Historische Klimaaufzeichnungen helfen künftige Naturgefahren beurteilen

Historische Klimaaufzeichnungen helfen künftige Naturgefahren beurteilen

«Gasthaus zur Krone, Basel»: Dank diesem Bild des Malers Louis Dubois und weiteren historischen Dokumenten ist es Klimahistorikern gelungen, die Spitzenabflüsse von extremen Hochwassern des Rheins in Basel zu rekonstruieren. Das Bild zeigt ein Hochwasser vom September 1852. Zu dieser Zeit wurden die Pegelstände noch nicht instrumentell gemessen, deshalb wurde das Hochwasser bisher auch in keiner Statistik erwähnt. (Foto: Staatsarchiv Basel-Stadt, BILD 13, 323)

Bern – Eine neue Online-Datenbank unterstützt Forschung, Verwaltungen und Planungsbüros bei der Analyse von Naturgefahren. Die einzigartige Datenbank «Euro-Climhist» umfasst 125’000 historische Daten zu Wetter, Klima und Naturgefahren für die Schweiz. Entwickelt wurde sie an der Universität Bern mit Unterstützung des Swiss GCOS Office beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz.

Wie häufig kommt es in der Schweiz zu Hochwassern wie im August 2005, als Überschwemmungen und Erdrutsche sechs Menschenleben forderten und Schäden von rund 3 Milliarden Franken verursachten? Informationen zu Häufigkeit und Umfang von Naturkatastrophen sind von grossem praktischem Wert. Nicht nur fürs Planen von Schutzmassnahmen gegen reissende Bergbäche, sondern auch zur Beurteilung der Sicherheit von Atomkraftwerken.

Ein Blick in die Vergangenheit
Um die Häufigkeit von extremen Naturereignissen abzuschätzen, braucht es einen Blick in die Vergangenheit. Erst beim Vergleich über mehrere Jahrhunderte zeigt sich, wie wahrscheinlich grosse Überschwemmungen, Schlammlawinen oder Dürreperioden sind und ob sich ihr Auftreten im Laufe der Zeit verändert. Neben Risikospezialisten und Klimaforschenden sind zum Beispiel auch Versicherungen auf solche Informationen angewiesen. Sie berechnen ihre Prämien anhand von sogenannten Jahrhundertereignissen und sind deshalb an möglichst langen Vergleichsperioden interessiert.

Historische Daten von grossem Wert
Doch Daten, die weiter als in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen, waren bis anhin selbst für Spezialistinnen und Spezialisten kaum verfügbar. Denn erst mit dem Aufkommen von Messinstrumenten wurden Wetterdaten systematisch aufgezeichnet. Deshalb sind historische Dokumentendaten für Forschung und Praxis von grossem Wert. Sie stammen aus Quellen wie Chroniken, persönlichen Aufzeichnungen, aber auch aus den Buchhaltungen von frühen öffentlichen Einrichtungen wie Spitälern und reichen bis ins Mittelalter zurück.

Mit der Lancierung der «Euro-Climhist»-Datenbank werden solche historischen Daten nur erstmals öffentlich zugänglich gemacht. In einer ersten Phase erhalten Fachleute und interessierte Laien Einblick in Daten aus der Schweiz zurück bis 1550. Später soll «Euro-Climhist» mit Informationen aus weiteren europäischen Ländern sowie für das Mittelalter ausgebaut werden.

Lange Tradition
Die Schweiz verfügt über eine lange Tradition in der Wetter- und Klimabeobachtung. Die weltweit einzigartigen Witterungsdaten und Klimamessreihen werden heute von Forschung, Behörden und Wirtschaft gleichermassen verwendet. Das Oeschger-Zentrum der Universität Bern hat mit Unterstützung des Swiss GCOS Office beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz in den vergangenen Jahren intensiv an der Sichtung, Qualitätskontrolle und Sicherung von historischen Dokumentendaten gearbeitet. Aus diesen Anstrengungen ist die einzigartige Datenbank entstanden, die heute an einer Fachtagung in Bern vorgestellt wurde. «Euro-Climhist» umfasst zehntausende von Daten, die ab 1550 bis zur offiziellen Einführung der Instrumentenmessung in der Schweiz 1864 erhoben wurden.

Die neue Datenbank stellt einen wichtigen Beitrag zum nationalen Klimabeobachtungssystem (GCOS Schweiz) dar. Besonders hilfreich sind die Beobachtungen und Erfahrungen aus der Vergangenheit für die Beurteilung künftiger Naturgefahren. Daher soll «Euro-Climhist» nicht nur der Forschung, sondern auch Verwaltungen und Planungsbüros zur Verfügung gestellt werden. (Universität Bern/mc/pg)

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