Partyaffären: Härter als Hollywood

Partyaffären: Härter als Hollywood
Die Boulevardpresse urteilt über den britischen Premierminister: «Disgrace» («Schande»). (Foto: ANDY RAIN / EPA-EFE / SPIEGEL)

Eine Kolumne von SPIEGEL-Redakteur Nikolaus Blome

Boris Johnsons Ausflüchte in der Partylügenaffäre sind ganz grosses Kino. Die Regie verdient einen Oscar. Und einen Rücktritt.

Seit ich beim Fernsehen arbeite, trage ich bei bestimmten Auftritten einen »Knopf« im Ohr. Nein, nicht am oder gar im Ohrläppchen, diese Mode habe ich auch schon als Jugendlicher vorbeiziehen lassen, vielleicht war ich schon immer ein wenig konservativ. Über den Knopf im Ohr, den ich meine, gibt der Regisseur einer Sendung Hinweise und manchmal klare Kommandos («Zeit ist rum!»). Und so frage ich mich, was Boris Johnson in den letzten Wochen von seiner Regie »aufs Ohr« gekriegt hat. »Zeit ist rum!« hat offenkundig noch keiner gesagt, denn im Amt ist er ja noch. Aber was er bislang in der Affäre um fast zehn regelwidrige Partys im Corona-Lockdown zu Protokoll gegeben hat, muss ihm jemand vorgeflüstert haben. Das ist so komplett irre für das Drehbuch einer politischen Krise, das ist härter als Hollywood. Und in sehr kurzen Hosen für sehr kurze Beine, so viel, wie da gelogen wird.

Kurzum, ich stelle mir das mit der Stimme ungefähr so vor, und ansonsten ist alles genau so passiert.

Das Ganze beginnt mit Presseberichten, in Johnsons Amtssitz Downing Street No. 10 seien Partys gefeiert worden, die allen Coronaregeln zuwiderliefen, unter denen die Briten damals ächzten. Die Stimme aus der Regie meldet sich ein erstes Mal. Sie sagt in Boris› Ohr: «Leugne alles. Es gab keine Partys. Es gibt keine Partys. Es wird niemals Party geben. Du weisst nicht einmal, was Partys sind.»

«Hmmm», meint die Stimme nach einigen Tagen, «ganz so einfach wird das alles doch nicht». Es folgt eine Reihe von Anweisungen:

«Dann sag: das waren doch keine Paaartys. Du musst das A vor Überraschung und Staunen dehnen, dass jemand auf den Gedanken kommen kann, eine Einladung an über hundert Menschen zu Alkohol und Rumstehen und jede Menge Spass in einem Garten haben könnte so etwas sein wie eine… benutz das Wort auf keinen Fall.»

«Hat nicht geklappt?», fragt die Stimme einige Tage später. «Dann sag: du hast absolut nichts gewusst. Es gab vielleicht Partys, aber wenn, dann hast du absolut nichts davon gewusst.»

Als Nächstes kommt heraus, dass die Einladung zur grossen Gartenparty von Johnsons Büroleiter stammt. Doch die Stimme weiss weiter: «Sag, du kannst dich nicht erinnern. Es gab vielleicht Partys, aber du warst nicht dabei. Definitiv nicht. Also, wahrscheinlich nicht. Na ja, ganz vielleicht doch. Aber du kannst dich nicht erinnern.»

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