Hitachi Vantara: Die Klimakatastrophe mit KI angehen

Hitachi Vantara: Die Klimakatastrophe mit KI angehen
Anya Rumyantseva, Data Scientist bei Hitachi Vantara.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich – wie die meisten Menschen in der IT-Branche aktuell – wieder zu Hause im Home Office. Das „normale” Leben scheint erneut eine Pause eingelegt zu haben, aber für die Natur gilt dies nicht. Während des ersten Lockdowns als wir uns drinnen aufgehalten haben, eroberten Tiere und Pflanzen die Städte und Dörfer zurück. Es gab Fotos von Bergziegen, die auf den Strassen einer walisischen Stadt spazieren gingen, das wieder blaue Wasser der venezianischen Kanäle, der klare Himmel über China oder vom Aussterben bedrohte Grosskatzen, die in Indien auf verlassenen Strassen herumstreiften. All dies verdeutlichte, wie weit wir Menschen in den vergangenen Jahren in die Natur eingegriffen haben.

Von Anya Rumyantseva, Data Scientist bei Hitachi Vantara

Probleme tendieren zum Bleiben
Auch wenn er vorerst vielleicht in den Hintergrund getreten ist, hat der Klimanotstand nichts von seiner Dringlichkeit verloren. So ist es erst wenige Monaten her, da verursachten schreckliche Überschwemmungen in Venedig Schäden an Häusern, Geschäften und historischen Stätten in Milliardenhöhe. Im australischen Buschfeuer verbrannten 5,5 Millionen Hektar Land in Neusüdwales und vernichteten den lokalen Wildbestand. Oder schauen Sie sich Bilder vom Great Barrier Reef von vor ein paar Jahrzehnten und heute an, um zu sehen, wie saure Gewässer (verursacht durch erhöhtes Kohlendioxid in der Atmosphäre) das vormals lebendige und blühende Korallenriff angegriffen haben.

Bereits vor zwei Jahren warnten Wissenschaftler, dass die Menschheit noch zwölf Jahre Zeit hat, um den Temperaturanstieg auf unserem Planeten auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Schon ein Anstieg um ein halbes Grad mehr würde das Risiko von Überschwemmungen, Dürren und extremer Hitze erhöhen. Die UNO kündigt an, dass wir uns bei unserem derzeitigen Kurs in Richtung drei Grad Celsius globaler Erwärmung bewegen – was einen irreversiblen Anstieg des Meeresspiegels und eine Katastrophe für grosse Küstenstädte auf der ganzen Welt auslösen würde.

Durch Corona und die daraus resultierenden „Lockdowns” reisen weniger Menschen und die Wirtschaft verlangsamt sich. Städte und Regionen berichten über einen erheblichen Rückgang der Kohlenstoffemissionen. Viele Experten erwarten, dass dies Auswirkungen auf die CO2-Werte für das gesamte Jahr haben wird (BBC). Doch das wird natürlich nicht so bleiben, denn irgendwann werden die aktuellen Lockdowns genau wie vor einigen Monaten wieder aufgehoben. Die derzeitigen Massnahmen sind kein nachhaltiger Weg in eine klimafreundliche Zukunft – dauerhafte Lösungen müssen nach wie vor gefunden werden.

Es gibt keinen Königsweg
Viele Spezialisten glauben aber, dass KI-Technologien ein enormes Potenzial haben, um uns dabei zu helfen. Eine der Möglichkeiten, für die KI heutzutage viel genutzt wird, ist die Steigerung der betrieblichen Effizienz. Unternehmen sind datenerzeugende “Bestien”, und sie beginnen, diese Daten in Algorithmen einzuspeisen, um herauszufinden, wo sie Prozesse rationalisieren und Kosten senken können. Dieselbe Technologie kann aber auch genutzt werden, um neue – manchmal überraschend einfache – Wege zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen zu entdecken. Oft kann schon eine kleine Anpassung an die Art und Weise, wie ein Unternehmen eine bestimmte Aufgabe erledigt, einen grossen Einfluss auf die Umweltauswirkungen haben.

Momentan gibt es keine Lösungen von der Stange, daher müssen Unternehmen zunächst ihre emissionsintensivsten Betriebsabläufe – wie zum Beispiel ihre Lieferketten – analysieren und von hier aus überlegen, wie KI-Techniken zur Prozessoptimierung eingesetzt werden können.

Interessante Beispiele gibt es genug speziell in der Logistik- und Transportindustrie. Dieser Sektor ist für etwa ein Viertel der gesamten europäischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Viele dieser Unternehmen sind durch immer effizientere Nachhaltigkeitsziele unter Druck geraten. KI könnte ihnen helfen, diese zu erreichen und sogar zu übertreffen.

Lineage Logistics, ein Kühlhausunternehmen, das Tiefkühlwaren vor ihrem Weg in die Regale der Supermärkte behandelt, zeigt, was möglich ist. Der jährliche Energieaufwand, um die Lebensmittel auf einer konstanten Temperatur von etwa minus 20 Grad zu halten, entsprach ungefähr dem einer mittelgrossen US-Stadt. Durch eine intelligente Kühlung konnten die Gefriertruhen tagsüber (für fünf bis zehn Stunden) ausgeschaltet bleiben, was zu einer Senkung des Energieverbrauchs im Laufe von drei Jahren um 34 Prozent führte. Voraussetzung dazu war absolute Präzision bei der Einhaltung der Gefrierpläne, einschliesslich exakter Vorhersagen, wie sich äussere Einflüsse, wie etwa das Wetter, auf die Temperaturen auswirken würden. Dies war nur mit KI möglich.

Auch Stena Line, einer der grössten Fährbetreiber der Welt, setzt auf KI mit dem Ziel, den Treibstoffverbrauch um 2,5 Prozent pro Seemeile jährlich zu senken. Das Unternehmen entwickelte einen „KI-Kapitän”, der in der Lage ist, verschiedene Szenarien zu simulieren und die optimale Route zur Treibstoffeinsparung vorherzusagen. Der menschliche Kapitän gibt verschiedene Faktoren wie Windverhältnisse, Wassertiefe und Meeresströmungen ein und in Echtzeit ist die KI in der Lage, hilfreiche Empfehlungen zu geben, um das Schiff auf dem besten Kurs zu halten.

In den beiden oben genannten Beispielen haben die beteiligten Unternehmen weder das Rad neu erfunden noch ihr Geschäftsmodell komplett überarbeitet. Eine nachhaltigere Lösung lag hier auf der Hand und konnte mit Hilfe Künstlicher Intelligenz erreicht werden.

Nachhaltige Zukunft im Blick
Der Einsatz von KI-Lösungen könnte die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 um vier Prozent reduzieren. das zeigen Untersuchungen von PwC. Das entspricht den jährlichen Emissionen von Australien, Kanada und Japan zusammengenommen. Um dies zu erreichen, bedarf es jedoch einer gemeinsamen Verpflichtung von Unternehmen und Regierungen, in die richtige Technologie und Infrastruktur zu investieren.

Aber es gibt bereits Projekte, die in diese Richtung gehen: Seit 2015 sind die Scilly-Inseln – eine der am stärksten geschützten Landschaften Englands – Schauplatz eines ehrgeizigen Projekts, das darauf abzielt, den Kohlenstoffausstoss der Insel mit Hilfe von Technologie zu reduzieren. Hitachi, das Council of the Isles of Scilly, das Herzogtum Cornwall, Tresco und die Islands Partnership haben ihre Kräfte gebündelt, um den „CO2-Footprint” der Insel zu reduzieren und die lokale Produktion erneuerbarer Energien zu optimieren. Das Projekt nutzt rund 400 kW an Sonnenkollektoren, die auf 70 Häusern auf der ganzen Insel installiert sind, und arbeitet mit Hitachis IoT-Infrastruktur und einer KI zusammen, die in der Lage ist, Energieverbrauchsgewohnheiten (wie etwa den Stromverbrauch im Haushalt) zu erlernen und zu optimieren.

Hitachi steht an vorderster Front, um Städte wie London bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen. 2019 startete man zusammen mit Partnern (Ofgem, UK Power Networks, Royal Mail, Centrica, Uber und Scottish and Southern Electricity Networks) den weltweit grössten kommerziellen Electronic-Vehicles-Versuch. Optimise Prime wird den Projektpartnern dabei helfen, praktische Wege zur Überwindung der Vorlaufkosten zu finden, die derzeit eine weit verbreitete Einführung von Elektroautos verhindern, und gleichzeitig die Stromkosten senken. Der Datensatz wird öffentlich zugänglich sein, so dass sich Stadtplaner, Stromnetzingenieure und natürlich auch Fahrzeugbetreiber auf Elektroautos vorbereiten können.

Die laufenden Projekte stimmen mich optimistisch, aber all das langt natürlich bei weitem nicht. Die Technologie ist da und einige Unternehmen nutzen sie bereits. Aber es muss ein breiteres Engagement geben, um mit KI und Technologie die Erhaltung der Natur sicherzustellen.

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