Europa vor der Wende: Fundamentaldaten sprechen für ein Comeback

Europa vor der Wende: Fundamentaldaten sprechen für ein Comeback
Francesco Sedati, Head of Equity Research & Portfolio Management bei Eurizon. (Bild: Eurizon)

Von Francesco Sedati, Head of Equities bei Eurizon

Die Bewertungen mögen zwar relativ hoch erscheinen, aber das makroökonomische Umfeld spricht für eine Präsenz an der Börse. Die Fiskal- und Geldpolitik spielen weiterhin eine stützende Rolle und die Unternehmensgewinne weltweit weisen eine gesunde Entwicklung auf.

Das Szenario für das Jahr 2025 in Europa war ungewöhnlich. Nach einem soliden Start verlor der Markt im Vergleich zu den USA an Schwung. Der Grund: Die Stärke des Euro hat die Exporteure belastet und einen Grossteil der relativen Underperformance gegenüber den USA erklärt. Dieser Gegenwind sowie die Unsicherheit hinsichtlich der Zölle, hat die Investitionsentscheidungen bei einigen globalen Unternehmen auf Eis gelegt und die Anleger in Richtung Europas Binnenwerte gedrängt. Dazu zählen Banken, Industrieunternehmen sowie die Luft- und Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie. Dies war das Jahr der binnenorientierten europäischen Sektoren.

2026 bringt Chancen für Europas Unternehmen
Mit Blick auf 2026 erwarten wir eine allmähliche Normalisierung. Wahrscheinlich haben wir bereits die schlimmste Phase der Dollarabwertung hinter uns. Wenn dieser Druck nachlässt und die Unsicherheit bei den Zöllen abnimmt, dürften die Exporteure wieder stärker von der Ertragsdynamik profitieren. Diese Wende würde zu einem weiteren Faktor passen: Europa ist der einzige grosse Markt, der in den letzten 12 Monaten keine wirkliche Verbesserung der Multiplikatoren gesehen hat. Eine Veränderung im Konjunkturzyklus und die fiskalischen Impulse in Deutschland könnten als Katalysatoren für Gewinne und somit für eine Verbesserung der Bewertungen wirken. Selbst in den am stärksten betroffenen Segmenten von 2025, wie beispielsweise der Konsumgüterbereich – sehen wir Anzeichen für eine Erholung. Es ist eine Stabilisierung der Konsumgewohnheiten zu beobachten, was die Erholung verschiedener Unternehmen unterstützen dürfte.

Stock Picking bleibt der Kern – Europa die strategische Ergänzung im globalen Portfolio
Diese spiegelt sich im Portfolio unseres Top European Research Fonds wider. Etwa 70 % des Risikos und des Alphas stammen aus der Aktienauswahl, die restlichen 30 % sind faktorgebunden. Die Liste – mit rund 80 Positionen – strebt ein Gleichgewicht zwischen den Stilen an. Wir wollen eine sehr diversifizierte Aktienliste mit Value- und Growth-Ideen. Der Fonds sollte in jedem Marktumfeld eine Rendite erzielen können.

Der Prozess ist darauf ausgelegt, konsistent und wiederholbar zu sein. Wir kombinieren fundamentale Due Diligence mit quantitativem Screening, um Rotationen und Risiken zu erkennen. Der Fonds soll eine relativ stabile und vorhersehbare Rendite erzielen. All dies wird durch einen strukturellen ESG-Rahmen ergänzt, der für einen Artikel-8-Fonds typisch ist. Das „G“ nimmt dabei eine zentrale Stellung ein: Gutes Management und gute Unternehmensführung sind entscheidend, um gute Renditen zu gewährleisten.

Die Banken waren über mehrere Jahre hinweg ein wichtiger Treiber der Rentabiliät: hohe Kapitalisierung, attraktive Bewertungen und starke Gewinnverbesserung durch Zinsen, Effizienz und niedrigen Risikokosten. Nach dem jüngsten Anstieg haben wir einen Teil der Gewinne realisiert.

Über das Stock Picking hinaus hat die Europa-These einen strategischen Platz in globalen Portfolios, die mit US-Technologie überladen sind, was zum grossen Teil auf den Boom der künstlichen Intelligenz zurückzuführen ist. Europa fungiert als unkorrelierter Bestandteil in Portfolios mit 60–65 % in den USA – zum Grossteil in KI-bezogener Technologie.

Europa wirkt heute als ausgleichender Faktor im globalen Portfolio und bietet weiteres Aufwärtspotenzial – getrieben von steigenden Gewinnen und noch nicht ausgereizten Bewertungsmultiplikatoren. Gleichzeitig bleibt Disziplin entscheidend – mit geduldiger Titelauswahl, strikter Risikokontrolle und einem Fokus auf Unternehmen mit solider Governance, die Minderheitsaktionäre schützt.

Eurizon

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