InCore Bank: Was die Tokenisierung Banken bringen kann

InCore Bank: Was die Tokenisierung Banken bringen kann
von René Hertach, Head Transaction Banking und stellvertretender CEO bei InCore Bank. (Foto: zvg)

Tokenisierung ist das Finanzthema der Stunde. Glaubt man den mittlerweile zahlreichen Voten dazu, scheint kein Weg daran vorbeizuführen. Dass die Zukunft aller möglichen Vermögenswerte in absehbarer Zeit digital sein wird, entspricht auch der Überzeugung der InCore Bank, die als Schweizer B2B-Transaktionsbank international tätig ist.

Doch was ist unter Tokenisierung zu verstehen? Für materielle oder immaterielle Vermögenswerte wird mithilfe der Blockchain-Technologie ein digitales Abbild, ein sogenannter Token, erzeugt. Entscheidend dabei ist die Verwendung der Blockchain-Technologie. Letztere ermöglicht zahlreiche Vorteile, die über den traditionellen Weg der Verbriefung nur schwer realisierbar sind.

Bei einer Blockchain handelt es sich um einen offenen Ledger, der von unterschiedlichen Marktteilnehmern jederzeit einsehbar ist. Vermögenswerte, die auf der Blockchain verbrieft werden, sind nicht länger in privaten und damit abgeschotteten Hauptbüchern abgelegt. Das schafft neue Möglichkeiten der gemeinsamen Kooperation zwischen Finanzinstitutionen aller Art. Zum Beispiel lassen sich Transaktionen zwischen Marktteilnehmern reibungslos abwickeln und Salden werden automatisch aktualisiert.

Tiefere Kosten in Aussicht
Ein entscheidender daraus resultierender Vorteil sind günstigere Kosten. Noch dürften die Kostenvorteile heute nicht überall ersichtlich sein. Denken wir zurück an die Geburt des Motorfahrzeugs, war das nicht anders. Die ersten Autos waren weder günstiger noch schneller als Kutschen. Erst die kontinuierliche Weiterentwicklung hat letztlich Kutschen als effizientes Fortbewegungsvehikel obsolet gemacht.

Ähnlich wird es mit der Tokenisierung von Vermögenswerten sein. Auch wenn es in der allgemeinen Praxis noch nicht zwingend der Fall ist – die Tokenisierung birgt ein grosses Potenzial zur Kosteneinsparung, das schon in ein paar Jahren so richtig realisiert werden dürfte. Bis anhin gibt es erste Studien, welche die Preisvorteile tokenisierter Vermögenswerte etwas vor Augen führen. Gemäss den Befunden1 von Cashlink Technologies und Finoa lassen sich mit der Tokenisierung Kostenersparnisse von 35 bis 65 Prozent entlang der gesamten Wertschöpfungskette erreichen.

Dass die Tokenisierung zu tieferen Kosten führt, wird vor allem dann ersichtlich, wenn der gesamte Lebenszyklus eines Vermögenswertes in Betracht gezogen wird. So schafft die Tokenisierung erhebliche Preisvorteile bei der Emittierung, der Verwahrung sowie dem Handel von Vermögenswerten. Prozesse können entschlackt sowie automatisiert werden. Auch kann für gewisse Abwicklungen auf Intermediäre verzichtet werden.

Auch Banken profitieren
Typischerweise verlangt die Emission eines traditionellen Vermögenswertes einen Emissionsagenten wie beispielsweise eine Bank. Dieser verrechnet eine Gebühr in Form der Marge und Kosten, die als Buchungs- und Transaktionskosten an die zentrale Verwahrungsstelle gehen. Beide Intermediäre sind im Falle der Tokenisierung nicht mehr vonnöten und der Emissionsprozess kann automatisiert werden: Ein digitaler Token wird kosteneffizient direkt auf der Blockchain abgebildet und abgelegt.

Davon werden auch Banken selbst profitieren. Die Blockchain-Technologie zwingt letztere zwar dazu, ihr Geschäftsmodell zu überdenken, doch bieten sich neue Chancen. So können Banken, dank der Tokenisierung, Vermögenswerte günstiger emittieren. Die Kostenvorteile können an die Kunden weitergereicht werden. Insbesondere bei non-bankable Assets sind die Vorteil am grössten. Sind diese heute aufgrund hoher Kosten oftmals nur sehr vermögenden Kunden zugänglich, verhilft die Tokenisierung dabei, solche einem breiteren Kundensegment zugänglich zu machen. Auch die Verwahrung tokenisierter Vermögenswerte gestaltet sich für Banken günstiger als jene traditionell verwahrter Assets. Denn die Erstellung digitaler Wallets kostet weniger als die Einrichtung von traditionellen Kundenkonten.

Bietet eine Bank eine Lösung für tokenisierte Vermögenswerte an, eröffnet ihr das den Zugang zu einem interessanten, neuen Markt. Immer mehr Menschen halten heute digitale Assets, zum Teil auf privaten, persönlichen Wallets. Besteht die Möglichkeit, diese digitalen Vermögenswerte von einer Bank verwalten zu lassen, schafft das einen neuen Einnahmekanal für die Bank. Verfügt letztere gar über ausgebildete Spezialisten, kann sie dem Kunden den Vorteil eines einheitlichen Reportings zu Steuerzwecken anbieten. Das erhöht den Anreiz für den Kunden, seine digitalen Assets zur Bank zu bringen.

Höhere Liquidität
Dank der Blockchain lässt sich ein Token und damit der digitale Vermögenswert direkt handeln. Investoren haben unmittelbaren Zugang zu Handelsbörsen oder aber der tokenisierte Vermögenswert ist sogar über die zugrundeliegende Blockchain-Technologie selbst handelbar – wie zum Beispiel im Fall dezentralisierter Handelsbörsen. Noch sind Sekundärmärkte dieser Art unreguliert, doch zeigen sie bereits heute grosses kostensparendes Potenzial. Gerade deshalb werden etablierte und damit regulierte Börsen in diesem Bereich bald Lösungen anbieten. Insbesondere für kleinere Börsen besteht hier eine grosse Chance.

Was den Handel also für Individuen vereinfacht, schafft auch Vorteile für Banken selbst. Diese können die digitalen Vermögenswerte ihrer Kunden ebenfalls über die zugrundeliegende Blockchain-Technologie schneller, effizienter und kostengünstiger handeln. Aufgrund der Sicherheitsvorteile, die eine Bank mit sich bringt, wird ein Grossteil der Anleger auch in Zukunft weiterhin seine digitalen Vermögenswerte bei einer Bank verwahren lassen.

Kostengünstigere Emittierung und erleichterte Handelbarkeit erhöhen letztlich die Liquidität aller möglichen Vermögenswerte. Wenn es einfacher wird, einen Vermögenswert einzuführen und zu handeln, setzt das eine Liquiditätsprämie frei. Der Vermögenswert steigt im Wert, denn je höher die Liquidität, desto lukrativer wird das Asset für Investoren.

Gleichzeitig erhöht die Tokenisierung auch das Potenzial sogenannter non-bankable Assets. Dabei handelt es sich um Vermögenswerte, die über die traditionelle Finanzinfrastruktur nur unter grossem Aufwand und hohen Kosten verbrieft werden können. Die Tokenisierung kann auch hier die Kosten senken oder gewisse Vermögenswerte überhaupt erst bankable machen. Für die Banken resultiert dies vor allem in einer Zunahme ihrer verwalteten Vermögen.

Vorteil der Standardisierung und Programmierbarkeit
Standardisierung und Interoperabilität sind bei der Tokenisierung auf technologischer Ebene gewissermassen Naturzustand. Öffentliche Blockchains sind auf eine globalisierte Welt ausgelegt. Die Möglichkeit der Programmierbarkeit ist ebenfalls ein grosser Vorteil.

Es ist möglich, einen digitalen Token mit allerlei Codes zu versehen. Dividenden- oder Zinszahlungen sind automatisierbar. Tokenisierte Vermögenswerte können so Stimmrechte darstellen und Abstimmungen können über die Blockchain-Infrastruktur durchgeführt werden. Es bietet sich die Möglichkeit Fonds einzurichten, die verschiedene Token halten, selbst gemäss programmierten Richtlinien investieren und dabei eigene Fonds-Token ausgeben können.

Die Tokenisierung bringt aber auch einen Vorteil bei der Bekämpfung von Geldwäscherei. Bei tokenisierten Vermögenswerten ist beispielsweise über Jahre hinweg nachvollziehbar, woher die Token kommen und wer sie gehalten hat. Dank Programmierbarkeit kann ein Token zudem mit einem sogenannten «Whitelisting» versehen werden: Nur wer durch den Programmcode berechtigt ist, kann den entsprechenden Token auch halten. Durchgeführte KyC-Prozesse werden über die Blockchain direkt mit anderen Teilnehmern geteilt. Kooperierende Akteure können so vermeiden, dass Prozesse redundant durchgeführt werden, was wiederum Kosten spart. Die Tokenisierung bringt letztlich die Möglichkeit, Steuer- und Governance-Elemente einzubauen, damit Token beliebig kontrolliert und regulatorisch korrekt umgesetzt werden können. Die Kontrolle und Steuerung darüber kann zudem delegiert und mit Partnern geteilt werden.

Erhöhte Sicherheit
Tokenisierte Vermögenswerte in Form von Tokens sind letztlich digitale Inhaberinstrumente. Mit ihren physischen Pendants haben sie gemeinsam, dass sie direkt und eigenständig gehalten werden können. Im Falle eines Tokens gilt: Wer den privaten Schlüssel kontrolliert, hat die Kontrolle über den Token.

Einer Bank verschafft dies neue Möglichkeiten, um auf der Ebene der Verwahrung mit dem Kunden zu kooperieren. So ist beispielsweise eine geteilte Inhaberschaft realisierbar. Ein Kunde kann bei der Handhabung seiner Assets in den Entscheidungs- und Autorisierungsprozess miteinbezogen werden, sofern er dies wünscht. Die Blockchain-Technologie ermöglicht in dieser Hinsicht, die Verantwortung zu streuen und so an der richtigen Stelle für mehr Sicherheit zu sorgen.

Zusammenfassung

  • Tokenisierung schafft eine gemeinsam geteilte Datenbank in Gestalt der Blockchain und erhöht so die Interoperabilität zwischen Banken.
  • Entlang der Wertschöpfungskette können Intermediäre wie Zentralverwahrer weggelassen werden, was die Verbriefung von Vermögenswerten auch für Banken kosteneffizienter macht.
  • Kostengünstigere Emittierung und erleichterte Handelbarkeit erhöhen zudem die Liquidität dieser Vermögenswerte.
  • Kostenersparnisse, die Banken aufgrund der Tokenisierung erfahren, können an den Endkunden weitergegeben werden.
  • Programmierbarkeit schafft eine höhere Flexibilität aber auch Kontrolle bei der Distribution und Attribution von digitalen Vermögenswerten. Künftig werden Banken auch automatisierte Zins- oder Dividendenauszahlungen sowie sich selbstverwaltende Fonds anbieten können.
  • Geteilte Inhaberschaft bietet die Möglichkeit, den Kunden bei Entscheidungs- und Autorisierungsprozessen miteinzubeziehen.
  • Das Potenzial von non-bankable Assets wird grösser und hilft einer Bank dabei, das von ihr verwaltete Vermögen zu steigern.

Quellen
1) Cost Disruption in the Issuance Market, a report by Finoa und Cashlink.

Über den Autor:
René Hertach ist Head Transaction Banking und stellvertretender CEO bei InCore Bank, bei der er seit ihrer Gründung im Jahre 2007 tätig ist. Zuvor sammelte er als Leiter Informatik langjährige Erfahrung in der Finanzbranche. Sein Interesse für digitale Vermögenswerte und deren Potenzial für die Finanzwelt begann schon sehr früh. So war er auch massgeblich daran beteiligt, dass InCore Bank im Jahr 2020 die erste Schweizer Business-to-Business-Bank wurde, welche Finanzdienstleistern und institutionellen Anlegern einen einfachen und sicheren Zugang zu Digital Asset Banking ermöglicht.

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