Ungenügende Dekontaminierung stellt Bewohner der Region Fukushima vor schwere Entscheidung

Ungenügende Dekontaminierung stellt Bewohner der Region Fukushima vor schwere Entscheidung

Tokio – Die ungenügenden Massnahmen der japanischen Regierung zur Dekontaminierung stellen die Bewohner von Tamura City vor eine folgenschwere Entscheidung: entweder sie ziehen zurück in ihre verlassenen Häuser und Wohnungen, obschon die Gegend noch immer stark verstrahlt ist, oder sie geben ihren Besitz ohne Aussicht auf volle Entschädigung auf.

Tamura ist eine der Gegenden, deren Bewohner zu Beginn der Katastrophe von Fukushima auf Geheiss der Regierung aus Sicherheitsgründen evakuiert wurden. Neuste Messungen von Greenpeace-Experten haben ergeben, dass die Strahlungswerte auch nach der massiven Dekontamination durch die Regierung noch höher sind als die erlaubten 0.23 Mikrosievert pro Stunde, die auf ein Jahr umgerechnet dem internationalen Grenzwert von 1 Millisievert entsprechen. Erstmals soll nun für einen Teil von Tamura der Evakuierungsbefehl der Regierung aufgehoben werden.

«Schreckliches Dilemma»
“Die Messungen von Greenpeace zeigen, dass die Strahlungswerte in Tamura City noch immer zu hoch sind,” sagte Rianne Teule, Leiterin der Nuklearkampagne und Strahlungsexpertin von Greenpeace International. “Wer jetzt beschliesst zurückzugehen, setzt sich einem erhöhten Strahlenrisiko aus, und wer nicht zurückkehrt, erhält von der Regierung keine Unterstützung. Für die Betroffenen ist dies ein schreckliches Dilemma.”

Ein Team von 16 Greenpeace-Strahlenexperten aus 10 Ländern kontrollierte vom 1.-5. Oktober die radioaktive Strahlung in der Gegend von Tamura City [1]. Die Strahlungswerte auf den Strassen, im Wald sowie in und um die Häuser sind höher als die Regierung versprochen hat [2]. Umfassende Messungen zeigen, dass 39% der 18’180 Messpunkte auf Strassen den Grenzwert der Regierung von 0.23 Mikrosievert pro Stunde übertreffen [3].

Zwangsevakuierung reisst Familien und Gemeinschaften auseinander
In Tamura traf Greenpeace Menschen, die unter schwierigsten Umständen versuchen, ihr Leben wieder aufzubauen. Mit der Aufhebung des Evakuierungsbefehls droht ihnen nun der Verlust finanziellen Entschädigung durch die Regierung. Diejenigen, die jetzt in ein Haus zurückkehren, das sie vor zwei Jahren verlassen mussten, werden in einer nur teilweise dekontaminierten Umgebung leben, umgeben von Feldern und Wäldern, die stellenweise immer noch bedrohlich radioaktiv verseucht sind. Die Zwangsevakuierung hat Familien und Gemeinschaften auseinandergerissen. Nicht selten hat sich die jüngere Generation dafür entschieden, in weniger verseuchten Gegenden ein neues Leben aufzubauen, um ihre Kinder nicht zu gefährden.

“Die Verluste, welche die Menschen wegen der nuklearen Katastrophe erlitten haben, können nur schwer quantifiziert werden, doch die Regierung tut so, als sei in Tamura alles wieder in Ordnung,” sagte Hisayo Takada, Leiter der Energie-Kampagne bei Greenpeace Japan. “Die Regierung muss auf die Leute hören und muss sie besser unterstützen, damit sie ihr Leben wieder aufbauen können, ganz gleich ob sie nun in ihre Häuser und Wohnungen in den verseuchten Gegenden zurückkehren oder anderswo ein neues Leben anfangen. Japan sollte in erster Linie seine Bevölkerung beschützen und nicht die Profite der Atomindustrie.” (Greenpeace/mc/ps)

Über Greenpeace
Greenpeace ist eine unabhängige Kampagnen-Organisation, die Ansichten und Verhalten verändern will, sich für den Schutz und die Bewahrung der Umwelt einsetzt, und den Frieden fördert.
Mehr Informationen über die Arbeit von Greenpeace in Fukushima sind erhältlich bei: http://www.greenpeace.org/fukushima.

Anmerkungen:
[1] Messungen umfassen die Zone, “in der nächstens der Evakuierungsbefehl aufgehoben wird” (Radius 20km), die sog. Vorbereitungszone für eine notfallmässige Evakuierung (“emergency evacuation preparation area”) (Radius 30km) und Gegenden ausserhalb der 30km-Zone

[2] Einblick in alle Resultate des monitoring gewähren Google map and die Rohdaten der Radioaktivitätskontrolle:
http://www.greenpeace.org/international/en/campaigns/nuclear/safety/accidents/Fukushima-nuclear-disaster/Radiation-field-team/
Dazu gehören auch neue Daten aus Gegenden in und um Fukushima, in denen Greenpeace schon früher Kontrollen und Messungen durchgeführt hat. Auch in diesen Zonen ist die radioaktive Strahlung trotz Dekontaminationsmassnahmen noch viel zu hoch.

[3] Von 18’180 Messpunkten innerhalb der 20km-Zone von Tamura City, sind 7’068 höher als 0.23 Mikro-Sievert pro Stunde. Damit liegt das Strahlungsrisiko für die Betroffenen (erheblich) über dem internationalen Grenzwert von 1 Millisievert pro Jahr.

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