EY: Der Schweizer Immobilienmarkt profitiert von der Pandemie

EY: Der Schweizer Immobilienmarkt profitiert von der Pandemie
Claudio Rudolf, Partner und Head Transaction Real Estate von EY in der Schweiz. (Foto: zvg)

Zürich – Die Schweiz bleibt für Investoren auch 2021 ein attraktiver bis sehr attraktiver Immobilienmarkt. Dies sehen 99 Prozent der Investoren so, die von den Immobilien-Experten bei EY Schweiz für die Studie «Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2021» befragt wurden. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Attraktivität sogar noch einmal leicht gestiegen. In Bezug auf das Transaktionsvolumen erwarten 79 Prozent der Befragten für das Jahr 2021 eine Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau. Lediglich 15 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sich das Investitionsvolumen im Jahr 2021 rückläufig entwickeln werde (Vorjahr: 17%).

«Auf globaler Ebene sehen wir mangelnde Anlagealternativen, den hohen Anlagedruck sowie zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit als Treiber für die Anlageklasse Immobilien. Die andauernde Pandemie und der vollzogene Brexit sind zwei aktuelle Beispiele für die zunehmende Volatilität», sagt Claudio Rudolf, Autor und Leiter Transaction Real Estate bei EY in der Schweiz. «Vor diesem Hintergrund erkennen Investoren im Schweizer Immobilienmarkt einen sicheren Hafen, der über mehr Krisenresistenz verfügt als in anderen Ländern.»

Die Attraktivität gilt es jedoch in Abhängigkeit der Nutzungsklasse differenziert zu betrachten. Aufgrund der Corona-Pandemie ist die Risikoaversion der Investoren erneut gestiegen: Fast 90 Prozent der Befragten erwarten einen «run to quality», sowie einen Fokus auf weniger riskante Immobilien-Segmente wie Wohnimmobilien oder Büroimmobilien mit bonitätsstarken Mietern. 75 Prozent der Befragten erwarten ein vermehrtes Aufkommen von sogenannten «Sale-and-Lease-back-Transaktionen». Bei diesem Finanzierungsmodell werden Immobilien an einen Investor verkauft und zur sofortigen Nutzung zurückgemietet. Rudolf sieht darin einen für Investoren weiteren attraktiven und nachvollziehbaren Trend, welcher im Zusammenhang mit dem zusätzlichen Liquiditätsbedarf vieler Unternehmen im rezessiven Umfeld zu beobachten ist.

Megatrend Nachhaltigkeit
Die grosse Mehrheit der Studienteilnehmer (94%) stimmt voll oder eher der Aussage zu, dass Nachhaltigkeitskriterien bei Kaufentscheidungen von institutionellen Investoren zukünftig eine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. 96 Prozent erwarten im Rahmen der Energiestrategie 2050 einen höheren Druck, CO₂-Emissionen zu reduzieren. Mit dem regulatorischen Druck geht die Operationalisierung von ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) einher, die vom Kapitalmarkt getrieben wird, wie 95 Prozent der Umfrageteilnehmer betonen. Die Branche steht jedoch, nach Ansicht von fast 90 Prozent der Befragten, noch am Anfang. «In der Immobilienwirtschaft entsteht ein grosser Anteil der Gesamtemissionen – entsprechend hoch ist die Verantwortung bei der Erreichung der Klimaziele», sagt Daniel Zaugg, Co-Autor der Studie und Leiter Immobiliensektor bei EY in der Schweiz. «Der hohe Druck seitens des Kapitalmarkts und der Regulatoren versetzt die Branche aber auch in die Lage, die Herausforderung jetzt wirkungsvoll und vehement anzugehen.»

Auswirkungen der Pandemie: Unterschiede zwischen Sektoren wachsen
Die befragten Investoren betrachten eine vollständige Erholung von der Corona-Pandemie noch in diesem Jahr über alle Immobiliensektoren hinweg als eher unrealistisch. Als Segmente mit guten Chancen auf Erholung werden von den Befragten sowohl Büroliegenschaften an Zentrumslagen als auch die Ferienhotellerie wahrgenommen. Ebenfalls mittelfristig positive Signale können für die Trendnutzungen Co-Working, Micro-Living oder Serviced Apartments erwartet werden. «Während die Entwicklungen der unterschiedlichen Immobiliensektoren in der Vergangenheit stärker korrelierten – frei nach dem Motto ‘die Flut hebt alle Boote’ – sorgt die Corona-Pandemie für eine stärkere Ausdifferenzierung des Immobilienmarkts», sagt Daniel Zaugg. So gehen jeweils mehr als 47 Prozent der Befragten davon aus, dass sich die Business-Hotellerie, Büroliegenschaften in der Peripherie und Shopping-Center auch langfristig nicht vollständig von der Krise erholen werden.

Erstmals wieder rückläufige Preisniveaus erwartet
Was die antizipierte Kaufpreisentwicklung angeht, erweist sich das Wohnsegment erneut als Fels in der Brandung. Hier erwarten die Umfrageteilnehmer abhängig von der Lage überwiegend steigende und gleichbleibende Preise. Ähnliches gilt für Logistikimmobilien. Von diesen beiden Segmenten abgesehen, prägen 2021 jedoch sinkende Preiserwartungen das Bild. Im Gegensatz zum Vorjahr sind von diesen Erwartungen allerdings nicht nur Immobilien in der Peripherie betroffen. Vor allem die Business-Hotellerie sieht sich mit negativen Entwicklungsaussichten, Insolvenzrisiken und damit fallenden Preisen konfrontiert. Allerdings ist nach Ansicht der Befragten auch bei Detailhandelsflächen und sogar bei Büroimmobilien ausserhalb der «1-a-Lagen» mit einer negativen Preiskorrektur zu rechnen. Dieses Bild widerspiegelt sich auch beim Investmentfokus der Befragten, von denen 73 Prozent Wohnimmobilieninvestments stark präferieren, gefolgt von Logistik- (32%), Gesundheits- (31%), Büro- (13%) und Hotelimmobilien (6%). Wie schon im Vorjahr ist der Detailhandel weit abgeschlagen – hier sieht fast keiner der befragten Investoren einen starken Fokus seiner Anlagestrategie (1%).

Digitalisierung in den Unternehmen immer wichtiger
Die Digitalisierung gilt nach wie vor als äusserst signifikanter Trend und wird mit 87 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr (82%) gar als noch zentraler wahrgenommen. Ebenfalls stimmt die grosse Mehrheit der Befragten (95%) der Aussage zu, dass die Digitalisierung einen immer höheren Stellenwert im Unternehmen einnimmt. «Die Digitalisierung hat durch die Auswirkungen der Pandemie nochmals zusätzlichen Schub erhalten. Wenn grosse Teile der Mitarbeitenden im Homeoffice arbeiten, ist die Belastbarkeit digitaler Prozesse schlicht überlebensnotwendig. Die Digitalisierung wird aber auch die zukünftige Büronutzung sowie den Flächenbedarf stark beeinflussen», sagt Daniel Zaugg. Aber auch die Bedeutung von durch die digitale Transformation realisierbaren Effizienzgewinnen wächst: Waren es im Vorjahr noch 80 Prozent der Befragten, so erwarten dies 2021 bereits 91 Prozent. Eine wichtige Rolle für die unternehmensübergreifende Digitalisierung spielen weiterhin auch Datenstandards – 91 Prozent der Umfrageteilnehmer erachten sie als Grundlage.

Digitalisierung und demografischer Wandel relevanteste Megatrends
Nach der Digitalisierung betrachten die Befragten den demografischen Wandel als relevantesten Megatrend für den Immobilien-Investmentmarkt in den kommenden fünf bis zehn Jahren (87%), gefolgt vom Klimawandel (83%), der gegenüber dem Vorjahr (67%) weiter an Bedeutung gewinnt. Eher eine untergeordnete Bedeutung werden der Zinsentwicklung (69%), politischen Unsicherheiten (53%) und der Globalisierung der Investmentströme (39%) beigemessen. Eine weitere, künftige Pandemie und damit einhergehende Einflüsse auf den Schweizer Immobilienmarkt schliessen 37 Prozent der befragten Investoren nicht aus.

Informationen zur Studie
Für das «Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2021» von EY Real Estate Switzerland wurden im Oktober 2020 74 Investoren befragt, die in den vergangenen Jahren am Schweizer Immobilienmarkt aktiv waren. Die Befragung wird seit 2011 jährlich durchgeführt. Das Barometer soll eine jährlich aktualisierte Einschätzung des Schweizer Immobilien-Investitionsmarktes durch professionelle Immobilien-Investoren wiedergeben und zudem einen Ausblick auf die Strategie ermöglichen, die Investoren in den nächsten zwölf Monaten in der Schweiz verfolgen.

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