SGKB investment views: Die Konjunkturabschwächung ist notwendig

SGKB investment views: Die Konjunkturabschwächung ist notwendig
Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

Der Reigen der geldpolitischen Entscheide der Zentralbanken in den letzten zwei Wochen hat es gezeigt. Im Kampf gegen die Inflation ist ein vorzeitiges Ausruhen nicht angebracht. Der bisherige Rückgang der Inflationsraten war der einfachere Teil des Weges. Wesentliche Faktoren sind der Rückgang der Energiepreise nach ihrem Höhenflug im letzten Jahr und der Basiseffekt der letztjährigen Preiserhöhungen, die nach einem Jahr aus den Berechnungen der Inflationsrate herausfallen. Der zweite Teil wird einiges schwieriger, da die Zweitrundeneffekte und die Akzeptanz von Preiserhöhungen gestoppt werden müssen.

von Dr. Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank SGKB

Das zeigt auch die Inflationsprognose der SNB. Ohne weitere Zinserhöhung bleibt die Inflationsrate hartnäckig im Bereich von 2% liegen. Damit die Inflationsrate in den Komfortbereich der SNB von 1.0%-1.5% sinkt, muss die Konjunktur schwächer werden. Nur so können Preiserhöhungen nicht mehr durchgesetzt werden.

Die Abschwächung der Konjunktur ist im Gange. Das Konjunkturbarometer des KOF ist seit dem März gefallen und liegt mit 90.2 Punkten auf einem unüblich tiefen Wert. Negativ ist die Stimmung vor allem im Verarbeitenden Gewerbe und in Bereichen, die vom Export betroffen sind. Der private Konsum sendet dagegen nach wie vor positive Signale aus. Das gleiche Bild zeigt sich in der monatlichen Umfrage bei Ostschweizer Firmen. Das Gastgewerbe und der Detailhandel sind sowohl mit der aktuellen Geschäftslage als auch mit den Aussichten für die nächsten Monate zufrieden.

Pessimistischer ist die Gemütslage in der Industrie und im Grosshandel. Insbesondere der Auftragseingang entwickelt sich dort schleppend. Bis die wirtschaftliche Schwäche auch beim Gastgewerbe und dem Detailhandel ankommt, dauert es noch ein paar Monate. Dass die Konjunkturabschwächung zuerst bei Sektoren zu erkennen ist, die im Produktionsprozess am Anfang stehen, ist dabei keine Überraschung. Auch die Erholung nach dem Abschwung zeigt sich zuerst in diesen Sektoren und arbeitet sich dann bis zu den Konsumenten durch.

Abnehmender Inflationsdruck
Der gleiche Ablauf zeigt sich bei der Inflation. Die Unternehmen werden in der Umfrage auch gefragt, ob sie in den nächsten drei Monaten ihre Preise erhöhen wollen oder nicht. Die Zahl der Firmen in der Industrie und im Grosshandel, welche die Preise noch anheben wollen oder wahrscheinlicher noch anheben können, hat deutlich abgenommen. Demgegenüber sind die meisten Firmen in der Gastronomie und im Detailhandel nach wie vor optimistisch, dass sie die Preise weiter erhöhen können und wollen dies auch tun. Am Anfang der Pipeline nimmt der Inflationsdruck somit spürbar ab.

Auch hier gilt: Bis der abnehmende Inflationsdruck bei den Endkonsumenten und damit bei der Inflationsrate ankommt, braucht es noch seine Zeit. Ein wichtiger Faktor für die von der SNB beklagten Zweitrundeneffekte ist auch die Enge des Arbeitsmarktes und die dadurch ausgelösten Lohnsteigerungen. Auch hier ist eine Entspannung in Sicht. Während die Gastrounternehmen und Baufirmen immer noch händeringend nach Personal suchen, will die Industrie bereits Personal abbauen.

Konjunkturabschwächung wirkt
Die aus Inflationsgründen gewollte konjunkturelle Abschwächung wird sich nun durch den Produktionsprozess durcharbeiten. Ob sie am Ende zu stark sein wird und in eine Rezession mündet, werden wir erst in ein paar Monaten sehen. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass es nicht zu einem starken und weit verbreiteten Einbruch der Wirtschaft kommen wird. Es wird aber schwieriger werden, Preiserhöhungen durchzusetzen. Wenn es im Herbst nicht zu einer Wiederholung der Befürchtungen um einen Energiemangel im Winter kommt, kann die Inflation gegen Jahresende schneller sinken als dies heute erwartet wird. (SGKB/mc)

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