Martin Waeber, Director ImmoScout24

Martin Waeber, Director ImmoScout24
Martin Waeber, CEO ImmoScout24. (Foto: ImmoScout24)

Martin Waeber, Director ImmoScout24. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Waeber, Sie haben vor rund acht Monaten den Job als Director von ImmoScout24 angetreten. Mit welcher Zielsetzung?

Martin Waeber: Wir wollen für Firmen- wie für Privatkunden sowohl in Bezug auf Suche und Insertion aber auch für Werbung die attraktivste und effektivste Immobilien-Plattform der Schweiz sein.

Zuvor waren Sie bei der Credit Suisse und bei eny Finance im Finanzbereich tätig. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesem Bereich können Sie in Ihrem neuen Arbeitsbereich nutzen?

Es gibt zwei zentrale Elemente, die ich mitnehmen kann: Einerseits habe ich mich in meiner Vergangenheit immer mit Online-Geschäftsmodellen und -Prozessen beschäftigt. Diese Erfahrung kann ich sicherlich auch bei ImmoScout24 als führender Online-Immobilienplattform einbringen. Andrerseits war ich bei der Credit Suisse für das schweizweite Marketing im Retail Banking verantwortlich und habe mich dabei hauptsächlich mit dem Hypothekenmarkt und damit auch mit dem Immobilienmarkt in der Schweiz auseinandergesetzt. Auch dieses Wissen hilft mir in meiner Tätigkeit für ImmoScout24 sehr.

ImmoScout24 geniesst einen hohen Bekanntheitsgrad. Wodurch unterscheidet sich das Portal von anderen Immobilien-Plattformen?

ImmoScout24 ist mit täglich 75’000 aktuellen Angeboten der grösste Online-Marktplatz für Wohn- und Gewerbeimmobilien der Schweiz. Unsere Inserate sind immer topaktuell. Gerade kostenlose Immobilienplattformen können hier nicht mithalten, da sie die Inserate „spidern“, d.h. bei anderen Plattformen absaugen. Diese sind bei der Veröffentlichung dann teilweise schon nicht mehr aktuell. Im Vergleich zu unbezahlten Immobilienplattformen können wir mit Themen wie Informationen per Push Notification und Suchauftrag via Desktop und Mobile punkten. Kurz: bei ImmoScout24 erhalten die User rasch die neusten Inserate zu passenden Immobilien und finden somit schnell und unkompliziert das richtige Objekt.

«Es gibt keine wirkliche Überhitzung, Preisblasen vergehen und der Leerstand steigt allmählich.»
Martin Waeber, Director ImmoScout24

Welche Rolle spielen heute redaktionelle Inhalte?

Grundsätzlich möchte der User vor allem eine gut funktionierende und schnelle Plattform mit einer möglichst grossen Auswahl an passenden Miet- und Kaufobjekten. Redaktioneller Inhalt dient dabei als Zusatznutzen. Es ist unser Service für den User, damit er sich auf ein und derselben Plattform auch gleich zu allen Immobilien-relevanten Themen wie Finanzierung, Umzug, Energie, Einrichtung etc. informieren kann. Wir bieten damit dem User einen zielgerichteten Mehrwert.

Wie oft wird über mobile Geräte und über die App auf Ihre Inserate und Angebote zugegriffen?

Aktuell verzeichnen wir bereits rund 50 Prozent Zugriffe über mobile Endgeräte. Tendenz steigend.

Kommen wir auf den Immobilienmarkt zu sprechen. Da ist seit Jahren die Rede von Überhitzung, Preisblasen, hohen Mieten und tiefen Leerstandsquoten. Welche Entwicklungen konnten Sie in den letzten Monaten feststellen?

Unsere Feststellung: All dies trifft so nicht mehr zu. Es gibt keine wirkliche Überhitzung, Preisblasen vergehen und der Leerstand steigt allmählich. Beim Wohneigentum hat sich ganz klar eine Abkühlung des Preiswachstums bestätigt. Sowohl bei den Eigentumswohnungen mit -2% als auch bei den Einfamilienhäuser mit -0.7% gingen das Preiswachstum im Vergleich zu 2013 klar zurück. Dies deutet auf ein zunehmendes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage hin.

Bei den Mietwohnungen verzeichneten wir 2014 den stärksten Anstieg der Leerstände seit 1997. Seit 2007 stieg der Wert aufgrund der anhaltenden Mietwohnungsproduktion erstmals wieder über 1%. Hier gaben vor allem touristische Regionen und Agglomerationen den Ausschlag. Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist immer noch hoch, durch die Veränderung in der Struktur der Zuwanderung sind jedoch zunehmend günstige Mietwohnungen gefragt.

Die Verschärfungen bei der Hypothekarvergabe haben also bereits Wirkung gezeigt?

Das ist korrekt. Diese Verschärfungen zeigen ihre Wirkung. Paradoxerweise gibt es aber gleichzeitig den gegenläufigen Effekt der historisch rekordtiefen Zinsen. Die aktuellste Entscheidung der SNB bezüglich Negativzinsen wird dieses Spannungsfeld weiter verschärfen. Es wird  interessant sein, hier die weiteren Entwicklungen zu beobachten.

«Ich kann mir aber vorstellen, dass die SNB aufgrund der letzten Zinsentwicklung einen weiteren antizyklischen Kapitalpuffer verlangen wird, um die Kreditvergabe bei Wohneigentum zu zügeln.»

Rechnen Sie mit weiteren Massnahmen – zum Beispiel einem Verbot zum Bezug von PK-Geldern für Wohneigentum –  wie dies der Bundesrat im Juni letzten Jahres diskutiert hat?

Nein, das glaube ich – und hoffe ich – nicht. Ansonsten müsste man sich ja auch überlegen, den Bezug von Pensionskassen-Gelder für die Selbständigkeit zu verbieten. Denn wenn man bedenkt, wie viele neu gegründete Firmen die ersten fünf Jahre nicht überleben, ist hier das Risiko des Kapitalbezugs mindestens gleich hoch, wenn nicht sogar höher – hat die Bank doch beim Wohneigentum wenigstens einen realen Gegenwert. Zudem zeigt sich, dass die seit dem 1. September 2014 in Kraft getretene Selbstregulierung für Hypotheken greift. Ich kann mir aber vorstellen, dass die SNB aufgrund der letzten Zinsentwicklung einen weiteren antizyklischen Kapitalpuffer verlangen wird, um die Kreditvergabe bei Wohneigentum zu zügeln.

Ein Ende des Immobilienbooms dürfte aber gerade angesichts der tiefen Zinsen nicht in Sicht sein?

Dies stimmt definitiv. Der Erwerb von Wohneigentum bleibt für Herr & Frau Schweizer aufgrund des rekordtiefen Zinsniveaus sehr attraktiv. Die Zinssituation lockt ausserdem zunehmend Investoren in den Immobilienmarkt, die dann die Produktion von neuen Immobilien ihrerseits ankurbeln.

Das Wohnungsangebot ist gerade in den Städten sehr knapp. Viele Wohnungen sind kaum bezahlbar, viele gehen unter der Hand weg. Was sind neben der Lage, Grösse und Preis die wichtigsten Faktoren bei der Objektsuche?

Die von Ihnen aufgezählten Faktoren, also Lage, Grösse und Preis sind ganz klar die wichtigsten. Alle weiteren Faktoren sind sehr von individuellen Präferenzen und Vorstellungen geprägt, wie beispielsweise Alter des Objekts, Baustil, modern oder rustikal, und Ausbaustandard.

«Wir beobachten zunehmend einen Trend, sich an der Peripherie der Ballungszentren Wohnraum zu suchen.»

Welches sind die beliebtesten Wohngegenden und wie lange laufen Suchabos auf ImmoScout24 bis zum gewünschten Erfolg?

Die beliebtesten Wohngegenden sind die bekannten Ballungszentren Zürich, Basel, Genf und Bassin Lemanique. Wir beobachten jedoch zunehmend einen Trend, sich an der Peripherie dieser Ballungszentren Wohnraum zu suchen. Dort sind Immobilien bezahlbarer und trotzdem gut erschlossen. Wie lange die individuellen Suchabos jeweils insgesamt laufen, ist schwierig zu sagen, da die meisten User auch bei Erfolg aus Bequemlichkeit ihren Suchauftrag nicht deaktivieren oder löschen. Was wir aber sicherlich sagen können, ist, dass  die meisten User innerhalb von drei Monaten fündig werden.

Stehen bei ImmoScout24 in naher Zukunft Neuerungen und Innovationen an?

Aber sicher! Es gehört zu unseren täglichen Aufgaben, unsere Dienstleistungen und Angebote noch besser auf die Bedürfnisse unserer Kunden und User zuzuschneiden und mit Innovationen noch attraktiver zu werden. Nur so kann ein Marktleader im hoch kompetitiven Online-Business – in dem Halbwertszeiten immer kürzer werden – an der Spitze bleiben.

Worin sehen Sie die grössten Herausforderungen für das Unternehmen in den kommenden Jahren?

Wir werden den Speed hochhalten bzw. den Speed weiter erhöhen, um die Nutzer und das schneller ändernde Userverhalten noch besser zu verstehen. Es gilt, dieses Wissen ebenso rasch zu antizipieren und die Plattform und technologischen Möglichkeiten danach auszurichten. Die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen wird dabei rasant voranschreiten.

Herr Waeber, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Martin Waeber (44) ist seit dem 1. Juni 2014 Director von ImmoScout24 bei der Scout24 Schweiz AG mit Sitz in Flamatt (FR). Er verfügt über eine ausgewiesene Führungserfahrung. So arbeitete er zuvor als Chief Marketing Officer (CMO) und Mitglied der Geschäftsleitung beim Finanzdienstleister eny Finance, als Direktor Marketing & Vertrieb und Mitglied der Geschäftsleitung bei Touring Club Schweiz und als Head Marketing Private Clients (Retail Banking) Schweiz bei der Credit Suisse. Martin Waeber ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Zum Unternehmen:
ImmoScout24 ist mit 75‘000 täglich aktuellen Angeboten der grösste und bekannteste Online-Marktplatz für Wohn- und Gewerbeimmobilien der Schweiz. ImmoScout24 ist ein Geschäftsbereich der Scout24 Schweiz AG, dem führenden Netzwerk von Online-Marktplätzen für Fahrzeuge, Immobilien und Kleinanzeigen.

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