Klimapolitik: Räte nähern sich Einigung

Klimapolitik: Räte nähern sich Einigung

Bern – Der Ständerat will trotz Energiewende und Scheitern der internationalen Klimaverhandlungen an den Klimazielen festhalten. Er hat jedoch die CO2-Abgabe auf Benzin fallen gelassen und die Regeln für Gaskraftwerke gelockert. Bei der Klimapolitik für die kommenden Jahre nähern sich die Räte damit einer Einigung. Der Ständerat hat am Donnerstag die wichtigsten Differenzen zum Nationalrat ausgeräumt. Weil ein Teil des Rates die Klimaziele über Bord werfen wollte, kam es aber zu einer neuerlichen Grundsatzdiskussion.

Eigentlich hatten sich die Räte längst auf die Ziele geeinigt: Die Schweiz soll ihren CO2-Ausstoss bis ins Jahr 2020 um 20% senken, und zwar vollumfänglich mit Massnahmen im Inland. Manche möchten jedoch darauf zurückkommen. Pankraz Freitag (FDP/GL) beantragte dem Rat kurzfristig, die Vorlage zurückzuweisen.

Schweiz als Musterschülerin

Der FDP-Ständerat begründete dies zum einen mit dem geplanten Atomausstieg, der nun oberste Priorität habe. Zum anderen verwies er auf die internationalen Klimaverhandlungen, welche zu keinen verbindlichen Beschlüssen geführt hätten. Unter diesen Umständen müsse die Schweiz ihr Vorgehen überdenken. «Um den Preis, Musterschüler sein zu wollen, risikieren wir Schaden für unsere ohnehin gefährdete Wirtschaft – ohne einen Nutzen für das Klima zu erzielen», sagte Freitag.

Maschinenindustrie warnt
Zu seinem Antrag bewogen hatte ihn ein Schreiben von Swissmem, dem Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem). Dieser stehe für 330’000 Arbeitsplätze, gab Freitag zu bedenken. Laut dem Verband drohe mit der geplanten Gesetzesrevision eine Abwanderung der Industrie. René Imoberdorf (CVP/VS) pflichtete ihm bei. Gewisse Vorzeichen hätten sich geändert. Die Gegner der Gesetzesrevision verwiesen auch auf die sich abzeichnenden wirtschaftlichen Probleme. Jede zusätzliche Belastung für die Wirtschaft sei zu vermeiden, forderte Roland Eberle (SVP/TG).

Inszenierte Kehrtwende

Die Befürworter sprachen von einer «inszenierten Kehrtwende». «Ich bin schon ein bisschen erstaunt», sagte Verena Diener (GLP/ZH). Die Räte hätten Stunden und Tage damit verbracht, an den Formulierungen zu feilen. «Ich bitte Sie, jetzt nicht alles über Bord zu kippen.» Diener erinnerte auch daran, dass die geplante Revision des CO2-Gesetzes als indirekter Gegenvorschlag zur Klima-Initiative dienen soll. Diese habe grossen Sukkurs in der Bevölkerung.

Überraschungscoup geplant
Die Befürworter kritisierten zudem das Vorgehen. Offenbar planten manche, einen Überraschungscoup zu landen, stellte Konrad Graber (CVP/LU) fest. Auch Umweltministerin Doris Leuthard zeigte sich erstaunt. Geändert habe sich überhaupt nichts. «Der Ausstieg aus der Kernenergie findet nicht morgen oder übermorgen statt», gab sie zu bedenken. Im CO2-Gesetz gehe es um die Klimaziele bis 2020, also um die Zeit noch vor dem Atomausstieg. Ferner bestritt die Umweltministerin, dass die internationalen Klimaverhandlungen gescheitert seien. Mit 30 zu 8 Stimmen lehnte die kleine Kammer schliesslich Freitags Antrag ab.

Keine CO2-Abgabe auf Benzin
Bei den Massnahmen machte der Ständerat jedoch Abstriche. Stillschweigend beschloss er, dem Nationalrat zu folgen und auf eine CO2-Abgabe auf Benzin zu Diesel zu verzichten. Bisher war die Mehrheit im Ständerat der Ansicht gewesen, ohne solche Abgabe könnten die Klimaziele nicht erreicht werden. Auch bei den Gaskraftwerken schwenkte der Ständerat auf die Linie des Nationalrates ein. Mit 19 zu 17 Stimmen sprach er sich für weniger strenge Bestimmungen aus. Damit können Gaskraftwerke 50% der CO2-Emissionen im Ausland kompensieren. Ursprünglich wollte der Ständerat, dass sie mindestens 70% mit Massnahmen im Inland kompensieren müssen.

Vorlage zurück an Nationalrat
Die Vorlage geht mit kleineren Differenzen zurück an den Nationalrat. An seiner Version festgehalten hat der Ständerat bei den Sanktionen im Zusammenhang mit dem Emissionshandelssystem (ETS). ETS-Unternehmen sollen dem Bund für Emissionen, die weder durch Emissionsrechte noch Zertifikate gedeckt sind, einen Betrag von 125 CHF pro Tonne CO2 entrichten. Der Nationalrat will den Betrag bei 160 CHF pro Tonne festlegen. (awp/mc/ps)

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