Wildtierbestände weltweit im Schnitt um zwei Drittel zurückgegangen

Wildtierbestände weltweit im Schnitt um zwei Drittel zurückgegangen
Nancy Rono, kenyanische Farmerin mit einem Kamäleon auf ihrem Arm. (Foto: Jonathan Caramanus / Green Renaissance / WWF-UK)

Zürich – Die untersuchten Wildtierbestände von Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fischen gehen weiterhin rapide zurück. Der Druck auf die Tierbestände durch menschliche Aktivitäten hat weiter zugenommen: Illegale Jagd, Entwaldung und umweltschädliche Landwirtschaft sind einige der Ursachen. Der neuste Living Planet Report des WWF legt die schockierenden Fakten auf den Tisch und definiert dringende Massnahmen, um den Trend bis 2030 umzukehren.

  • Die weltweit untersuchten Bestände von Säugetieren, Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fischen sind in knapp 50 Jahren um durchschnittlich zwei Drittel zurückgegangen. Dieser Rückgang ist mehrheitlich auf dieselben Ursachen zurückzuführen, die zur Entstehung von Zoonosen wie COVID-19 beitragen: Entwaldung, nicht nachhaltige Landwirtschaft und der illegale Handel mit Wildtieren. Der WWF hat heute die Fakten im Living Planet Report 2020 veröffentlicht.
  • Gemäss WWF und mehr als 40 NGOs und akademischen Institutionen wird eine Stabilisierung und Umkehrung des Naturverlusts nur mit mutigen und ehrgeizigen Schutzmassnahmen erreicht. Und es braucht eine Transformation in der Nahrungsmittelproduktion und in unserem Konsum.
  • Die 75. UN-Generalversammlung der Vereinten Nationen nächste Woche markiert einen Meilenstein, um die Grundlagen für einen dringend notwendigen „Neuen Deal“ für Natur und Mensch zu schaffen. Staats- und Regierungschefs überprüfen dort die Zielerreichung der Klima- und Artenschutzabkommen.

Zitate von Thomas Vellacott, CEO des WWF Schweiz:
«Um 87 Prozent ist der Bestand des Östlichen Flachlandgorillas innerhalb von 20 Jahren vor allem aufgrund illegaler Jagd zurückgegangen. In Süsswasser-Lebensräumen haben die untersuchten Bestände von 1970 bis 2016 einen Verlust von durchschnittlich 84 Prozent erlitten. Ein Beispiel ist der Bestand des Störs im Jangtse, der aufgrund von Dammbauten für Wasserkraftwerke um 97 Prozent zurückging.»

«Der Mensch hat die Macht, die Natur zu zerstören. Oder zu erhalten.»

«Wir veröffentlichen den Living Planet Report alle zwei Jahre. Und mit jeder Ausgabe wird noch deutlicher: Die zunehmende Zerstörung der Natur durch die Menschheit hat katastrophale Auswirkungen auf die Wildtierbestände, auf die menschliche Gesundheit und alle Aspekte unseres Lebens.»

«Der gravierende Rückgang der untersuchten Bestände wildlebender Tierarten ist ein Warnsignal unseres Planeten für ein totales Systemversagen.»

«Von den Fischen in unseren Ozeanen und Flüssen bis hin zu den Bienen, die eine entscheidende Rolle in unserer landwirtschaftlichen Produktion spielen: Der Rückgang der Wildtierbestände wirkt sich direkt auf die Ernährungssicherheit und die Lebensgrundlagen von Milliarden von Menschen aus.»

«Es braucht koordinierte globale Massnahmen gegen den Verlust der biologischen Vielfalt auf der ganzen Welt, und diese müssen bis zum Ende dieses Jahrzehnts greifen, um unsere Gesundheit und Lebensgrundlagen zu schützen. Unser eigenes Überleben hängt von funktionierenden Ökosystemen ab.»

Bestände bis zu 99 Prozent zurückgegangen
Der Living Planet Index, der von der Zoological Society of London (ZSL) erarbeitet wird, zeigt: Faktoren, welche sowohl die Anfälligkeit des Planeten für Pandemien erhöhen, sind auch Treiber für den Rückgang der weltweiten Wirbeltierbestände um durchschnittlich 68 Prozent zwischen 1970 und 2016. Dazu gehören Landnutzungsänderungen, einschliesslich der Entwaldung, und die Nutzung und der Handel mit Wildtieren.

Zu den gefährdeten Arten gehört beispielsweise der Afrikanische Graupapagei im Südwesten Ghanas, dessen Bestände zwischen 1992 und 2014 um bis zu 99 Prozent zurückgegangen sind, weil er häufig gehandelt wird und seine Lebensräume zerstört werden. Im Süsswasser lebende Wildtierbestände haben einen Rückgang von 84 Prozent erlitten, was einem jährlichen Verlust von vier Prozent seit 1970 entspricht. Die Artenvielfalt in diesen Lebensräumen wird durch übermässige Wasserentnahme und -verschmutzung, die Verbauung von Flussläufen, einwandernde, gebietsfremde Arten und das Ausbaggern der Flüsse massiv verringert.

Taten und Mut
Mit bahnbrechenden Modellierungen illustriert der Living Planet Report, dass ohne weitere Anstrengungen gegen den Verlust und die Verschlechterung von Lebensräumen die globale biologische Vielfalt weiter abnehmen wird. Der heute publizierte Artikel in Nature («Bending the curve of terrestrial biodiversity needs an integrated strategy», von WWF und mehr als 40 NGOs und akademischen Institutionen mitverfasst) zeigt, dass eine Stabilisierung und Umkehrung des Naturverlusts nur mit mutigen und ehrgeizigen Naturschutzanstrengungen erreicht werden kann und es Transformationen in der Nahrungsmittelproduktion und in unserem Konsum braucht.

Zu den notwendigen Veränderungen gehören eine effizientere und ökologisch nachhaltigere Nahrungsmittelproduktion, die Verringerung von Lebensmittelverlusten und die Förderung einer gesünderen und umweltfreundlicheren Ernährung. Weiterzumachen wie bisher ist keine Option. Wir Menschen sind für unser Überleben auf gesunde Ökosysteme angewiesen.

Kommende Woche findet die 75. Generalversammlung der Vereinten Nationen statt, auf der die Staats- und Regierungschefs die Fortschritte bei den Zielen der nachhaltigen Entwicklung, dem Pariser Abkommen und dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) überprüfen sollen. Die UN-Generalversammlung markiert damit einen Meilenstein, um die Grundlagen für einen dringend notwendigen „Neuen Deal“ für Natur und Mensch zu schaffen. Er war noch nie so notwendig wie heute. (WWF/mc/ps)

WWF Schweiz

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