Die Experten von Aberdeen Investments mit Einschätzungen zu US-Notenbank, US-China-Beziehungen, Bank of Japan

Die Experten von Aberdeen Investments mit Einschätzungen zu US-Notenbank, US-China-Beziehungen, Bank of Japan
Ray Sharma-Ong, stellvertretender globaler Leiter für Multi-Asset-Bespoke-Lösungen bei Aberdeen Investments. (Bild: Aberdeen/mc)

Ray Sharma-Ong, stellvertretender globaler Leiter für Multi-Asset-Bespoke-Lösungen bei Aberdeen Investments, nach der US-FOMC-Sitzung am 29. Oktober:

FOMC-Update und Marktausblick:

  • Die US-Notenbank unterstrich ihre Unabhängigkeit von politischem Druck, indem sie die Zinsen um 25 Basispunkte senkte und damit signalisierte, dass ihre Entscheidungen weiterhin von wirtschaftlichen Bedingungen und nicht von politischen Erwägungen geleitet werden. Gleichzeitig räumte die Fed ein, dass der anhaltende Regierungsstillstand den Zugang zu Wirtschaftsdaten einschränkt. Aufgrund dieser eingeschränkten Datenlage verzichtete sie darauf, klare Hinweise zu geben, ob bei der Sitzung im Dezember 2025 eine weitere Zinssenkung folgen wird. Powells Aussagen deuten darauf hin, dass die Fed davon ausgeht, dass der Stillstand bis Dezember 2025 andauern könnte.
  • Darüber hinaus kündigte die Fed an, dass das Programm der quantitativen Straffung (QT) am 1. Dezember 2025 endet. Ab diesem Datum sollen die Rückflüsse aus Hypothekenpapieren (MBS) in US-Staatsanleihen (Treasury Bills) umgeleitet werden. Diese Zeitplanung enttäuschte die Märkte, die eine frühere Umsetzung im November erwartet hatten. Aktien- und Anleihemärkte reagierten negativ auf Powells restriktiven Ton bei der Pressekonferenz, was den Rahmen «Bad News is Good News» verstärkte: Schwächere Wirtschaftsdaten könnten weitere Lockerungen auslösen und somit Aktienmärkte stützen.
  • Sobald der Regierungsstillstand endet und wieder Makrodaten vorliegen, rechnen wir mit einer Zinssenkung im Dezember 2025. Der Stillstand, kombiniert mit jüngsten Unternehmensmeldungen, hat die Sorgen über Entlassungen und Einstellungsstopps verstärkt. Der Arbeitsmarkt befindet sich im Wandel, und schwache Beschäftigungszahlen dürften folgen, sobald die Berichterstattung wieder aufgenommen wird.
  • In der Zwischenzeit, bei begrenzten Daten und ohne Zusage einer Zinssenkung im Dezember, dürften die kurzfristigen Zinsen hoch bleiben – was den US-Dollar stützt. Dieses Umfeld wirkt sich negativ auf kleine und mittelgrosse Unternehmen aus, die oft stärker von variabel verzinsten Schulden betroffen sind.
  • Nach der Fed-Entscheidung richtet sich die Marktaufmerksamkeit nun auf die Unternehmensgewinne und die bevorstehenden US-China-Handelsgespräche in Korea.

Technologiewerte: Widerstandsfähig gegenüber makroökonomischen Gegenwinden

  • Technologie bleibt der Haupttreiber der Aktienmarktperformance. Die «Magnificent 7»-Technologieunternehmen lieferten starke Ergebnisse und optimistische Prognosen; die Investitionspläne der Hyperscaler übertrafen die Erwartungen. Aufgrund des Umfangs und der langfristigen Natur dieser Investitionen – mit Fokus auf KI-Infrastruktur, Cloud-Services und Datencenter-Erweiterung – sind sie weniger anfällig für kurzfristige konjunkturelle Schwankungen. Im Gegensatz zu diskretionären Ausgaben sind diese Projekte strategisch und entscheidend für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit im KI- und Cloud-Ökosystem. Daher dürften Technologiewerte, insbesondere solche aus den Bereichen Halbleiter, Speicher und Advanced Packaging, weniger stark unter makroökonomischen Gegenwinden leiden.
  • In Asien sind Südkorea und Taiwan gut positioniert, um von ihrer Schlüsselrolle im Halbleiter- und Foundry-Ökosystem zu profitieren. Taiwan ist weltweit führend in der fortschrittlichen Chipfertigung, während Korea im Bereich Hochleistungs-Speicher (HBM) und Advanced-Packaging-Technologien dominiert, die für Hyperscaler-Rechenzentren unerlässlich sind. Diese strukturellen Vorteile versetzen beide Märkte in eine gute Position, um vom Investitionsschub der globalen Hyperscaler in KI- und Cloud-Infrastruktur zu profitieren.

US-China-Handelsgespräche: Positiv, wenn Waffenstillstand verlängert oder Teilergebnisse erzielt werden

  • Die für heute Abend (30. Oktober 2025) geplanten Verhandlungen zwischen den USA und China dürften die Marktstimmung in den November hinein beeinflussen. Die Gespräche umfassen ein breites Spektrum wichtiger Themen – darunter Exportkontrollen für Chips, Versorgung mit seltenen Erden, Zollstrukturen, Maßnahmen im Zusammenhang mit Fentanyl sowie den Handel mit wichtigen Gütern wie Sojabohnen und Nvidia-Exporten. Auch der Abschluss des TikTok-Deals steht auf der Agenda.
  • Beide Seiten treten mit unterschiedlichen Hebeln in die Gespräche ein: China verfügt über grossen Einfluss durch seine Dominanz bei seltenen Erden, während die USA im Bereich des Chip-Designs im Vorteil sind. Jede Verlängerung des aktuellen Waffenstillstands oder ein Teilabkommen würde von den Märkten positiv aufgenommen, da sie die drohende Einführung zusätzlicher 100 %-Zölle zum 1. November 2025 abwenden würde. Fortschritte in diesen Punkten dürften US-Aktien sowie die breiten chinesischen Märkte und insbesondere den chinesischen Technologiesektor stützen.

Sree Kochugovindan, Senior Research Economist bei Aberdeen Investments, nach der Entscheidung der Bank of Japan am 30. Oktober:

  • Keine Überraschungen seitens der Bank of Japan – der Leitzins bleibt unverändert bei 0,5 %. Mit nur zwei Gegenstimmen, ebenso wie im Vormonat, besteht noch kein Konsens für eine Zinserhöhung im Dezember.
  • Die Prognosen wurden leicht angepasst, was eher auf Feintuning als auf eine Richtungsänderung hindeutet. Trotz einer weiterhin deutlich über dem Ziel liegenden Inflation bleibt die BoJ vorsichtig, da steigende Lebensmittelpreise als Haupttreiber gelten und die zugrunde liegende Dienstleistungsinflation bestenfalls verhalten ist.
  • Der Gesamtton der Pressekonferenz war dovish. Die Frühjahrs-Lohnverhandlungen bleiben der zentrale Orientierungspunkt für die Geldpolitik der BoJ. Gouverneur Ueda äußerte Bedenken, dass durch Zölle belastete Branchen – etwa die Industrie – Schwierigkeiten haben könnten, Löhne zu erhöhen. Erste Anzeichen einer Lohnstärkung sollten bis zur Januarsitzung erkennbar sein.
  • Angesichts von Fragen zur Unabhängigkeit stellte Ueda klar, dass die BoJ entsprechend ihrem gesetzlichen Mandat und nicht unter politischem Druck handeln werde. Selbst Premierministerin Takaichi bekräftigte das BoJ-Gesetz, das die Unabhängigkeit der Notenbank rechtlich garantiert.
  • Details zum Nachtragshaushalt und zum Hauptbudget sollen bis Jahresende feststehen und dürften den Konsum und das Wachstum unterstützen – was die nächste Zinserhöhung rechtfertigen könnte.
  • Wir halten an unserer Einschätzung fest, dass die Bank frühestens im Januar um 25 Basispunkte auf 0,75 % anheben wird. Danach erwarten wir einen sehr graduellen Erhöhungszyklus, während die BoJ auf eine Beschleunigung der binnenwirtschaftlich getriebenen Inflation wartet.

(Aberdeen Investments/mc/ps)

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