UNO-Gipfel billigt Regelwerk zum Klimaschutz

UNO-Gipfel billigt Regelwerk zum Klimaschutz
UN-Generalsekretär António Guterres. (UN Photo/Mark Garten)

Kattowitz – Der Weltklimagipfel in Polen hat nach zwei Wochen zäher Verhandlungen ein umfassendes Regelwerk zum Klimaschutz beschlossen. Es soll helfen, die Erderwärmung und ihre fatalen Folgen wie Dürren, Stürme, Starkregen und Überschwemmungen einzudämmen. Das in Kattowitz (Katowice) von fast 200 Staaten gebilligte Dokument legt fest, dass alle Länder regelmässig berichten müssen, wie viel Treibhausgase sie ausstossen und was sie dagegen tun.

UN-Generalsekretär António Guterres sprach in der Nacht zum Sonntag von einem «soliden» Ergebnis, mahnte aber zu mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz. Er lud für September zu einem grossen UN-Treffen ein, bei dem die Staats- und Regierungschefs Farbe bekennen sollen.

Das gut 130 Seiten starke Regelbuch setzt das als historisch eingestufte Pariser Klimaabkommen von 2015 praktisch um. Ziel ist, die Erderwärmung auf unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Schon jetzt hat sich Erde nach Befunden des Weltklimarats IPCC um etwa ein Grad erwärmt, Deutschland sogar noch etwas stärker.

Umweltverbände nicht zufrieden
Umweltverbände zeigten sich in der Nacht zum Sonntag unzufrieden und mahnten zu mehr Klimaschutz und Solidarität mit armen Ländern. Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan wies darauf hin, dass etwa ganzen Nationen das Versinken im Meer und damit die «Auslöschung» drohe. «Ein Jahr voller Klima-Katastrophen und eindringliche Warnungen der besten Wissenschaftler weltweit hätten zu viel mehr führen sollen.»

Nach dem Beschluss applaudierten die Delegationen der 196 Staaten und der EU, manche fielen sich in die Arme. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, in geopolitisch schwierigen Zeiten habe der Gipfel gezeigt, dass es sich lohne, beharrlich an einem globalen Konsens zu arbeiten. Ab 2024 müsse sich nun zum ersten Mal nicht nur die halbe, sondern die ganze Welt beim Klimaschutz in die Karten schauen lassen.

Vergleichbarkeit und Transparenz sind wichtig, da das Pariser Abkommen auf gegenseitigem Vertrauen beruht. Es gibt keine Sanktionen, wenn Länder nicht vorankommen. Vor allem der Gruppendruck soll alle auf Kurs halten.

Die Zeit drängt: Die Jahre 2015 bis 2018 waren nach Analysen der Weltwetterorganisation die vier wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Und die 20 wärmsten lagen in den vergangenen 22 Jahren. Geht es weiter wie bisher, leben wir Ende dieses Jahrhunderts wohl in einer gut drei Grad wärmeren Welt. Um den Trend zu stoppen, muss der Ausstoss von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl oder auch der Tierhaltung in den kommenden Jahren drastisch reduziert werden.

Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die global zuletzt gestiegenen Treibhausgasemissionen, ein Kursschwenk sei unumgänglich. «Wir bewegen uns mit grosser Geschwindigkeit in die falsche Richtung.»

«1000 kleine Schritte nach vorne»
Gipfel-Präsident Michal Kurtyka nannte die Beschlüsse dagegen «1000 kleine Schritte nach vorne». Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter: «Ein Bravo an die UN, die Wissenschaftler, die NGOs und alle Unterhändler.» Frankreich und Europa müssten nun den Weg weisen.

Sabine Minninger von Brot für die Welt nannte es bedauerlich, dass keine Einigung auf finanzielle Unterstützung von besonders armen und verletzlichen Staaten bei der Bewältigung von Klimaschäden zustande kam. Michael Schäfer vom WWF stellte fest: «Die Regierungen der Welt brauchen viel mehr Druck von ihren Bürgerinnen und Bürgern, endlich mit dem Klimaschutz Ernst zu machen.» Das Präsidiumsmitglied des Deutschen Naturschutzrings, Hermann Ott, warf einer kleinen Gruppe von Staaten, «notorisch die USA, Russland und Saudi-Arabien», vor, die Verhandlungen in Polen aus Eigeninteresse gebremst zu haben, um ihre heimische Öl- und Gasindustrie zu schützen.

Die Verhandlungen sollten eigentlich Freitag enden, zogen sich aber hin. Die Entscheidung fiel schliesslich erst einen ganzen Tag später – was für Klimagipfel aber nicht ungewöhnlich ist. Zuletzt hatten noch Brasilien und die Türkei für Verzögerungen gesorgt.

Umstrittene Finanzhilfen
Strittig waren in Kattowitz auch Fragen rund um Finanzhilfen der reicheren Länder für die ärmeren. Beschlossen wurde nun: Die Geberländer müssen künftig zwar allgemein angeben, welche Hilfen sie geben wollen. Wie viel und an welches Land genau ist damit aber nicht festgelegt. Bis zuletzt gab es auch Ärger um den internationalen Handel mit Verschmutzungsrechten; dieses Kapitel wurde nun ausgespart und vertagt.

Umweltministerin Schulze hatte auf der Konferenz mit einem Bündnis aus Industrie- und Entwicklungsländern mehr Ehrgeiz im Klimaschutz gefordert. Deutschland hinkt den eigenen Zielen seit längerem hinterher. Derzeit berät eine Kommission, wie der Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle-Stromproduktion laufen soll. Auch zum Klimaschutz im Verkehr tagt eine Arbeitsgruppe. Im kommenden Jahr soll ein Klimaschutzgesetz für den Bund verabschiedet werden.

Der nächste UN-Klimagipfel tagt in Chile, und zwar nach Angaben des dortigen Umweltministeriums entweder im Dezember 2019 oder im Januar 2020. (awp/mc/ps)

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