VP Bank Spotanalyse: Schwache Industrieproduktion Chinas

VP Bank Spotanalyse: Schwache Industrieproduktion Chinas
Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank. (Foto: VP Bank)

Von Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank

Die Industrieproduktion wächst im April 5.6 % gegenüber dem Vorjahresmonat, die Einzelhandelsumsätze um 18.4 %. Die hohen Zuwachsraten sind einem Basiseffekt geschuldet. Die Daten sind bei genauer Betrachtung erschreckend schwach.

Der viel gepriesene Aufschwung in China nach Wegfall der Corona-Beschränkungen fällt schwächer aus als von einer Vielzahl von Volkswirten erwartet. Zwar weisen die Industrieproduktion und die Einzelhandelsumsätze satte Zuwachsraten aus, doch im Vorjahresmonat waren beide Grössen deutlich eingebrochen. Es bedarf also in diesem Jahr nicht viel, um auf entsprechend hohe Zuwachsraten zu kommen.

Vor allem die Daten zur Industrieproduktion beunruhigen. Trotz der niedrigen Basis stieg das Produktionswachstum von 3.9 % im März auf lediglich 5.6 % im April. Der Zuwachs lag damit deutlich unter dem Marktkonsens (Bloomberg-Konsensprognose: 10.9 %). Noch erdrückender sind die Daten im direkten Monatsvergleich: Saisonbereinigt sank die Produktion sogar 0.47 % und war damit sogar noch schwächer als im Vorjahr. Im April 2022 lag die Industrieproduktion im direkten Monatsvergleich bei einem Plus von 0.16 %. Der Rückgang der Industrieproduktion im Monatsvergleich ist nach dem Covid-Schock Anfang 2020 der zweitschlechteste Wert seit Beginn der Zeitreihe. Mehr bedarf es wohl nicht, um zum Schluss zu kommen: Im Reich der Mitte läuft es nicht rund.

China ist noch immer die Werkbank der Welt und solange die Weltwirtschaft nur träge wächst, werden auch die chinesischen Konjunkturbäume nicht in den Himmel wachsen. Es besteht sogar das nicht unerhebliche Risiko einer Abwärtsspirale. Je schwächer die Daten, desto mehr passen die Unternehmen ihre Planungen und Produktionskapazitäten an. Dies würde wiederum in einer schwächeren Investitionsleistung und in einer höheren Arbeitslosigkeit münden. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, dass die chinesische Regierung der Wirtschaft im zweiten Halbjahr bereits wieder mit neuen Investitionsprogrammen unter die Arme greifen muss. (VP Bank/mc/ps)

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