GRIMALDI & PARTNERS: Angst ist ein schlechter Ratgeber für langfristig orientierte Anleger

GRIMALDI & PARTNERS: Angst ist ein schlechter Ratgeber für langfristig orientierte Anleger
Silvano Grimaldi, CEO Grimaldi & Partners. (Bild: zvg)

Zürich – Welche Auswirkungen wird der Ukrainekrieg auf Konjunktur und Inflation haben? Ist an den Aktienmärkten mit dem Einbruch von Mitte März das Schlimmste vorbei? Silvano Grimaldi, CEO der unabhängigen Vermögensverwaltung Grimaldi & Partners AG, gibt Ihnen Antworten auf diese Fragen.

Unsicherheiten, Ängste und Volatilität
Neben den Unsicherheiten über die Auswirkungen der bereits beschlossenen sowie der noch zu erwartenden Reaktionen der Notenbanken auf die hohen Teuerungsraten, beeinflussen gegenwärtig Ängste über die geopolitischen und wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine das Verhalten vieler Anleger. Die seit gut einem Jahr abwechselnd steigenden und sinkenden Volatilitätsindizes für Aktien und Anleihen sind ein Indiz für das Ausmass der weit verbreiteten Unsicherheiten und Ängste. Die Volatilitäten von Anleiherenditen und Aktienkursen dürften insbesondere viele der privaten Anleger beunruhigen. Allerdings wird dabei häufig übersehen, dass z.B. der SMI gegenwärtig rund 10 Prozent höher liegt als noch vor einem Jahr (Stand 21. März).

Sorgen um die konjunkturelle Entwicklung
Insbesondere über die nicht nur kurzfristigen, sondern auch die mittelfristigen globalen Auswirkungen der gegen die Russische Föderation (RF) verhängten Sanktionen besteht noch wenig Klarheit. Fest steht lediglich, dass die einzelnen Wirtschaftsräume die Folgen der gegen die RF verhängten wirtschaftlichen Sanktionen unterschiedlich stark zu spüren bekommen werden. Aufgrund der hohen Abhängigkeiten einiger europäischer Volkswirtschaften würde ein weitgehender Verzicht auf Importe der Energieträger Öl, Kohle und Gas aus der RF vor allem für diese Länder zu kurzfristig nicht einfach zu lösenden gravierenden volkswirtschaftlichen Problemen führen.

Ob, und in welchem Ausmass, die zu erwartenden Verringerungen des privaten Verbrauchs sich auf die BIP-Entwicklungen in den USA, in der EU und anderen europäischen Ländern auswirken werden, hängt auch davon ab, wie sich die Weltwirtschaft – angesichts eines möglicherweise noch länger dauernden Krieges in der Ukraine – entwickeln wird. Eine deutliche Abschwächung des Wachstums der Weltwirtschaft kann – trotz einer boomenden und praktisch nicht unter den Sanktionen leidenden US-Wirtschaft (gute Arbeitsmarktverfassung, anhaltende kräftige Fiskalimpulse, steigende Exporte von Rüstungsgütern usw.) – gegenwärtig nicht mehr ausgeschlossen werden.

Der natürliche Zinssatz soll nicht überschritten werden
Aktienanleger machen sich teilweise Sorgen wegen steigender Leitzins- und Kapitalmarktsätze. Steigende Zinssätze führen aber nicht in allen Fällen auch zu Kursrückgängen an den Börsen. Solange die Leitzinssätze abzüglich der jeweils erwarteten Teuerungsraten unter dem natürlichen Zinssatz liegen (= Zinssatz, bis zu dem die Notenbank den Zins erhöhen kann, ohne die Wirtschaft zu bremsen), können sich Unternehmen und private Haushalte weiterhin relativ günstig refinanzieren.

Die Zinsanstiege werden begrenzt bleiben
Die in den USA aktuell noch bei knapp 3 Prozent liegenden fünfjährigen Teuerungserwartungen würden bereits Leitzinssätze erfordern, die angesichts der hohen Verschuldung des öffentlichen und des privaten Sektors mit hoher Sicherheit zu einer nicht mehr tragbaren Zinslast führen dürfte. Eine Rezession wäre dann unvermeidlich. Auch die EU und einige andere europäische Länder sind in einer vergleichbaren Lage. Die vielfach erwarteten Zinsanstiege werden daher begrenzt bleiben und an der Attraktivität von Aktienanlagen gegenüber Staats- und den meisten Unternehmensanleihen nur wenig ändern.

Growth- oder Value-Aktien?
Die die Wahl zwischen Growth- und Value-Aktien ist ein häufig diskutiertes Thema. Nicht alle Growth-Aktien sind jedoch aktuell überbewertet, und nicht alle Value-Aktien sind auch unterbewertet. Deshalb ist immer nur die Frage zu beantworten, ob eine Aktie auch längerfristig Rendite verspricht. Ein Investor sollte bei einem Anlageentscheid daher in erster Linie jene die Entwicklung eines Unternehmens im Wesentlichen bestimmenden Fundamentaldaten berücksichtigen. Dazu gehören, neben den traditionellen Bewertungsmassstäben Kurs-Gewinn-Verhältnisse, Kurs-Buchwert-Verhältnisse usw., insbesondere die historischen Verläufe der Dividenden- und Eigenkapitalrenditen und die Aussichten auf künftige Gewinne. Investitionen in Aktien von Unternehmen, deren Marktpositionen gefährdet sind oder die bis dato praktisch noch keine Gewinne erwirtschaften konnten, sollten in von Unsicherheiten geprägten Zeiten möglichst gemieden werden.

Fazit
Aufgrund der zu erwartenden Aktienkursvolatilitäten sollten vor allem die privaten Anleger nach wie vor ein Mix von Investitionen in Aktien dividendenstarken Unternehmen (Dividendenwerte) (Home Bias) sowie Aktien wachstumsstarker und etablierter Unternehmen (Wachstumswerte) wie v.a. die US-Tech-Giganten bevorzugen. Es sind meist auch Aktien von Unternehmen, die selbst in einem Umfeld mit höheren Zinsen noch solide Zuwächse bei Umsätzen und Gewinnen erzielen können. Die Ausschüttungen dürfen jedoch nicht zulasten der Substanz eines Unternehmens gehen. Verlässlich erwirtschaftete Cashflows und solide Bilanzen sind Indizien dafür, dass auch künftig ein Ausschüttungs- und Wachstumspotenzial vorhanden sein wird. (GRIMALDI & PARTNERS/mc/ps)

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