Vorbereitungen investiert worden.

Beobachter interpretierten die Ankündigung teilweise als Eingeständnis der Regierung, dass die zäh verlaufenden Verhandlungen mit Brüssel scheitern könnten. Hammond zufolge befinden sich die Gespräche in einer «entscheidenden Phase».

Grossbritannien wird die EU im März 2019 verlassen. Sollte bis dahin kein Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen London und Brüssel vereinbart sein, wird mit erheblichen Folgen für die Wirtschaft und andere Bereiche gerechnet – beispielsweise würden Zölle für den Warenverkehr anfallen. Für die notwendigen Kontrollen an den Häfen müssten erhebliche Kapazitäten geschaffen werden.

Sorgen dürften dem Schatzkanzler zurückgestufte Erwartungen für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts bereiten. Das «Office for Budget Responsability» stufte seine Wachstumsprognose für 2017 von 2 Prozent auf 1,5 Prozent herunter, wie Hammond mitteilte. Die Produktivität bleibe «hartnäckig» niedrig./

Nordirland soll trotz Brexit in Zollunion und EU-Binnenmarkt bleiben
Derweil sieht Irland immer noch hohe Hürden vor der Ausweitung der Brexit-Verhandlungen mit Grossbritannien im Dezember. Nötig sei eine schriftliche Zusicherung aus London, wie eine feste Grenze zwischen Irland und Nordirland vermieden werden soll, sagte Aussenminister Simon Coveney am Mittwoch in Belfast. «Wir brauchen viel mehr Klarheit und viel mehr Sicherheiten», betonte er. «Wir können nicht einfach darauf vertrauen, dass der versprochene Scheck schon in der Post ist.»

Er schlug vor, dass zumindest Nordirland nach dem EU-Austritt Grossbritanniens in der Zollunion und im EU-Binnenmarkt bleibt. Sonst würden sich die rechtlichen Rahmenbedingungen so auseinander entwickeln, dass Grenzkontrollen in Irland letztlich unvermeidlich wären. Das werde seine Regierung niemals akzeptieren, sagte Coveney.

Es gebe eine «vernünftige Chance», dass London die geforderte Zusicherung noch rechtzeitig vor dem EU-Gipfel Mitte Dezember abgebe und die Verhandlungen über die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und Grossbritannien dann gestartet werden, wie London es sich wünscht. «Grossbritannien hat es in der Hand», sagte Coveney. «Sie können die Chancen auf 90 Prozent steigern. Aber wir brauchen Bewegung.» Er bezog dies auch auf die finanziellen Zusagen Grossbritanniens an die EU, die ebenfalls noch nicht ausreichten.

Irland sieht sich als Hauptleidtragender der britischen Entscheidung, die EU 2019 zu verlassen. Die Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland ist seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 faktisch unsichtbar, die gesamte Insel funktioniert als gemeinsamer Wirtschaftsraum. Irland fürchtet nicht nur Handelshemmnisse, sondern auch neue politische Spannungen zwischen probritischen und nationalistischen Kräften in Nordirland, die vor 1998 jahrzehntelang einen blutigen Konflikt austrugen. (awp/mc/pg)

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