Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Geht China die Luft aus?

Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Geht China die Luft aus?
Der englische Begriff für Porzellan ist «China», und das ist bekanntlich zerbrechlich.

Von Robert Jakob

Die Werkbank der Welt schwächelt. Die chinesischen Exporte sind im November den zweiten Monat in Folge gefallen. Und das mit grosser Beschleunigung.

Chinas Ausfuhren sanken im Jahresvergleich um 8,7 Prozent, nach -0,3 Prozent im Oktober. Die Importe brachen um 10,6 nach zuletzt 0,7 Prozent Minus ein. Zwar faselt die dortige Führung weiter von hohen Wachstumsraten, doch die Realität sieht mittlerweile nüchterner aus. China kämpft mit einem kollabierenden Immobilienmarkt und einer massiven Abwanderung. Denn seit Beginn der Coronakrise hat der grösste Teil der ausländischen Wissensträger das Land verlassen. Xi führte das Land schlecht durch die Pandemie, weil er immer wieder Lockdowns verordnete, die weit über jedes vernünftige virologische Mass hinwegschossen, und die Lebensqualität der Expatriates verschmutzte wie die Luft in den chinesischen Metropolen. Ich kenne IT-Leute, denen man Traumgehälter in China anbot, die aber ob der Lebensqualität im Reich der Mitte sofort dankend ablehnten.

Es dämmert im Reich der Mitte
Mit Stützungsmassnahmen soll jetzt das Schlimmste am Immobilienmarkt verhindert werden. Vorgesehen sind umfassende Kredithilfen für verschuldete Wohnungsbaugesellschaften und finanzielle Unterstützung zur Fertigstellung angefangener, aber notleidender Projekte. Bei Preisen für Hochhausapartments, die bei vierzig Jahresgehältern eines Normalverdieners liegen, dämmert es selbst den an die ewige Geldvermehrung glaubenden Chinesen, dass sich da eine Spekulationsblase entwickelt hat, der jetzt die Luft ausgeht.

Bankenaufsicht und die Zentralbank versuchen mit einem 16 Punkte-Programm eine weiche Landung hinzubekommen. Denn ein krachender Absturz des chinesischen Immobilienmarkts würde Billionen USD versenken. Die Behörden planen im Hintergrund einen Rettungsfonds mit einem geschätzten Volumen von 300 Milliarden Yuan (umgerechnet rund 40 Milliarden Franken) – ein Klacks im Vergleich zum Restrisiko. Seit Beginn des Jahres ging die Bautätigkeit um über ein Viertel zurück. China hofft, dass dies lediglich ein Gesundschrumpfen ist. Von Quadratmeterpreisen über 10’000 Dollar, wie sie in den bedeutendsten Zentren bezahlt werden, dürften sich die Chinesen bald nachhaltig verabschieden.

Der englische Begriff für Porzellan ist «China», und das ist bekanntlich zerbrechlich
Die fehlenden Konjunkturimpulse vom Bau sind aber nur ein Stein im wackeligen chinesischen Traumgebäude vom Perpetuum Mobile des kommunistischen Kapitalismus. Den Einwohnern scheint langsam zu dämmern, dass man kein Sonderfall ist. All‘ die dirigistischen Massnahmen ihrer Führung haben einen Preis.

Die Bau-Bonanza zum Beispiel verschlingt viel Geld für die begleitenden Infrastrukturprojekte. Dieses Geld haben die Provinzen nicht. Also verkaufen sie die teuren Grundstücke wie Tafelsilber. Viele Provinzregierungen erzielen rund die Hälfte ihrer Einnahmen durch den Verkauf von Land. Aber irgendwann kollabiert das Schneeballsystem. Die Preise für neue Häuser sind nun zum 14. Mal in Monatsfolge gefallen. Hunderte von Bauunternehmen sind Pleite gegangen. Die Investitionen wurden deutlich zurückgefahren und viele Projekte mitten im Bau sistiert. Das alles belastet Wirtschaft und Konjunktur. Chinas Parallelwelt lebt immer mehr auf Pump: Die Unternehmensverschuldung liegt jetzt bei rund 150 Prozent des BIP.

Laut Prognosen der Weltbank wird das chinesische BIP 2022 um weniger als drei Prozent zulegen. Für das Jahr 2023 werden zwar 4,5 Prozent erwartet. Aber das steht unter Vorbehalt (und auf chinesischen Zahlen). Erstmals seit Jahrzehnten wachsen Länder wie Indien, Vietnam oder Indonesien schneller als China. Sie werden zunehmend für ausländische Konzerne als Produktionsstandorte interessant. Nicht zuletzt auch wegen Corona. Die überzogenen Lockdowns haben die chinesische Wirtschaft ausgebremst.

Eine Vogel-Strauss-Politik, die sich rächt
Dabei ist Xi’s Null-Covid-Strategie komplett unrealistisch. Man kann nicht immer wieder Dutzende Millionen Menschen «en bloc» einsperren, ohne ihnen eine klare Perspektive zu geben. Die meisten Einwohner Chinas werden mit altmodischen inaktivierten Viren geimpft, entweder mit CoronaVac, hergestellt von Sinovac oder mit BBIBP-CorV, hergestellt von Sinopharm, beide aus Peking. Sie bieten deutlich weniger Schutz als die beiden mRNA-Impfstoffe von Biontech oder Moderna, das zeigen zahlreiche klinische Studien überdeutlich.

Da jetzt immer klarer wird, dass trotz Einsperren die Neuinfektionen landesweit zunehmen und viele Chinesen an Covid-19 sterben, hofft die Regierung auf den neuen chinesischen mRNA-Impfstoff ARCoV (Walvax) oder bald ein Wundermittel in Form eines leicht anzuwendenden Impfsprays. Ein gewagtes Spiel. Wenn es, wie erwartet, nicht aufgeht, werden die Bürger das Vertrauen in die Regierenden verlieren, und die Wirtschaft wird weiter abschmieren. Viele werden die Verschleppung der Probleme mit ihrer Gesundheit bezahlen.

Nach Angaben der chinesischen Gesundheitskommission wurden vor einer Woche nur rund 20’000 Neuinfektionen pro Tag gemeldet. Im Zuge der Beruhigungspille «Lockerungen» hat China die wichtigste Nachverfolgungs-App abgeschaltet. Und getestet wird nur noch sporadisch. Nachdem während Monaten immer wieder vor Omikron gewarnt wurde, spielen die Staatsmedien die Gefährlichkeit des Virus neuerdings herunter und vergleichen die Infektion mit einer normalen Grippe.

Die offiziellen Fallzahlen spiegeln längst nicht mehr das Geschehen wider. Bereits sind die Kliniken hoffnungslos überlastet, da Praxisärzte selten sind. Trotz Lockerungen trauen sich viele Chinesen nicht mehr in die Geschäfte und Restaurants. Nur 40 Prozent der Menschen, die älter als 80 sind, haben bislang eine Booster-Spritze bekommen. Stattdessen lobt sich China selbst: Angeblich sind 90% der Bevölkerung bereits vollständig geimpft. Da aber liegt das Problem. Die bisher verabreichten Impfstoffe schützen zu wenig. Ausländische Importware bleibt ausgesperrt. Das gefällt vielleicht den Mutanten, aber der Bevölkerung und vor allem den Älteren im ohnehin überalterten China steht leider ein tödlicher Winter ins Haus.


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