Reputation: USA – ein Sanierungsfall

Reputation: USA – ein Sanierungsfall
von Bernhard Bauhofer, Founder & Managing Partner Sparring Partners GmbH. (Foto: zvg)

Noch sind die USA die grösste Wirtschaftsmacht der Welt. Wenn man das Land einmal nach Corporate Management-Kriterien beurteilt, dann ist unübersehbar: USA Inc. hat ein Reputations- und Glaubwürdigkeitsproblem.

• Weisse, männliche Vorherrschaft statt Diversität
Immer noch zehrt der „Schmelztiegel USA“ vom „vom Tellerwäscher zum Millionär“-Mythos. Fakt ist – in kaum einem anderen westlichen Land ist die soziale Ungleichheit so gross wie in dem Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten. Bei USA Inc. haben alte weisse Männer das Sagen. In diesem zementierten Machtgefüge ist ein Aufstieg nach meritokratischen Prinzipien faktisch unmöglich. Unter der Führung von Donald Trump schottet sich das Land zunehmend ab und verliert an Attraktivität für die Art von ausländischen Talenten, welche das Land grossgemacht haben. Stattdessen werden ethnische Minderheiten beleidigt und diskreditiert.

• Willkür statt Wissenschaft und Fakten
Weltweit wächst in der Wirtschaft die Bedeutung von spezialisiertem Know-how und datenbasiertem Management. Nicht so bei USA Inc., wo in der Chefetage Chaos, Unvorhersehbarkeit und Willkür herrschen. Spezialisten – Militär- oder Wirtschaftsexperten oder Virologen – werden zu Statisten degradiert, ihre Expertise hat bei Entscheidungen der Führung allenfalls marginalen Einfluss. Fakten und Daten haben gegenüber der Intuition oder dem Bauchgefühl des Präsidenten meist das Nachsehen.

• Spaltung statt Korpsgeist
„Ich“ statt „Wir“: Gerade in Zeiten, in denen ein Miteinander zur Lösung nationaler wie globaler Probleme mehr denn je gefordert wäre, ist die Führung von USA Inc. auf systematische Spaltung aus, treibt einen Keil zwischen die Menschen, statt sie im Sinne eines gemeinsamen Ziels zusammenzuschweissen und auf eine Vision einzuschwören. Unterm Strich zählt nur, was dem obersten Chef Vorteile bringt.

• Führerkult statt „Unboss“-Kultur
VW, Enron oder UBS – wir kennen viele Beispiele aus der Vergangenheit, bei denen ein zu dominanter Chef und zu unkritische Mitarbeiter ein Unternehmen fast in den Ruin getrieben hätten. Während moderne Unternehmen wie beispielsweise Novartis mit der „Unboss“-Strategie mehr und mehr die Kultur der flachen Hierarchien fördern, findet bei USA Inc. eben diese Ballung von Macht und Aufmerksamkeit auf den Präsidenten statt, der eine Hire & Fire-, Angst- und Ja-Sager-Kultur zelebriert. Blinde Loyalität wird belohnt, Widerspruch bestraft.

• Klimasünder statt ökologisches Vorbild
Statt als wirtschaftliches Powerhouse die von der UNO vorgegebenen Nachhaltigkeitsziele zu fördern und als leuchtendes Vorbild voranzugehen, leugnet USA Inc. den Klimawandel und fördert stattdessen fossile Energien. Im Sinne des Triple-Bottom-Line Ansatzes – hinsichtlich Ökologie, Ökonomie und Soziales – sieht der Leistungsausweis von USA Inc. sehr bescheiden aus.

• Überschuldung statt Kostenmanagement
Seit Jahrzehnten lebt USA Inc. – wie viele andere auch – massiv über die Verhältnisse und die Corona-Pandemie hat die Verschuldung weiter angefeuert – mit der Konsequenz, dass bei Gläubigern und Ratingagenturen Zweifel an der Bonität weiter zunehmen. Die Führungselite, die im grossen Stil Zuwendungen bezieht, steht wegen Korruptionsvorwürfen am Pranger. In regelmässigen Abständen droht die Zahlungsunfähigkeit von USA Inc., welche dann in letzter Sekunde abgewendet wird. Eine Kehrtwende in Richtung eines ausgeglichenen Haushalts ist in weiter Ferne.

• Desaströses Krisenmanagement statt Notfallplan
Die anhaltende Corona-Pandemie hat die eklatanten Schwächen von USA Inc. im Krisenmanagement und der -kommunikation offengelegt. Nicht nur existierte kein Notfallplan, die historische Krise wird vielmehr selbst angesichts schwerer Verluste noch immer heruntergeredet und beschönigt. Die Parallelen zum Missmanagement der BP Deepwater Horizon Ölkrise vor 10 Jahren sind frappant. So wie das BP-Management die Menge des ausgelaufenen Öls und die historischen Schäden herunterspielte, so redet der U.S. Präsident die Zahl der Infizierten und Toten klein. Während der damalige BP-Chef Tony Hayward während der Krise bei einem Segelturn ertappt wurde, gönnt sich Präsident Trump Ausflüge auf den Golf-Platz.

• Vetternwirtschaft statt professionelle Rekrutierung
Bei USA Inc. sind nicht primär Kompetenzen oder Erfahrungen bei der Besetzung von Schlüsselpersonen ausschlaggebend, sondern Unterwürfigkeit und Gefügigkeit. An ein professionelles Assessmentverfahren, welches in der Wirtschaft selbst bei unteren Chargen angewendet wird, ist nicht zu denken. Selbst bei der Besetzung des Top-Jobs – als Präsident wurde bekanntlich ein wirtschaftlich wenig erfolgreicher Geschäftsmann, in Politik und Diplomatie völlig unerfahrener Kandidat gewählt – war der Leistungsausweis sekundär.

• Verbündete brüskieren, statt langfristiges Stakeholder Management
Während der Erfolg eines Unternehmens auf einem intakten und stabilen Partner- und Stakeholder-Netz basiert, hat sich USA Inc. einen Grossteil des Goodwills der Verbündeten aufs Spiel gesetzt. Nach dem Motto „Druck statt Dialog“ bekamen einstige Partner wie EU-Länder oder Canada wie auch die UNO oder NATO den plötzlichen Liebesentzug und ungewohnte Härte zu spüren.

Fazit: In zerstörerischer Manier setzt USA Inc. viel, über Jahrzehnte aufgebautes Reputationskapital willentlich aufs Spiel. Seine Selbsteinschätzung als das „grossartigste Land der Welt“ steht im teilweise krassen Widerspruch zu dem, wie dies die Stakeholder erleben. Und – für Aussenstehende erwecken die USA zunehmend den Anschein, ihre Probleme nicht mehr selbst lösen zu können.

Sparring Partners GmbH

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