Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Die grosse Populistendämmerung

Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Die grosse Populistendämmerung
Buchautor und Moneycab-Kolumnist Robert Jakob.

Von Robert Jakob

So mancher reibt sich dieser Tage verwundert die Augen. Corona bringt es an den Tag: Selbstgefällige Landesfürsten überbieten sich gegenseitig mit Manifestationen ihrer Inkompetenz.

Da ist einmal der „Tropentrump“, Jair Messias Bolsonaro. Sein zweiter Vorname hat sein Selbstverständnis nachhaltig geprägt. Aber statt mit segensreichen Worten übergiesst der brasilianische Präsident seine Mitmenschen mit Pöbelsprüchen. Seine neusten mitgefilmten Ausbrüche haben selbst hartgesottene Journalisten angewidert. Mit Trump gemein hat der ehemalige Leutnant der Artillerie, dass ihm sogar noch mehr Zeit als den Herrschaften im Weissen Haus zur Verfügung stand, um sein Land auf die Invasion der Viren vorzubereiten. Genutzt hat er sie nie. Auf sein Betreiben hat jetzt das Gesundheitsministerium auf dem Höhepunkt der Epidemie die Coronadaten erst einmal vom Netz genommen. Mittlerweile ist Brasilien zum neuen Epizentrum geworden. Deshalb will er zusätzlich auch aus der WHO austreten. Ausgerechnet nun lockert Bolsonaro fast alle Eindämmungsmassnahmen. Die bereits im vergangenen Jahr im Krebsgang laufende Wirtschaft steht vor unausgegorenen Problemen. Eindeutiges Indiz ist der dramatische Absturz der Landeswährung Real. Nomen ist hier für einmal gar kein Omen. Von Januar bis Mai fiel die Landeswährung um ein Drittel. Die Hoffnung auf ein Durchstarten der Wirtschaft und der Exporte liess in den letzten paar Wochen eine kleine Gegenbewegung zu. Eine Hoffnung, die jedoch trügerisch ist. Zu gross ist auch unter Bolsonaro, genau wie unter seinen Vorgängern, der Korruptionssumpf, was vernünftiges Wirtschaften zum Va-banque-Spiel macht.

Schwer gebeutelt ist auch Indien. Dessen Premier, Narendra Damodardas Modi, hat die Wanderarbeiter auf dem Gewissen, die er unüberlegt mittellos entliess und sie damit zu unkontrollierbaren Superspreadern machte – schön breit übers Land und in ihren Heimatdörfern verteilt. Als stünde dahinter ein Sabotageakt. Indien testet im Moment nur drei von tausend Einwohnern auf das Virus. Bald dürfte auf dem Subkontinent das überüberübernächste Epizentrum der Pandemie entstehen.

Mit einer groben Regressionsanalyse lässt sich berechnen, dass Brasilien, zur Zeit bei offiziell gut 600’000 registrierten Fällen, mindestens 5 Millionen Infizierte inklusive Dunkelziffer mit sich rumschleppt. Über Indien lässt sich nur spekulieren. Aber es sind sicher auch Millionen.

Testosteron statt Hirn
Während Modi sein Publikum mit dauerndem Säbelrasseln gegenüber Pakistan und im Kaschmirkonflikt beglückt, um dadurch von den teils miserablen Arbeitsbedingungen in seinem Land abzulenken, gibt D. Trump weiter den Spaltpilz, immer auf der Suche nach neuen Verschleierungstaktiken seiner miserablen „Erfolgsbilanz“. Zur Not würde er wohl auch zu Atomwaffen greifen. Seine bizarre Schweigeminute mit der Bibel in der Hand vor der St. John’s-Kirche im Zentrum Washingtons wurde selbst von den Adressaten aus der Ecke konservativer Christen als das interpretiert, was es ist, plumpe und dumpfe Demagogie eines Möchtegernmachers, der eigentlich nicht genau weiss, was er tut. Für die lächerliche Spontan-Inszenierung liess der SOTUS vorsorglich eine friedliche „Black Lives Matter“-Demonstration mit Rauchbomben und Gummigeschossen auflösen. Nur für sein Ego. Statt auf Versöhnung im Falle der Rassenunruhen setzt er auf Provokation und Spaltung bis hin zur Beugung der amerikanischen Verfassung. Als wäre dieser ganze Zirkus nicht genug, tritt Trumps neue Pressesprecherin Kayleigh McEnany wie eine Barbiepuppe aus der Bauchtanztruppe auf und demontiert schon einmal kokett und vorsorglich den amerikanischen Verteidigungsminister Esper, der es gewagt hatte, seinen Chef zu kritisieren.

Und was macht Putin?
Als Ex-KGB-Mann, weiss der nichts Besseres als Totschweigen. So will es die Logik des Spions. Kein Mensch glaubt russischen Zahlen. Corona? Nie gehört, ist dort subtil die Botschaft. Der riesige Umweltskandal in Norilsk, wo gerade 20’000 Tonnen ausgelaufenen Diesels die Umwelt zerstören, wird dadurch aufgearbeitet, dass man erst einmal den Kraftwerksleiter verhaftet. Obwohl bekannt ist, dass die Stadt Norilsk eine Dreckschleuder ist, wirbt man dort seit Jahren mit der angeblich so sauberen und reinen arktischen Luft. Wirtschaftlich leidet Russland wie Indien an der zunehmende Einschränkung des weltweiten Warenverkehrs. Die tiefen Förderkosten für Öl, Nickel, Paladium, Platin, Gold und Gas bleiben aber ein guter Puffer, vor allem, wenn man sich nicht gross um Umwelt und Menschen schert. Das gilt auch für Indien, Brasilien und die USA.

Putin, Bolsonaro, Modi. In dieser Reihenfolge sitzen die Populisten im Sattel und halten ihre Schäfchen mit Appellen an die niedersten Instinkte und Geldgeschenken bei Laune. Doch ihre Zustimmungswerte sinken, je grösser das Elend. Die grössten Chancen, abgewählt zu werden, hat dabei Donald Trump, so unglaublich das klingt. Denn noch sind die USA eine Demokratie mit starker Opposition.


Robert Jakobs neuestes Buch:

„Einmal lieben und gehen“
geht es um die Frage, wer Gott wirklich ist, und was das für Folgen haben kann. Gleichzeitig ist es eine abenteuerliche Reise durch die Menschheitsgeschichte.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist 190610_ps_02.jpg

„Einmal lieben und gehen“ neu im Landtwing Verlag (ISBN: 978-3-03808-033-6)

Bestellungen unter: Einmal lieben und gehen
Webseite des Verlags: www.landtwingverlag.ch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert